Wirtschaft

Diskutieren in Nürnberg über Europa (v.l.): BSZ-Chefredakteur Ralph Schweinfurth, FDP-Europaabgeordnete Nadja Hirsch, vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt, SPD-Europaabgeordnete Kerstin Westphal und CSU-Europaabgeordneter Markus Ferber. (Foto: vbw)

16.05.2014

Re-Industrialisierung muss vorangetrieben werden

Veranstaltung der vbw verdeutlicht wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf in Europa

Aus Brüssel kommt so manche Regelung, die niemand so richtig versteht. Daraus resultiert Frust über Europa. Aber es könnte auch anders laufen.
„Das Europäische Parlament hat das Recht, diese Dinge zu stoppen. Doch bisher sind nicht die erforderlichen Mehrheiten zustande gekommen“, sagt der aus Augsburg stammende CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber bei der Veranstaltung „Starke Regionen in Europa“ der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. in Nürnberg. Die FDP-Europaabgeordnete Nadja Hirsch aus München betont, dass EU-Regelungen auf Wunsch der Menschen gemacht werden, so zum Beispiel beim Verbraucherschutz. Dass dabei die EU oftmals „übers Ziel hinausschießt“, gibt die SPD-Europaabgeordnete Kerstin Westphal aus Schweinfurt zu. Allerdings unterstreicht sie auch, dass Europa bei vielen Dingen international eine Vorreiterrolle übernehmen muss.
Deutschland profitiert von Europa und Europa von Deutschland, betont Ferber. Denn die arbeitsteilige deutsche Wirtschaft sorge auch in den anderen europäischen Staaten für Beschäftigung. Laut vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt sorgt die deutsche Wirtschaft in Europa für über 3,5 Millionen Arbeitsplätze. Denn in diesen Ländern würden Vorleistungsgüter für deutsche Produkte hergestellt.
Angesichts dieser Arbeitsteilung stellt sich die Frage, ob ein Label „Made in Germany“ gerechtfertigt ist. Brossardt verdeutlicht, dass die Gesamtverantwortung für ein deutsches Produkt trotz Zulieferung aus anderen Staaten immer noch in Deutschland liegt. Deutsche Ingenieurskunst, deutsche Qualität der Einzelteile – auch wenn sie im Ausland produziert werden – und technische Konzepte aus Deutschland rechtfertigen laut Brossardt die Marke „Made in Germany“. Wenn jetzt auf europäischer Ebene versucht werde, „nur ein Made in EU“ durchzusetzen, sei das lediglich der Versuch der italienischen Industrie, vom guten deutschen Namen zu profitieren.
Die SPD-Abgeordnete Westphal fordert eine bessere Industriepolitik für Europa und eine Re-Industrialisierung in vielen Teilen Europas, auch in Deutschland. Bayern habe sich zwar nie auf den puren Dienstleistungspfad begeben und stehe deshalb beim Wirtschaftswachstum jetzt so gut da. Sie befürchtet keine Konkurrenz, wenn andere europäische Länder Re-Industrialisierung betreiben. Denn das belebe den Wettbewerb. Sie sagt auch offen, dass die EU in den vergangenen Jahren zu wenig unternommen hat, um die Re-Industrialisierung voranzutreiben.
Der wirtschaftiche Erfolg Europas zieht aber auch viele Armutsmigranten aus Afrika an. CSU-Abgeordneter Ferber erläutert, dass diese von Schlepperbanden aus Zentralafrika hierher geschleust werden. Dem könne man nur mit „Hilfe zur Selbsthilfe“ via Entwicklungspolitik begegnen. Die FDP-Abgeordnete Hirsch hingegen setzt auf das Einrichten von Kontingenten, um die Zuwanderung nach Europa zu regeln. Und sie plädiert für die Ausbildung zum Beispiel junger Tunesier in Europa, um sie dann, mit entsprechenden Qualifikationen ausgestattet, wieder zurück in die Heimat zu schicken.
Dass dies teilweise bereits läuft, illustriert vbw-Chef Brossardt. So arbeite die vbw mit den Arbeitgeberverbänden in Tunesien zusammen, um dort das deutsche Modell der dualen Ausbildung zu etablieren. Für den zentralafrikanischen Bereich plädiert er, die Entwicklungshilfe auf wirtschaftsnahe Projekte zu konzentrieren, damit Wachstum entsteht und Arbeitsplätze geschaffen werden.
Bei sozialen Fragen moniert CSU-Mann Ferber die fehlende gemeinsame europäische Sozialpolitik. Und vbw-Hauptgeschäftsführer Brossardt ergänzt, dass deutsche Arbeitnehmer nicht von der europäischen Sozialpolitik profitieren. Der europäische Durchschnitt habe zu niedrigeren Standards hierzulande geführt. Darum will SPD-Frau Westphal in Deutschland den flächendeckenden Mindestlohn und auf europäischer Ebene für eine gemeinsame Sozialpolitik kämpfen.
Bei der vbw-Veranstaltung kamen aber nicht nur Probleme zur Sprache. So illustrierte ein Unternehmer aus Nürnberg einige Positivbeispiel auf. Er lobte die einheitlichen Roaming-Gebühren oder die Normierung von Steckern. (BSZ)

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