Wirtschaft

Ministerpräsident Horst Seehofer zeigt in Kulmbach, wo es für Oberfranken künftig langgeht. (Foto: dpa)

23.06.2017

Schub für Oberfranken

Kabinett beschließt in Kulmbach diverse Zukunftsprojekte für die Region

Für Oberfranken lief diese Woche gut. Denn das bayerische Kabinett tagte in Kulmbach und bringt für den nördlichsten Regierungsbezirk des Freistaats einiges auf den Weg. So wird die Stadt, die sich auch heimliche Hauptstadt des Bieres nennt, einen neuen Hochschulcampus für Lebensmittel und gesunde Ernährung („Life Sciences – Food & Health“) von der Uni Bayreuth erhalten. „Dieser Beschluss ist irreversibel“, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bei der Vorstellung der diversen Projekte für Oberfranken im Bürgerbüro des Kulmbacher Rathauses vor der Presse. Jetzt seien die Akteure vor Ort gefragt, die Details für den neuen Campus auszuarbeiten. Geld auch München wird dafür auf jeden Fall fließen, so Seehofer. Es soll keine „Larifari-Einrichung“ werden, sondern „etwas Kräftiges“. Der Campus solle über die Region und Bayern nach Deutschland und Europa hinaus ausstrahlen. Überall, wo in Bayern Wissenschaftsstandorte eingerichtet worden seien, hätten die Kommunen enorm profitiert. Nur wenn man Bildungseinrichtungen abseits der großen Städte schaffe, bleibe dort auch die Jugend. Und die ist laut Seehofer entscheidend dafür, dass sich eine Region entwickeln kann. „Experten sprechen hier vom sogenannten Klebeeffekt“, so der Ministerpräsident.

Außerdem soll am Klinikum Bayreuth die Ausbildung von Medizinern in Zusammenarbeit mit der Uni Erlangen ausgeweitet werden. Die Staatsregierung hofft, dass sich angehende Ärzte danach entscheiden, in Oberfranken sesshaft zu werden. So soll der drohende Ärztemangel abgemildert werden.

Gute Entwicklung


Insgesamt lobte er den Regierungsbezirk: „Die Entwicklung Oberfrankens stimmt uns glücklich. Es gibt hier gute Lebensperspektiven. Ich kenne da noch andere Zeiten.“ Auch Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU), die aus Bamberg stammt und somit laut Seehofer im Kabinett neben ihrem Fachressort auch für Oberfranken zuständig ist, freute sich über die positive Entwicklung ihrer Heimat: „Früher haben wir gejammert und sind nach München gefahren, weil wir a Geld brauchten – wofür war nicht so klar. Heute entwickeln wir Ideen und holen dafür Geld aus München.“

50.000 Jobs mehr


Oberfranken bewältigt nach Ansicht des bayerischen Kabinetts den industriellen Wandel und die Überwindung der staatlichen Teilung so erfolgreich wie keine andere Region. „Oberfranken hat heute TOP-Niveau. Ein Vierteljahrhundert nach dem Fall des Eisernen Vorhangs setzt die Region mit einer Arbeitslosigkeit von nur 3,4 Prozent und einer Jugendarbeitslosigkeit von gerade einmal 3,1 Prozent neue Bestmarken. Das schafft soziale Sicherheit. Die Menschen in Oberfranken haben die Herausforderungen mit Mut und Tatkraft gemeistert“, so Seehofer. In den vergangenen zehn Jahren habe die Region rund 50.000 (+ 15 Prozent) neue Arbeitsplätze hinzubekommen. Darum habe Oberfranken die besten Zukunftschancen. Die Staatsregierung unterstütze die Region mit aller Kraft. „Mit unserer Nordbayern-Initiative mit Leuchtturmprojekten für Wissenschaft und Forschung, unserer Heimatstrategie mit Behördenverlagerungen für hochwertige Arbeitsplätze, dem Breitbandausbau oder der Strukturpolitik gerade auch für Oberfranken als Schwerpunktregion – um nur einige zu nennen – stellen wir die richtigen Weichen für Wachstum und Arbeitsplätze, eine gute Zukunft für die Menschen und für eine hohe Lebensqualität“, erläuterte Seehofer.

Keine Region profitiert dem Ministerpräsidenten zufolge stärker von der Heimatstrategie. Ein klares Konzept bei der Bewältigung des demographischen Wandels und eine konsequente Umsetzung – all das zahle sich auch aktuell aus, mit über 900 öffentlichen Stellen und Studienplätzen, die in Oberfranken entstehen.

