Wirtschaft

Siemens-Chef Joe Kaeser soll in Paris ein Angebot für Alstom abgeben. Das wünscht sich die franzöische Regierung. (Foto: Siemens)

08.05.2014

Machtkampf um Alstom

Paris drängt Siemens zu einem eigenen Angebot

Der Übernahmepoker um den französischen Alstom-Konzern wächst sich zum Machtkampf aus. Paris fürchtet um Einfluss auf die Schlüsselindustrie und drängt Siemens zu einem eigenen Angebot. Europäische Allianzen statt einer Alstom-Übernahme durch den US-Konzern General Electric (GE) - Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg spricht Klartext. Doch wie geht es weiter in dem Tauziehen? Und wer verfolgt eigentlich welche Interessen?
Wie ist der aktuelle Stand im Alstom-Poker?
GE und Siemens sind vor allem am Energiegeschäft von Alstom interessiert. Der Alstom-Verwaltungsrat hatte den Aktionären eine bindende Offerte von GE empfohlen - und die Amerikaner damit in Führung gebracht. Doch das Rennen ist nicht entschieden. Siemens-Chef Joe Kaeser bekundete erst am Mittwoch "ernsthaftes" Interesse an Alstom. Derzeit prüfe man die Bücher, dann könnte eine Offerte aus München kommen.
Kann die französische Regierung einen unerwünschten Deal verhindern?
Unternehmerische Entscheidungen liegen zunächst bei Alstom und dem dortigen Verwaltungsrat, in dem der französische Mischkonzern Bouygues als Großaktionär den meisten Einfluss hat. Französische Behörden können bei Transaktionen im Unternehmensbereich aber eine Art Veto einlegen, wenn dadurch Schlüsselindustrien betroffen sind. Die Atomenergie mit einem Anteil von aktuell 75 Prozent gilt als solch ein Bereich. Als Aktionär mit 0,9 Prozent Anteil an Alstom hat der Staat kaum direkte Einflussmöglichkeiten. In Paris wird auch auf die Alstom-Geschichte verwiesen. 2004 war der angeschlagene Konzern durch eine Teilverstaatlichung vor einer Zerschlagung gerettet worden. 2006 gab der Staat seine Anteile wieder ab - an die Bouygues-Gruppe unter Martin Bouygues, einem Freund des damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Ein Druckmittel bleibt: Alstom lebt zum größten Teil von Staatsaufträgen.
Warum reagiert Paris scheinbar so empfindlich?
Alstom verhandelte in den vergangenen Monaten heimlich nur mit GE über eine Übernahme. Die französische Regierung reagierte sichtlich empört. Wirtschaftsminister Montebourg fühlt sich sogar persönlich von der Alstom-Spitze hintergangen.
Wie steht Siemens-Chef Joe Kaeser jetzt da?
Eigentlich läuft das Tauziehen bisher gar nicht so schlecht für Kaeser: Nachdem zuerst alles nach einem schnellen Deal für GE aussah, hat Siemens durch Kaesers Eingreifen Zeit gewonnen. Die kann der Manager auch gut gebrauchen, denn gerade hat er den größten Konzernumbau seit Jahren auf den Weg gebracht und Tausende Beschäftigte bangen um ihre Jobs. Nach dpa-Informationen könnten zwischen 5000 und 10 000 Stellen bei Siemens auf der Kippe stehen.
Welche Pläne hat Paris für Energie- und die Zugsparte von Alstom?
Präsident François Hollande bringt seit Monaten immer wieder eine deutsch-französische Allianz im Energiebereich ins Gespräch. Als Vorbild für gelungene Zusammenarbeit sieht er den vor allem von Deutschland und Frankreich geschaffenen Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus. Doch dort lief es bei weitem nicht immer so rund, wie derzeit: Vor allem die unterschiedlichen Managementkulturen machen das Zusammenspiel zwischen Deutschen und Franzosen bei Airbus nicht immer einfach. Auch im Bahngeschäft hofft die französische Politik auf einen europäischen Branchenprimus.
Angeblich gibt es Gegenwind von einzelnen Siemens-Aufsehern für den Deal - warum?
Fest steht: Die Entscheidung für ein Übernahmeangebot, falls die Franzosen Siemens vier Wochen lang Einblick in ihre Bücher gewähren, ist im Siemens-Aufsichtsrat einstimmig gefallen. Allerdings: Dass der Elektrokonzern seine Bahnsparte im Tausch gegen die Alstom-Energiesparte angeboten haben soll, bereitet den Arbeitnehmern Kopfzerbrechen. Einerseits soll der gewerkschaftliche Organisationsgrad im Siemens-Bahngeschäft ordentlich sein und eine Trennung würde diese Position bei Siemens schwächen. Hinzu kommen Sorgen um die Jobs: Wenn es hart auf hart käme, dürfte die französische Regierung ihre Hand schützend über die französischen Arbeitnehmer im Bahngeschäft halten - und das möglicherweise auf Kosten der deutschen Beschäftigten, wie befürchtet wird. Die Begeisterung im Arbeitnehmerlager über das Tauschgeschäft dürfte sich also in Grenzen halten. (Christine Schultze und Gerd Roth, dpa)

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