Wirtschaft

Laurenz Beck und die Biogasanlage von Hirschau. (Foto: Wraneschitz)

29.07.2016

Optimale Wärmeabnahme

Biogas vom Kricklhof fürs Freibad am Monte Kaolino

Der Freizeitpark am Monte Kaolino bei Hirschau (Landkreis Amberg-Sulzbach) in der Oberpfalz: Auch in diesem Sommer Anziehungspunkt für zigtausend Menschen, nicht nur aus der Region. Und seine Wärmeversorgung ist ein gutes Beispiel, wie sowohl Erzeuger als auch Verbraucher viel von Biogas haben können.

„Jährlich etwa 80.000 Liter Heizöl und damit 31.000 Euro spart der Freizeitpark durch die kostengünstige Biogaswärme“: Hirschaus Bürgermeister Hermann Falk macht deutlich: Die Stadt ist glücklich, nicht nur über die Nachhaltigkeit dieses Wärmeträgers.

Wärme aus dem BHKW


Schon seit 2012 bekommen Freibad, Campingplatz und Gastwirtschaft am Fuß des riesigen Quarzsandbergs ihre Wärme von einem Blockheizkraftwerk (BHKW). Das steht im anderthalb Kilometer entfernten Hirschauer Ortsteil Kricklhof.

Die Wärme stammt aus der Biogasanlage von fünf Nebenerwerbslandwirten aus den Weilern Weiher und Kricklhof, nahe dem imposanten Berg aus weißem Quarzsand. 2011 ging die Biogasanlage in Betrieb, seit 2012 wird Wärme ins inzwischen 2700 Meter lange Fernleitungsnetz eingespeist. Das Netz wiederum gehört nicht den Landwirten, sondern der AOVE Bioenergie eG, einer Tochter der aus acht Gemeinden bestehenden Arbeitsgemeinschaft Obere Vils-Ehenbach (AOVE). Die hatte sich im Rahmen eines „Integrierten ländlichen Entwicklungskonzepts“ (ILEK) zusammengefunden. Das AOVE-Motto: „Dem Klimawandel interkommunal begegnen.“ Die Ziele: „Unabhängigkeit von Energiegroßkonzernen, regionale Wertschöpfungsketten und Bindung von regionalem Kapital.“ Und: Bis 2020 wollen die Kommunen energieautark sein. Dafür setzt ihre Genossenschaft Projekte mit erneuerbaren Energien um, betreibt Fernwärme- und Stromnetze.

Für das Projekt „Fernwärmenetz Hirschau-Dienhof“ nahe des Monte Kaolino haben sie sich mit den Energiebauern zusammengeschlossen. Gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung drückte Josef Reindl, Vorstandsvorsitzender der AOVE-BioEnergie eG und Bürgermeister aus Schnaittenbach, fast schon poetisch aus, worum sich die Genossenschaft kümmert: Die Fernwärmeleitung sei „die unsichtbare und von den wenigsten wirklich wahrgenommene Verbindung zwischen der Biogasanlage und dem Freizeitpark“.

Wichtiges Puzzelteil im Energiekonzept


Sechs Gewerbebetriebe und ein Privathaus sind die Wärmeabnehmer am Netz, und natürlich Restaurant, Campingplatz, Sportpark. Wohl wichtigstes Puzzleteil im Energiekonzept ist das Bad: Das wird im Sommer auf 26 bis 28 Grad Wassertemperatur aufgeheizt, ist aber im Winter nicht in Betrieb. So wird ein ganzjähriger Wärmeverbrauch für die WK-Energie gewährleistet, denn Gewerbe und Häuser brauchen vor allem in der kälteren Jahreszeit Wärme.

