Wirtschaft

Diskutierten über die Energiewende in Bayern (v.l.): Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel (FDP), Tobias Reiß (CSU), Ludwig Wörner (SPD), Alexander Muthmann (Freie Wähler) und Ludwig Hartmann (Bündnis90/Die Grünen). (Foto: Horst Gottschall – dtb media)

22.03.2013

Nicht nur der Bund ist in der Energiepflicht

Podiumsdiskussion beim Bayerischen Energietag in Eichstätt

Energiepolitik live: BSZ-Chefredakteur Ralph Schweinfurth moderierte beim Bayerischen Energietag in Eichstätt eine „politische Podiumsdiskussion“ mit Vertretern aller Landtagsfraktionen. Vorgabe der Veranstalter: „Den Diskutierenden Strategien, Ansätze, Lösungswege für die Energiewende entlocken.“ „Ein Stück weit stolz auf den Leitstern Energie 2012“, die Auszeichnung Bayerns als bundesweiter Aufsteiger beim Einsatz von Umweltenergien, das ist Bayerns Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel (FDP) schon. Doch wenn es konkret darum geht, die Energiewende weiter voranzutreiben, dann fehlen ihr „manche zentralen Leitsterne der Energiepolitik auf Bundesebene“. Sprich: Die Länder werden von der Berliner Regierung im Stich gelassen, glaubt man der Staatssekretärin.
Ludwig Wörner (SPD) gibt Hessel teilweise Recht: „Wenn die politische Störung aus Berlin nicht wäre, dann würde die Wende klappen.“ Doch für ihn ist neben CDU-Umweltminister Peter Altmeier auch Hessels Parteifreund und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler der Bremser. „Die zerstören das Vertrauen, und die Banken finanzieren Windkraft im Binnenland nicht mehr.“ Im Umkehrschluss: Das FDP-geführte bayerische Wirtschaftsministerium müsse Rösler Einhalt gebieten.
Könnte der Freistaat aber nicht selber auch Zeichen setzen? Ralph Schweinfurth bringt als Beispiel die Vorgaben für den Windausbau ins Spiel. Alexander Muthmann von den Freien Wählern stimmt zu. Doch „weder bei der Windkraft noch bei den eben-falls heftig diskutieren Pumpspeicher-Wasserkraftwerken haben wir in Bayern eine klare Vorstellung: Wer soll wann was wo machen und erreichen? Eine Mengenverteilung mit Schwerpunktsetzung fehlt. Die Regionalen Planungsverbände sind alleingelassen“, schiebt auch er die Schuld auf Hessels Ministerium.
Tobias Reiß von der Regierungspartei CSU fragt mit Blick auf den auch in seiner Heimat Oberpfalz erkennbaren „Spagat zwischen Windhöffigkeit und Glücksrittertum: Sollten wir nicht mehr kommunale Planungshoheit zulassen? Alle werden tätig, aber jeder entscheidet alleine, unkoordiniert und nicht abgestimmt. Da liegt das Hauptdilemma. So ist eine Energiewende nicht zu organisieren“, kritisiert selbst er das zuständige Münchner Wirtschaftsressort, das sich gerne selbst als „Energieministerium“ bezeichnet.
Und obwohl die Bezirksregierungen in ihren Regionalplänen mangels konkreter Leitlinien völlig unterschiedliche Ziele vorgeben, meint Katja Hessel: „Es gibt keine Verhinderungsregionen.“ Das stößt ebenfalls auf fast einhelligen Widerspruch, aber auch auf Gegenvorschläge, wie das Dilemma zu lösen wäre.
So sieht Ludwig Hartmann von Bündnis90/Die Grünen eine „ge-samtgesellschaftliche Aufgabe“: Möglichst viele Gemeinden soll-ten sich mit „mindestens einem Prozent an Windgesellschaften beteiligen. Dann ist der Widerstand und die Angst der Bevölkerung wesentlich geringer“.
Noch heftiger wird der Zank, als Ralph Schweinfurth eigentlich nur nach Sinn und Unsinn von Offshore-Windrädern in Nord- und Ostsee für Bayerns Stromversorgung fragt. Bekanntlich hängt damit eng der massive Aus- und Neubau von Höchstspannungsleitungen quer durch Deutschland zusammen. Bayern braucht den Offshorestrom
Katja Hessel ist sicher: „Wenn wir 2021 das letzte deutsche Atomkraftwerk abschalten, brau-chen wir den Offshorestrom. Es wäre unehrlich, die Stromlücke hier mit tschechischem Kern-kraftstrom zu schließen.“
„Hören Sie doch endlich mit dem Käse auf! Die kaufen Strom bei uns, nicht wir bei denen“, geht SPD-Mann Ludwig Wörner förmlich in die Luft. Und setzt zum Rundumschlag an. „Wir reden heute nur über Strom. Dabei ist der Strompreis in den letzten Jahren nur um 52 Prozent gestiegen, der Heizölpreis im gleichen Zeitraum um 153 Prozent. Wir müssen die Waage wieder herstellen. Wenn die Reduktion der Einspeisevergütung für Ökostrom kommt, gehen eine ganze Menge Zulieferer über den Jordan. Das riskieren einige wildgewordene Politiker in Berlin“, ist Wörner kaum mehr zu bremsen. Sein Ärger gilt der „Strompreisbremse“, die CDU-Bundesumweltminister Altmeier angekündigt hat. Der stelle damit „die Zuverlässigkeit der Regierungspolitik“ in Gänze in Frage.
Und weil Wörner gerade dabei ist: „Wenn Irsching sich nicht mehr lohnt, dann müssen wir es verstaatlichen für einen Euro. Auch Daseinsvorsorge ist eine Frage des Staats.“ Womit er wieder bei der Staatsregierung und deren Energie-Aufgaben ist. Zuletzt hatten die Betreiber des modernen Gaskraftwerks bei Ingolstadt mangels Wirtschaftlichkeit mit dessen Aus gedroht.
Das Parteiengezänk möchte sich ein Zuhörer vom Landratsamt Schrobenhausen nicht mehr anhören. „Es darf nicht sein, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG schlechtgeredet wird. Wir haben für die Energieversorgung im eigenen Land nur die Regene-rativen. Das hier ist unverant-wortlich.“ Diesem Schlusswort brauchte der Moderator nichts mehr hinzuzufügen.
(Heinz Wraneschitz)

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