Forschung profitiert


So erhält das am 1. Januar 2016 gegründete, neue Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT) eine dauerhafte Finanzierung. Zudem werde ein dualer Bachelorstudiengang Denkmalpflege etabliert, der gemeinsam von der Uni Bamberg und der Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg getragen wird. Mit dem neuen Studiengang würden künftig auch heimische Handwerker in alten Restaurierungstechniken ausgebildet.
Auf Schloss Thurnau baut der Freistaat ein gemeinsam mit der Uni Bamberg getragenes Institut für Fränkische Landesgeschichte auf. Es werde in den ersten fünf Jahren mit Mitteln der Oberfrankenstiftung gefördert. Zusätzlich würden aus der Nordbayerninitiative je 100.000 Euro für drei Jahre bereitgestellt. Die Anschlussfinanzierung über die Anschubphase hinaus sei gesichert.

Die Hochschule für den öffentlichen Dienst in Hof profitiert vom Engagement der Staatsregierung besonders. Denn derzeit führt sie das größte Investitions- und Modernisierungsprogramm in der Geschichte dieser Hochschule durch. Hiervon profitieren vor allem die Standorte in Oberfranken. In Kronach entsteht eine neue Zweigstelle des Fachbereichs Finanzwesen. Der Fachbereich Rechtspflege wird von Starnberg nach Pegnitz verlagert. In Hof wurde der Fachbereich Allgemeine Innere Verwaltung um 280 Unterkunftsplätze und zwei Lehrsäle ausgebaut. Vier weitere Lehrsäle befinden sich im Bau. Auch das Lehrpersonal wird weiter aufgestockt.

Neue "Genussakademie Bayern"


Ebenfalls in den wissenschaftlichen Bereich gehört die neue „Genussakademie Bayern“, die in Kulmbach kurz vor ihrer Eröffnung steht. Zunächst werden bestehende Bildungs- und Qualifizierungsangebote für Genussbotschafter für Käse-, Wein, Bier- oder Edelbrand gebündelt und einheitliche Ausbildungsstandards geschaffen. Die Staatsregierung will zudem die Bildungs- und Qualifizierungsangebote auf Produkte wie Fleisch, Obst und Brot ausdehnen.

Bei der Verlagerung öffentlicher Stellen profitiert Oberfranken so stark wie kein anderer Regierungsbezirk. Besonders wichtige Projekte sind in Kulmbach die Ansiedlung der neuen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen Nordbayern, das Kompetenzzentrum für Ernährung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (20 Arbeitsplätze) und das Kompetenzzentrum Strahlenschutz des Landesamts für Umwelt (15 Arbeitsplätze), in Marktredwitz der Bau einer neuen Justizvollzugsanstalt (186 Arbeitsplätze) und des Kompetenzzentrums Förderprogramme der Landesanstalt für Landwirtschaft (60 Arbeitsplätze), das Naturflächenmanagement des Landesamts für Umwelt in Hof und die Geodaten-Gewinnung Bayern des Landesamts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in Hof (20 Arbeitsplätze), im Landkreis Bayreuth der Fachbereich Rechtspflege der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern (28 Arbeitsplätze, 300 Studienplätze) sowie in Kronach der Fachbereich Finanzwesen der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern (15 Arbeitsplätze, 200 Studienplätze). Bis Ende 2018 werden bereits 67 der insgesamt 418 Beschäftigten am neuen Dienstort tätig sein.

Ortskerne revitalisieren


Um gerade von Abwanderung geprägte Orte zu stärken und eine Trendumkehr herbeizuführen, setzt die Staatsregierung auf die Revitalisierung von Stadt- und Ortskernen in Oberfranken. Ziel der Nordostbayern-Offensive ist es, Leerstände zu verringern und Innenstädte noch attraktiver zu machen. 141 Projekte können noch in diesem Jahr starten. Allein für 2017 stehen 20 Millionen Euro aus Mitteln der Städtebauförderung für Projekte in den Landkreisen Hof, Kronach, Kulmbach, Tirschenreuth und Wunsiedel sowie in der kreisfreien Stadt Hof zur Verfügung. Die Städte und Gemeinden erhalten dafür einen Zuschuss von 90 Prozent. Auch im Bereich der Dorferneuerung ist die Offensive erfolgreich gestartet. Bei den Ämtern für Ländliche Entwicklung Oberfranken und Oberpfalz haben schon jetzt 55 Gemeinden 127 Projekte angemeldet.

