Wirtschaft

BHT-Präsident Franz Xaver Peteranderl. (Foto: BHT)

20.07.2017

Peteranderl: Wirtschaft nicht einseitig benachteiligen

Im bayerischen Handwerk herrscht weiterhin hervorragende Stimmung

Dem bayerischen Handwerk geht es sehr gut, was nach den Worten von Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstags (BHT), unter anderem auch auf die lebhafte Binnenkonjunktur und den starken Arbeitsmarkt zurückzuführen ist. „Momentan scheint nichts die gute Handwerkskonjunktur in Bayern bremsen zu können, die Auftragsbücher sind gut gefüllt.“ Für das 3. Quartal erwarten 33 Prozent der befragten Handwerksbetriebe eine befriedigende und 61 Prozent sogar eine gute Geschäftslage, erklärte Peteranderl bei der Vorstellung der neuesten Konjunkturzahlen. Die schon zum Jahresauftakt gute Stimmung im bayerischen Handwerk hat sich zum Ende des 2. Quartals weiter verbessert, betonte der BHT-Präsident. Sechs von zehn Betrieben betrachteten ihre Situation als gut, 32 Prozent als befriedigend. Mit 93 Punkten wurde der Vorjahreswert um drei Punkte übertroffen. Jeder dritte der befragten Betriebe berichtete laut Peteranderl in der Konjunkturumfrage von gestiegenen Auftragseingängen.

An Kapazitätsgrenze

In den Ausbauhandwerken arbeiteten im 2. Quartal fast drei Viertel aller Betriebe an ihrer Kapazitätsgrenze. Entsprechend hoch sei auch die betriebliche Auslastung gewesen, die im Vergleich zum Vorjahr um zwei Punkte auf nunmehr 83 Prozent kletterte. Im Durchschnitt verfügten die bayerischen Handwerker zur Jahresmitte über ein Auftragspolster von 9,3 Wochen, über eine Woche mehr als vor Jahresfrist. Nach Schätzungen des BHT erzielten die Handwerksbetriebe im Freistaat im 2. Quartal einen Umsatz von etwa 27,8 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht dies einem nominalen Plus von mindestens 2,7 Prozent. Nach Abzug der Preissteigerung verbleibt ein reales Plus von 0,6 Prozent. Und das trotz weniger Arbeitstage im Jahresvergleich. Im gesamten ersten Halbjahr 2017 erwirtschafteten die Betriebe geschätzt 50,4 Milliarden Euro, das ist ein nominales Umsatzwachstum von 4,7 Prozent (real: 2,6 Prozent), berichtete Pateranderl. Zur Jahresmitte waren im bayerischen Handwerk etwa 932 400 Personen tätig. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Plus von 1,5 Prozent. Ein Hauptgrund dürfte, so der BHT-Präsident, die starke Zuwanderung aus Osteuropa sein. Bei der Investitionsneigung der befragten Betriebe gab es im 2. Quartal im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg um zwei Punkte auf 34 Prozent. Die Summe der Investitionen ist im ersten Halbjahr 2017 allerdings deutlich um 4,5 Prozent auf etwa 1,51 Milliarden Euro angewachsen. Die Zahl der Handwerksbetriebe lag zur Jahresmitte laut Peteranderl bei rund 201 700, das ist ein Plus von 0,2 Prozent. Angesichts der wirklich hervorragenden Daten hat der BHT die Jahresprognose nach oben korrigiert: Für 2017 erwarten die Konjunkturexperten des ein nominales Umsatzwachstum von 3,5 Prozent (vorher: 2,5 Prozent). Bei der Beschäftigung prognostizieren die Statistiker nunmehr ein Plus von 1,3 Prozent (ein Prozent) sowie bei den Investitionen einen Anstieg von 3,1 auf 3,5 Prozent.
Mit Blick auf die Bundestagswahl erteilte der BHT-Präsident einer Ausweitung der Substanzbesteuerung eine klare Absage. Das Handwerk lehne alle Verschärfungen bei der Erbschaftsteuer sowie alle Versuche, die Vermögensteuer oder eine ähnlich geartete Vermögensabgabe wiederzubeleben, strikt ab. Erfreulich für den gewerblichen Mittelstand, aber auch für die Arbeitnehmer in diesen Betrieben sei die Ankündigung der Union in ihrem Wahlprogramm, dass es keine Steuererhöhungen geben werde. „Mehr Mut hätten wir uns allerdings bei der Ankündigung von Steuerentlastungen gewünscht. Mehr als die versprochenen 15 Milliarden Euro könnten angesichts der Rekord-Steuereinnahmen der öffentlichen Hand schon drin sein“, so Peteranderl. Als positiv hob der BHT-Präsident hervor, dass sowohl CDU/CSU als auch SPD den Spitzensteuersatz künftig bei 60 000 Euro beginnen lassen wollen. Negativ sei allerdings zu bewerten, dass die SPD den Spitzensteuersatz bereits ab 76 200 Euro auf 45 Prozent und ab 250 000 Euro auf 48 Prozent steigen lassen will.

Es gibt weiter Digitalbonus

Peteranderl gab zu bedenken, dass von den meisten Parteiprogrammatikern vergessen werde, dass die Kapitalgesellschaften im Handwerk deutlich in der Minderheit sind. „Für Einzelunternehmer und Personengesellschaften ist Einkommensteuer gleich Unternehmenssteuer.“ Ein Spitzensteuersatz ab 60 000, der zudem ab 76 200 Euro noch ansteigen soll, treffe damit viele der leistungsfähigen Handwerksbetriebe und erschwere Investitionen. „Die Unternehmen brauchen aber finanziellen Spielraum, um Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen und zu sichern,“ betonte der BHT-Präsident.
Wirklich gute Nachrichten für Handwerk und Mittelstand gebe es zum Thema Digitalisierung, da der Digitalbonus weitergeführt wird, erklärte Peteranderl. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner wird das Programm zum 1. August 2017 wieder starten. Nachdem die Mittel für dieses Jahr bereits im Mai 2017 ausgeschöpft waren, habe der BHT in einem Schreiben an Aigner darauf hingewiesen, dass die digitale Transformation der Wirtschaft keinen Aufschub dulde. „Es wäre schlicht und ergreifend vergeudete Zeit gewesen“, sagte Peteranderl, „wenn man erst Anfang 2018 wieder neue Mittel zur Verfügung gestellt hätte.“ Die Ministerin hatte sich daraufhin für eine Ausweitung der Mittel eingesetzt. Der schnelle Abruf der Mittel zeige aber auch, dass das Programm seine Wirkung nicht verfehle und gerade kleinen Unternehmen helfe, die sich keinen eigenen IT-Fachmann leisten können. Fast jeder vierte Antrag sei bisher von einem bayerischen Handwerksbetrieb gestellt worden.
Mit Blick auf das drohende Einfahrverbot für Dieselfahrzeuge erklärte Peteranderl, dass dies die Existenz vieler Betriebe auf die Probe stellen würde. „Bei den Maßnahmen zur Absenkung des Stickoxid-Ausstoßes fordern wir daher Augenmaß“, denn die Wirtschaft dürfe nicht einseitig benachteiligt werden. (Friedrich H. Hettler)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.