Wirtschaft

In ganz Deutschland müssen neue Trassen für Hochspannungsleitungen gebaut werden. Doch das ist nicht alles. Auch die regionalen Verteilnetze für den Strom müssen erweitert werden. (Foto: Wiesbauer-Krane, Bietigheim-Bissingen)

26.11.2010

Neue Leitungen braucht das Land

Integration erneuerbarer Energien erfordert einen Umbau des deutschen Stromnetzes

Die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) hat in der Netzstudie II untersucht, wie das Stromsystem in Deutschland bis zum Zeitraum 2020/25 ausgebaut und optimiert werden muss, um den neuen Herausforderungen durch die Integration erneuerbarer Energien gerecht zu werden und gleichzeitig eine sichere und wirtschaftliche Stromversorgung zu gewährleisten. Drei Ziele standen dabei im Vordergrund: Integration von 39 Prozent Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, insbesondere Windkraft, optimaler wirtschaftlicher Einsatz konventioneller Kraftwerke und Berücksichtigung des zunehmenden europäischen Stromhandels.
„Die dena-Netzstudie II zeigt einmal mehr: Wenn wir unsere Stromversorgung zu einem überwiegend auf erneuerbare Energien gestützten System umbauen wollen, ist es mit dem Bau von Windkraft- und Photovoltaikanlagen allein nicht getan“, sagt Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) zur Staatszeitung. Entscheidend werde sein, ob das deutsche Stromnetz so ausgebaut werden kann, dass zum einen große Windstrommengen über weite Entfernungen transportiert werden können. Zum anderen muss es in der Lage sein, dezentrale Einspeisungen zum Beispiel aus Photovoltaik aufzunehmen, so der Minister. Die Herausforderung Nummer eins der nächsten Jahre heißt laut Zeil ganz eindeutig: „Ausbau der Netzinfrastruktur“.
„Bayern wird daher Planungs- und Genehmigungsverfahren für neue Stromleitungen zügig und kooperativ durchführen“, kündigt Zeil an. Für die Konferenz der Wirtschaftsminister der Länder im Dezember habe Bayern einen Beschlussvorschlag eingebracht, in dem die Bundesregierung ermutigt wird, die in ihrem Energiekonzept beschriebenen Maßnahmen zur Erleichterung und Beschleunigung des Netzausbaus schnell umzusetzen. Das betreffe die Planungs- und Genehmigungsverfahren, den grenzüberschreitenden Netzausbau in Europa und vor allem die Schaffung von mehr gesellschaftlicher Akzeptanz für den notwendigen Netzausbau vor Ort.
Netzausbau ist eine gewaltige Kraftanstrengung
„Aber wir sind auch realistisch: Der Netzausbau ist eine gewaltige Kraftanstrengung – finanziell, technisch und politisch. Dafür brauchen wir Zeit. Um diese Zeit zu gewinnen und unsere sichere Stromversorgung nicht zu gefährden, ist die maßvolle Verlängerung der Laufzeiten unserer Kernkraftwerke unverzichtbar“, erklärt Bayerns Wirtschaftsminister.
Die bayerische Initiative für schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren dürfte dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) entgegenkommen. Dennoch warnt der BDEW mit Blick auf die aktuelle dena-Netzstudie II vor dramatischen Engpässen beim Ausbau der deutschen Stromnetze.
„Zu dem in der Studie errechneten Ausbaubedarf von 3600 Kilometern an neuen Übertragungsnetzen bis zum Jahr 2020 muss man noch den Rückstand bei der Umsetzung der dena-Netzstudie I aus dem Jahr 2005 addieren. Wir liegen dabei jetzt schon mit rund 760 Kilometern zurück“, so Hildegard Müller, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Dem Ausbaubedarf bis zum Jahr 2020 stünden gerade einmal 90 Kilometer gegenüber, die in den vergangenen fünf Jahren realisiert worden seien.
„Ohne Netzausbau wird ein weiteres Wachstum der erneuerbaren Energien unmöglich sein“, erklärte Hildegard Müller. Zu den Übertragungsnetzen käme noch der Ausbau- und Modernisierungsbedarf in den regionalen Verteilnetzen hinzu. Alleine bis 2030 sind nach Erhebungen des BDEW Investitionen in Höhe von 20 bis 25 Milliarden Euro in das gesamtdeutsche Verteilnetz erforderlich.
Der Bundesverband Windenergie (BWE) kritisiert, dass der notwendige Netzumbau bereits seit der dena-Netzstudie I (2005) bekannt ist. Nicht nur der verstärkte Ausbau der Windenergie, sondern im gleichen Maße auch neue Kohlekraftwerke in Küstennähe mache neue Stromtrassen vom Norden Deutschlands in die Ballungszentren notwendig. Die Liberalisierung der Energiemärkte 1998 hatte nicht dazu geführt, dass in die Netzinfrastruktur in Deutschland investiert wurde. Ganz im Gegenteil: Seit nunmehr fast 30 Jahren wurde der Netzausbau von Politik und Energiewirtschaft vernachlässigt, so der BWE. (Ralph Schweinfurth)

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