Darüber hinaus wird der sogenannte Aktionsplan Bayreuth umgesetzt. Zur Stärkung des Wirtschaftsraumes tragen von der Staatsregierung geförderte Projekte wie das Institut für Entrepreneurship und Innovation (Institut E&I), das Kommunale Gründerzentrum Bayreuth (KGZ Bayreuth), das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk oder das Textilforschungsinstitut Hof bei. Ein besonderer Impuls soll von der Stadthalle Bayreuth ausgehen, die saniert und zu einem zeitgemäßen Kulturzentrum mit multifunktionaler Nutzung umgebaut wird. Der Freistaat Bayern trägt zur Sanierung voraussichtlich 35 Millionen Euro bei.

Verkehrsprojekte realisieren


Auch die Verkehrsinfrastruktur erhält Schub vom Freistaat. Im Bereich der Bundesautobahnen soll von 2019 bis 2024 der sechsstreifige Ausbau der A 3 vom Autobahnkreuz Biebelried bis zur Main-Donau-Kanalbrücke als ÖPP-Projekt realisiert werden. Auf der A 70 sind Fahrbahnerneuerungen, auf der A 73 nachträgliche Lärmschutzmaßnahmen geplant. Bei den Bundesstraßen haben für den Ausbau der B 4 in Coburg die Planungen begonnen. Auf der B 85 wurde der Knotenpunkt mit der B 173 südlich Kronach zu einem Kreisverkehr umgebaut. Insgesamt wird mit dem Ausbau der B 173 eine bessere Anbindung des Landkreises Kronach verwirklicht. Auf der B 289 haben die Arbeiten für die rund 96 Millionen Euro teure Ortsumgehung Kulmbach/Ost-Untersteinach begonnen. Auch der Ausbau der B 303 mit der Ortsumgehung Schirnding bis zur tschechischen Grenze kommt voran. Im Bereich der Staatsstraßen enthält der Ausbauplan für Oberfranken als erste Dringlichkeit 27 Maßnahmen mit einem Volumen von rund 113 Millionen Euro.

In drei Stunden nach Berlin


Laut Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) profitiert Oberfranken dank mehrerer Strecken im „Vordringlichen Bedarf“ besonders vom Ausbau des Schienenverkehrs. Die acht Milliarden Euro teure ICE-Strecke Nürnberg–Erfurt (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8.1) geht am 8. Dezember 2017 in Betrieb. „Dann kann man von Nürnberg in drei Stunden nach Berlin fahren- eine echte Alternative zum Fliegen“, so Huber. Vom ICE-Knoten Bamberg und dem neuen ICE-Halt Coburg aus seien dann München, Berlin und weite Teile Ostdeutschlands deutlich schneller zu erreichen. Auch der Nahverkehr zwischen Nürnberg und Coburg werde um eine halbe Stunde schneller. Voran gehe es auch beim Ausbau der Franken-Sachsen-Magistrale Nürnberg – Marktredwitz – Hof/Grenze D-CZ. Für den Streckenabschnitt Nürnberg – Marktredwitz laufe die Vorplanung, die Abschnitte Hof – Marktredwitz und Marktredwitz – deutsch/tschechische Grenze sind laut Huber bereits in der Entwurfs- und Genehmigungsplanung. Mit der Elektrifizierung zwischen Hof und Marktredwitz soll dem Staatskanzleichef zugleich eine Alternativroute für den Schienengüterverkehr zu den Nordseehäfen innerhalb des europäischen TEN-Kernnetzes entstehen. Damit werde Hof zum Güterverkehrszentrum.

Tourismus fördern


Laut Huber unterstützt der Freistaat außerdem den Luftverkehrsstandort Hof, den Bau eines neuen Verkehrslandeplatzes in Coburg, das Pilotprojekt „Einsatz von Elektromobilität im ländlichen Raum“ in Hof sowie zahlreiche Verkehrsprojekte im kommunalen Bereich. Oberfranken rücke durch diese Verbesserungen bei der Mobilität noch näher an die Metropolregionen heran und werde so auch als Standort noch attraktiver.

Da Bayern ein sehr beliebtes Urlaubsland ist, sieht die Staatsregierung den Tourismus in Oberfranken als einen bedeutenden Standortfaktor an. Der Ministerrat unterstützt deshalb Pläne der Region, weitere Anziehungspunkte für Ausflüge und Unternehmungen zu schaffen. So soll das Höllental als touristisches Highlight im Landkreis Hof durch zwei Hängebrücken zwischen der Burg Lichtenberg und dem Gemeindegebiet Issigau noch anziehender werden. Außerdem sollen eine Mountainbike-Basisstation und eine sogenannte Tubing-Bahn den Kornberg weiter aufwerten. Falls sich für die Projekte keine privaten Investoren fänden, wäre der Freistaat bereit, finanzielle Hilfe durch Fördermittel zu leisten.
(Ralph Schweinfurth)

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