Wirtschaft

Durch permanentes Engagement hat es Landrat Roland Schwing sogar geschafft, einen Roboterhersteller im Landkreis zu halten, der eigentlich schon auf dem Sprung nach Thüringen war. (Foto: Robotics)

24.08.2012

Kooperation statt Kirchturmdenken

Am bayerischen Untermain setzte man schon früh auf Zusammenarbeit, um die wirtschaftliche Entwicklung zu beflügeln

"Wir profitieren ganz klar vom Großraum Frankfurt. Darum haben wir aktuell nur 2,8 Prozent Arbeitslosigkeit", sagt Landrat Roland Schwing (CSU) vom Landkreis Miltenberg der Staatszeitung. Diese guten Zahlen seien Resultat einer 25-jährigen gemeinsamen Anstrengung der Landkreise Aschaffenburg, Miltenberg und der Stadt Aschaffenburg.
Während man andernorts in Bayern sich noch Kirchturmgefechte liefern konnte, weil die wirtschaftliche Struktur immer so gut war, musste man am bayerischen Untermain kooperieren. „Die Einstellung – hier bin ich der Platzhirsch – gibt es bei uns nicht“, betont Landrat Schwing, der auch Vizepräsident und Vorsitzender des Innovationsrings des Bayerischen Landkreistags ist.


München ist über 350 Kilometer weit entfernt


München ist über 350 Kilometer weit entfernt und beim großen Strukturwandel der Bekleidungsindustrie Anfang der 1990er Jahre konnte die Region Bayerischer Untermain nicht auf staatliche Fördermittel zurückgreifen. So musste man selbst etwas unternehmen, um die Region nach vorne zu bringen. „Darum lassen wir uns auch die Mitgliedschaft in der Marketinggesellschaft für die Region Frankfurt Rhein-Main etwas kosten“, so Schwing. Als Bayern in Rhein-Main profitieren wir von deren Aktivitäten. Finanzielle Unterstützung aus München wäre hier sehr willkommen.
Doch der Landrat ist Realist genug, um zu wissen, dass der Erfolg nicht nur auf den Schultern der Politik ruht. So unterstreicht er, dass es vor allem die stark mittelständische Struktur des Landkreises ist, die ihn so erfolgreich macht. „Wir haben immer noch sehr viele vom Eigentümer geführte Betriebe. Da wird bei einer konjunkturellen Durststrecke die Produktion nicht so schnell verlagert“, sagt Schwing. Und der Landkreis Miltenberg ist noch einer der wenigen echten Produktionsstandorte des Großraums Rhein-Main. Über 52 Prozent liegt die entsprechende Quote.
Als Beispiel für so ein produzierendes, erfolgreiches mittelständisches Unternehmen nennt Schwing die Firma OSWALD in Miltenberg. Sie stellt Elektromotoren für Bühnentechnik her. Diese Motoren machen keinen Lärm und sind in vielen Schauspielhäusern in Europa installiert. Wegen der besonderen Kompetenz dieses Unternehmens sei es jetzt bei der Entwicklung von Antrieben für Elektrofahrzeuge dabei.
Ein weiteres erfolgreiches Unternehmen aus dem Landkreis Miltenberg ist laut Schwing die Firma WIKA aus Klingenberg. Sie ist Weltmarktführer in der Druck- und Temperaturmesstechnik. Allein im Landkreis Miltenberg hat WIKA über 2000 Mitarbeiter, weltweit sind es knapp 7000. Die Bilanzsumme belief sich 2011 auf 650 Millionen Euro.
Doch auch mit weniger hochtechnisierten Produkten lassen sich gute Geschäfte machen. So hat der Hygienepapierhersteller Fripa im vergangenen Jahr ein Hochregallager mit einer Investitionssumme von 10 Millionen Euro errichtet. Schwing betont, dass es mit schnellen Genehmigungsverfahren und Teilbaugenehmigungen gelungen sei, den Expansionswünschen des Unternehmens seitens der Verwaltung entgegenzukommen, so zum Beispiel für den Betrieb einer neuen Papiermaschine mit einem Wert von über 20 Millionen Euro.


Serviceorientierung hilft, Firmen zu halten


Diese Serviceorientierung hat auch geholfen, die Firma Reis Robotics aus Obernburg, einen der führenden deutschen Industrieroboterhersteller, im Landkreis zu halten. „Die waren schon auf dem Sprung nach Thüringen“, erinnert sich Schwing. „Und der Firmenchef hat mir jeden einzelnen bayerischen Feiertag vorgerechnet, was dieser an Einnahmeverlust bedeutet.“ Um dieses Unternehmen von der Umsiedlung abzubringen, wurde unter anderem eine Bundesstraße verlegt und der Gewerbesteuersatz um 20 Punkte gesenkt. Weltweit hat das Unternehmen 1300 Mitarbeiter, am Standort Obernburg sind es knapp 1000.
„Wir fühlen uns nicht vernachlässigt“, sagt Schwing mit Blick auf die bayerische Staatsregierung im fernen München. Man sei froh, dass im Rahmen der Zukunftsinitiative Bayern die Hochschule Aschaffenburg gestärkt werde. Aber Wünsche habe man trotzdem. So sollten die 40 000 Euro pro Jahr für die Mitgliedschaft in der Marketing GmbH der Region Rhein-Main gefördert werden. Politische Unterstützung seitens des Ministerpräsidenten oder des Wirtschaftsministeriums sei immer dann gefragt, wenn es um gemeinsame Projekte mit Hessen geht. „Die Rheinland-Pfälzer auf der anderen Seite des Großraums Rhein-Main tun das“, unterstreicht Schwing. (Ralph Schweinfurth)

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