Wirtschaft

21.05.2010

Karstadt-Standorte verzichten auf Gewerbesteuer

Virtueller Insolvenzgewinn

Es geht um Geld, viel Geld. Au-ßer natürlich, man nimmt die 200-Milliarden-Euro-Bürgschaft für die Gemeinschaftswährung zum Vergleich. Doch für die klammen deutschen Städte wären knapp 200 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen schon ganz schön happig.
Allein Nürnberg fehlt in diesem Jahr ein zweistelliger Millionenbetrag aus diesem Posten, wie Kämmerer Harald Riedel (SPD) im Stadtrat berichtete. Dennoch hat Nürnbergs Stadtsäckelverwalter am selben Tag dem Ältestenrat des Stadtrats vorgeschlagen, der Karstadt-Warenhaus GmbH in Insolvenz „eine Stundung mit Aussicht auf Erlass auszusprechen. Im Klartext: auf die Gewerbesteuerforderung zu verzichten.“ Und das Gremium stimmte dem Vorschlag einstimmig zu.
In Zeiten klammer Kassen auf Gewerbesteuereinnahmen verzichten klingt paradox. Doch nur auf den ersten Blick. Denn der Grund, warum der insolvente Kaufhauskonzern diese 200 Millionen EuroGewerbesteuer überhaupt zahlen müsste, ist ein „virtueller Sanierungsgewinn“, wie es Karstadt-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg formuliert. Von realem Gewinn sei bei den fast zwei Milliarden Einnahmen, um die es hier geht, nicht die Rede. Denn diesen Betrag haben der insolventen Firma die Gläubiger schlicht erlassen – darunter sind über 28.000 Arbeitnehmer, der Pensionssicherungsverein, die Sozialpartner, die Bundesagentur für Arbeit. Wie auch „der Bund auf die Besteuerung des Sanierungsgewinns bereits verzichtet hat“, basierend auf einem Erlass des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2003.
Doch an diesen Erlass sind Kommunen nicht gebunden. Weshalb Görg fürchtet, an den Städten mit Karstadt-Filiale könnte die Sanierung noch scheitern: „Das Geld steht schlichtweg nicht zur Verfügung“, der Rettungsplan wäre tot. Das (und den Verlust der Ar-beitsplätze) wollen neben Nürn-berg auch die anderen bayeri-schen Städte mit Karstadt-Häusern nicht auf ihre Kappe nehmen: Bayreuth, Bamberg, Landshut, Memmingen, München – überall haben die Stadtväter und -mütter in nicht öffentlichen Sitzungen beschlossen, die mögliche Gewerbesteuer auf den „Scheingewinn“ (Görg) zu erlassen.
Nur in Rosenheim, wo ebenfalls ein Karstadt-Warenhaus steht, traut sich niemand, etwas zu diesem Thema zu sagen. „Auf Grund des Steuergeheimnisses geben wir hierzu keine Auskunft“, erklärt eine Stadtsprecherin. Doch ein Geheimnis um die Karstadt-Steuern gibt es seit Langem nicht mehr: Wie schlecht es um die Kette steht, ist spätestens seit der Quelle-Pleite vor knapp einem Jahr bekannt. (Heinz Wraneschitz)

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