Wirtschaft

Sparkassenpräsident Theo Zellner (l.) und sein Vize Rudolf Faltermeier. (Foto: Sparkassenverband Bayern)

05.04.2012

Mittelstand darf nicht Zeche für Finanzkrise zahlen

Die bayerischen Sparkassen sind mit dem Geschäftsjahr 2011 zufrieden

Ein zufriedenstellendes Ergebnis, nahe dem von 2010, konnten die 72 bayerischen Sparkassen im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielen. Dieses positive Fazit zog Theo Zellner, Präsident des Sparkassenverbands Bayern, vor der Presse in München. „Man kann sagen, dass 2011 die internationale Finanzkrise das Kerngeschäft der regional ausgerichteten Sparkassen des Freistaats gestärkt hat und noch mehr Vertrauen in die Sicherheit der Sparkassen festzustellen ist“, erklärte Zellner. Damit werde eindrucksvoll bestätigt, wie wichtig Sparkassen gerade in instabilen Zeiten sind und wie gut sich das Geschäftsmodell von Kreditinstituten mit kommunaler Trägerschaft bewährt. „Unser Erfolg liegt“, so der Sparkassenpräsident, „in der Dreiecksbeziehung Sparkasse-Träger-Region begründet.“
Gleichzeitig wies Zellner darauf hin, dass wirtschaftliche Solidarität – Sparsamkeit und Kapitalerhalt – als Leitgedanke und Geschäftsprinzip noch viel mehr als Teil der Lösung der Finanzkrise gesehen werden müssten.
Dieses erfolgreiche Geschäftsmodell habe sich erst kürzlich wieder durch Fitch Ratings mit A+ für langfristige Verbindlichkeiten bestätigt, betonte Zellner. Die Ratingagentur habe damit den Sparkassen eine gute Bonität bescheinigt und vor allem die starke, gefestigte Marktposition als Deutschlands größte Bankengruppe für das Privatkundengeschäft gewürdigt. „Die aktuelle Bewertung dokumentiert damit die große Bedeutung der Sparkassen für die kreditwirtschaftliche Versorgung breiter Bevölkerungsschichten und mittelständischer Unternehmen.“
Sparkassen konzentrieren sich laut Zellner auf ihre jeweiligen Geschäftsgebiete und geben die Einlagen aus der Region wieder als Kredite an die Region. Im abgelaufenen Geschäftsjahr legten die Kundeneinlagen und -kredite erneut zu. „Der öffentliche Auftrag, in allen Teilen des Freistaats die finanzwirtschaftliche Versorgung zu sichern, wurde damit eindrucksvoll erfüllt“, betonte der Sparkassenpräsident. Besonders hob er das gute Neukreditgeschäft im Bereich der Firmenkredite hervor. Die Kreditbestände an Unternehmen und Selbstständige wuchsen um 2,1 Milliarden Euro beziehungsweise vier Prozent, die der Privatkunden um 700 Millionen Euro oder 1,5 Prozent.
Die Geldvermögensbildung bei Sparkassen stieg aufgrund der Einlagenzuflüsse um 2,8 Milliarden Euro (2010 waren es 2,2 Milliarden Euro) an. Die Ertragslage der Sparkassen ist gegenüber dem Vorjahr in etwa gleich geblieben. Mit ihren Jahresüberschüssen stärken die Sparkassen ihr Eigenkapital. Damit, so Zellner, sind sie den künftig erhöhten Anforderungen der intensiven Bankenregulierung gewachsen. Gleichzeitig verzeichneten die Sparkassen einen Aufwand von 508 Millionen Euro für gewinnabhängige Steuern und gaben rund 66 Millionen Euro gemeinwohlorientierte Mittel an regionale Empfänger.
„Man könnte nun sagen“, so Zellner, „alles passt schon, aber unser Auftrag lautet, nicht zurücklehnen.“ Die enge Bindung an die Region mache es erforderlich, dass Sparkassen über ausreichend Reserven verfügen, um auch einen eventuellen Rückgang der Wirtschaftsleistung in einer Region abfedern zu können.