Schon als 2005 das Dünenbad gebaut wurde, dachten die Landwirte Laurenz Beck, Karl Hanauer, Hermann Ott, Norbert Stangl und Werner Wendl ernsthaft über eine gemeinsame Biogasanlage nach. Doch der Badbetreiber wollte mit Sonnenkollektoren die Wärme erzeugen. Darum dauerte es bis zum Jahr 2009, bis die Überlegungen für eine Biogasanlage konkret wurden: Offenbar hatten die Solarthermie-Erträge nicht zur kompletten Beheizung der Becken ausgereicht. Denn die Bauern wollten ihre Biogasanlage nur verwirklichen, wenn sie Zusagen für die Wärmeabnahme haben. Durch das Bad konnten sie übers Jahr verteilt auf die Abnahme von etwa zwei Drittel der anfallenden Wärmemenge ihres 380-kW-BHKW setzen. Mit dem Rest ist eine effektive Beheizung des 1300 Kubikmeter großen Fermenters möglich. Und sie trocknen auch noch Hackschnitzel für die Holzheizungen ihrer Höfe. Der Grund, warum an ihren Bauernhäusern keine Wärmeleitungen liegen: Bei der Auswahl des Biogasanlagenstandorts mussten die Betreiber Kompromisse eingehen, um mögliche Gegner zu besänftigen. Deshalb steht die Anlage auch nicht näher am Monte Kaolino: Die Angst, mögliche Campingplatz- oder Badnutzer könnten abgeschreckt werden, war einigen Verantwortlichen offensichtlich zu groß; „Gegenwind“ habe es gegeben, so formuliert es Laurenz Beck.

Alternative Energien Durchsetzen


Doch Gott sei Dank gab es auch noch den inzwischen pensionierten Altbürgermeister der Stadt Hirschau: „Sein Steckenpferd“ sei die Durchsetzung alternativer Energien gewesen, erinnert sich Hermann Ott. Heute können mit dem Standort 1200 Meter vom Dünenbad entfernt alle gut leben.

Die fünf Gesellschafter produzieren als Substrat für die Biogasanlage Mais, Ganzpflanzensilage (GPS) und Grassilage. Dazu kommt 35 Prozent Gülle. Denn zwei der Partner betreiben Milchwirtschaft, einer mästet Schweine. Und Ackerbau haben ohnehin alle. Eine Selbstverpflichtung haben sie sich übrigens auch gegeben: Auf maximal 30 Prozent ihrer Anbauflächen pflanzen sie Mais für die Biogasanlage an.

Und noch ein Punkt, der für die Nachhaltigkeit wichtig scheint: Das Substrat wird aus höchstens drei Kilometern um die Anlage angefahren. Das führt zu geringem Transportenergieverbrauch und niedriger Lärm-Belästigung der Nachbarn.

Und die AOVE-BioEnergie eG als Wärmenetzbetreiber? Die bekommt kostengünstig Wärme für ihre Gewerbe- und Privat-Kundschaft. Möglicherweise wäre die Kalkulation für die Biogas-Bauern ja sogar aufgegangen, wenn sie die Wärme dem Netz kostenlos zur Verfügung gestellt hätte, dank KWK-Bonus laut den Bedingungen des EEG 2009. Wenn es da nicht Probleme mit dem Steuerrecht gegeben hätte: „Eine Schenkung der Wärme wirkt sich mit 7,5 Cent pro kWh auf die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage aus“, weiß Finanzfachmann Beck.

Platz für zweites BHKW


Dennoch: Trotz der Genehmigung nach EEG 2009 denken die Biogasanlagenetreiber über mögliche Betriebsänderungen nach. Eventuell könne man ja die Flexibilisierungsprämie nutzen. Damit verbunden wäre auch die Direktvermarktung des erzeugten Stroms. In ihrem Maschinenhaus gibt es jedenfalls genug Platz, um ein zweites BHKW aufzustellen. Und auch die Folienhaube über dem 4000 Kubikmeter großen Nachgärer ist zur Zwischenspeicherung von Biogas für einen flexiblen Betrieb dimensioniert.

Ach ja, ganz sicher waren sich die AOVE-Energiegenossen wohl doch nicht, dass die Biogas-Wärme immer dann kommt, wenn sie gebraucht wird. Im Maschinenhaus der Biogasanlage haben sie einen Flüssiggas-Notkessel installiert. „Aber der wurde seither nie benutzt“, stellt Laurenz Beck lächelnd und mit einigem Stolz in der Stimme heraus.
(Heinz Wraneschitz)

Kommentare (1)

  1. voa zua am 29.07.2016
    Diese Puzzleteile kosten zu viel Grund und Boden, den wir eh nicht haben und sind dennoch energiebilanzmäßig Nullnummern...
    Zudem sind sie ökologisch eine Katastrophe und alles andere als "Bio".

    Weg damit - nicht noch erweitern...!
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