Die richtigen Lehren ziehen


Zellner liegen vor allem Nachbesserungen bei der Bankenregulierung am Herzen. Es gehe darum, die richtigen Lehren aus der Finanzkrise zu ziehen. Allerdings hat der Sparkassenpräsident hier erhebliche Zweifel, denn die großen Banken in den USA und Europa sind nicht kleiner, sondern im Zweifel eher größer und damit noch systemrelevanter geworden. Die Vorgaben der G 20 von Pittsburgh im September 2009 seien bei weitem nicht erfüllt worden. Damals war man sich einig, dass kein Finanzplatz ohne Regulierung bleiben sollte.
Laut Zellner ist der gesamte Schattenbankensektor weiterhin nahezu unreguliert. „Noch immer führen Finanzinstitutionen in erheblicher und zum Teil systemgefährdender Größenordnung Transaktionen jenseits von Börsen oder zentralen Abwicklungsplattformen und damit auch ohne Markttransparenz durch. Gleichzeitig werden wir Sparkassen durch Basel III mit detaillierten Eigenkapital- und Liquiditätsregeln überzogen, die auch Mittelstandsfinanzierungen verteuern und langfristige Finanzierungen schwieriger machen werden.“
Die deutsche Kreditwirtschaft sei mit detaillierten Verbraucherschutzregeln und strenger Aufsicht der BaFin überzogen worden, während der graue Kapitalmarkt unter den Augen der Gewerbeaufsicht wenig zu befürchten habe. Aus diesem Grund habe der Sparkassenverband zusammen mit dem Genossenschaftsverband Bayern eine Initiative gestartet, um auf diese Ungleichgewichte hinzuweisen. Denn man will nicht weiter regulatorisch drangsaliert werden, wie es Zellner ausdrückte. Das gelte besonders auch bei Basel III.
Die Regeln dafür seien ursprünglich nämlich für international tätige Großbanken erarbeitet worden. „Wenn man sie bei regional tätigen kleineren Instituten einführen will, müssen sie auf die dortigen Verhältnisse angepasst werden, forderte der bayerische Sparkassenpräsident.
Zellner hält es für eine klare Fehlentwicklung, wenn durch Basel III die Mittelstandsfinanzierung verteuert wird, Kapitalmarktfinanzierungen gegenüber Bankfinanzierungen bevorzugt werden oder die Langfristorientierung von Kreditvergaben erschwert wird. Falsche wäre es auch, finanzwirtschaftlichen Verbundsystemen, die in der Krise stabilisierend gewirkt haben, durch regulatorische Maßnahmen bei der Kapitalanrechnung wesentliche Kreditspielräume zu nehmen.

Noch Gesprächsbedarf


Unternehmenskredite hätten die Finanzkrise nicht ausgelöst, so Zellner. Mittelständische Unternehmen seien nicht Verursacher der Krise gewesen. Vielmehr hätten diese geholfen, sie zu bewältigen. „Wer Stabilität will, darf die Sparkassen als Stützpfeiler einer langfristig orientierten Kreditpolitik nicht beeinträchtigen. Deshalb haben wir bei der Umsetzung von Basel III noch erheblichen Gesprächsbedarf.“ Um eine Belastung der mittelständischen Wirtschaft zu vermeiden, müssen die Regelungen zu Basel III risikogerecht angepasst werden, denn der „Mittelstand soll nicht die Zeche für die Finanzkrise zahlen“.
Angesichts einer vor allem im ersten Halbjahr robusten Konjunktur in der bayerischen Wirtschaft betrug die addierte Bilanzsumme der 72 bayerischen Sparkassen zum 31. Dezember 2011 insgesamt 175 Milliarden Euro, das ist ein Plus von 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr (171,1 Milliarden Euro). Im Wesentlichen wurde dieser Zuwachs wieder vom Kundengeschäft getragen, so Zellner. Dabei erzielten die bayerischen Sparkassen letztes Jahr ein Betriebsergebnis vor Bewertung von knapp zwei Milliarden Euro. Dies sind rund 38 Millionen Euro mehr als 2010. Dazu trug – wie im Vorjahr – ein etwas höherer Zinsüberschuss bei. Dieser konnte auf 3,95 Milliarden Euro (2010: 3,88 Milliarden Euro) und damit auf 2,31 Prozent der Durchschnittlichen Bilanzsumme gesteigert werden.
Erneut rückläufig war im vergangenen Jahr die Aufwands-/Ertrags-Relation (Cost-Income-Ratio). Sie lag 2011 im Durchschnitt aller bayerischen Sparkassen bei 59,4 Prozent und damit erneut günstiger als im Vorjahr (2010: 59,8 Prozent). „Wir liegen hier besser als der bundesdeutsche Durchschnitt“, betonte der Sparkassenpräsident. Im Bereich der Risikovorsorge habe sich gegenüber 2010 eine unterschiedliche Entwicklung ergeben. Im Kreditgeschäft seien erfreulicherweise per saldo keine Wertberichtigungen notwendig gewesen, während im Wertpapiergeschäft aufgrund der aktuellen Marktschwankungen ein zum Vorjahr höherer Wertberichtigungsbedarf zu verzeichnen war.
Mit einem vorläufigen Jahresergebnis von 470 Millionen Euro können die Sparkassen in den jeweiligen Regionen ihr Eigenkapital stärken und so die zukünftige Kreditfinanzierung für den Mittelstand sichern, erklärte Zellner. Die Kernkapitalquote beträgt 11,37 Prozent. Die aufsichtsrechtliche Gesamtkennziffer beim Eigenkapital liegt bei 17,16 Prozent. Beide Werte bewegen sich damit weit oberhalb der von der BaFin vorgegebenen Mindestquote von vier beziehungsweise acht Prozent.
Zum Beihilferverfahren gegen die Bayerische Landesbank sagte Zellner, dass man auf Seiten der Sparkassen davon ausgeht, dass es vermutlich zu einer weiteren nachträglichen Lastenübernahme durch die bayerischen Sparkassen kommt. Es finde derzeit ein konstruktives Ringen mit der Staatsregierung um eine gemeinsame Position statt, die man dann der EU-Kommission präsentieren könne. Ein eigenes Verfahren der EU gegen die bayerischen Sparkassen wäre für Zellner der „worst case“. (Friedrich H. Hettler)

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