Wirtschaft

Es muss nicht unbedingt eine neue Kasse angeschafft werden. (Foto: dpa)

19.01.2017

Verwirrung ums Bezahlen

Noch immer gibt es keine Pflicht für Registrierkassen

In helle Aufregung sind viele Geschäftsinhaber versetzt worden. Sie müssten neue Kassen anschaffen oder ihre bisherigen Geräte umrüsten, wurde ihnen von Anbietern solcher Produkte mitgeteilt. Grund: Es gibt neue gesetzliche Vorschriften. Sie sollen den Finanzbehörden besseren Einblick verschaffen und Steuerhinterziehung verhindern. Denn bei Barzahlungen wird viel Manipulation vermutet.

Zahlreiche Ladenbetreiber haben deshalb inzwischen neue Kassen angeschafft oder ihre bisherigen Geräte auf die neuen Anforderungen umstellen lassen. Das kostet in der Regel ein paar tausend Euro. Manch einer will wegen der neuen Vorschriften sogar sein Geschäft aufgeben.

So ein Fall ist ein kleiner Handarbeitsladen in Tutzing am Starnberger See: Die Inhaberin Ulrike Stadler, die demnächst 65 wird, hatte ohnehin zu kämpfen, weil ihr die Online-Konkurrenz kräftige Umsatzeinbußen beschert hat. Trotzdem wollte sie eigentlich noch ein paar Jahre weitermachen. Aber die Kassenregelung hat sie umgestimmt. 3000 Euro hätte sie investieren müssen, sagt sie: „Das war der Zünder für das Pulverfass.“ Zu Ostern will sie ihren Laden schließen.

Dabei sind die neuen Regeln gar nicht so eindeutig. Zwar steht in einer Mitteilung des Bundesfinanzministeriums: „Elektronische Registrierkassen müssen künftig über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen.“ Es werden auch gleich „harte Kontrollen durch die Finanzämter“ ankündigt und für den Fall von Verstößen Geldbußen bis 25 000 Euro androht. Doch an anderer Stelle werden klare Einschränkungen gemacht – auf die aber wiederum Geschäftsbetreiber von ihren Kassenlieferanten offenbar nicht immer hingewiesen werden.

Das Geld kann auch in einer offenen Ladenkasse verwahrt werden

Eine allgemeine Registrierkassenpflicht sieht das neue Gesetz jedenfalls nicht vor. Das Geld kann auch in einer offenen Ladenkasse verwahrt werden, bestätigt Ministeriumssprecher Dr. Jürgen Weißgerber: „Hinsichtlich der täglichen Erfassung der Kasseneinnahmen und Kassenausgaben wird gesetzlich nicht näher geregelt, wie die Aufzeichnungen im Einzelnen zu führen sind.“ Allerdings müssten die Bareinnahmen „nachvollziehbar dokumentiert und überprüfbar“ sein.

Als unzumutbar gilt eine „Einzelaufzeichnung“ besonders dann, „wenn in Einzelhandelsbetrieben Waren von geringen Wert an eine unbekannte Vielzahl von nicht bekannten Personen verkauft werden“. Wo schon eine elektronische Kasse betrieben wird, muss sie allerdings den neuen Regeln entsprechen – die etwas älteren Vorschriften aus dem Jahr 2010 sind schon wieder überholt.

Die Folgen wirken wie ein Konjunkturprogramm für die Kassenbranche: 2,1 Millionen Geräte sind nach Angaben des Bundesfinanzministeriums betroffen. 1,7 Millionen von ihnen müssten ausgetauscht, der Rest umgerüstet werden. Die Gesamtkosten dafür in der Wirtschaft schätzt das Ministerium auf 470 Millionen Euro.

Die Verwirrung vieler Geschäftsbetreiber ist nach wie vor nicht beendet. Denn wie das alles genau ist, wer was für eine Kasse braucht oder auch nicht, das ist nirgends genau definiert. Und wichtige Entscheidungen hängen letztlich vom jeweiligen Finanzamt ab – so zum Beispiel, ob es für einen Laden eine „Belegausgabepflicht“ gibt. Eine Ausnahme von dieser Regel kann erteilt werden, „wenn in Einzelhandelsbetrieben Waren von geringen Wert an eine unbekannte Vielzahl von nicht bekannten Personen verkauft werden“, so das Finanzministerium. Ob ein Grund für eine solche Ausnahme gesehen wird, das stehe im „pflichtgemäßen Ermessen“ der Behörde.

Zahlreichen Firmeninhabern ist das offenkundig alles viel zu unsicher. Sie gehen lieber auf Nummer sicher und schaffen neue Kassen an – oder sie geben ihr Geschäft auf. (Lorenz Goslich)

Kommentare (1)

  1. OktoPOS am 18.02.2017
    Es sollte darauf hingewiesen werden, dass es kein neues Gesetz gibt, das zum 1.1.2017 Wirkung entfaltet hat. Es geht hier vielmehr um die GoBD (Grund­sät­ze zur ord­nungs­mä­ßi­gen Füh­rung und Auf­be­wah­rung von Bü­chern, Auf­zeich­nun­gen und Un­ter­la­gen in elek­tro­ni­scher Form so­wie zum Da­ten­zu­griff), deren Übergangsfristen zum 1.1.2017 ausgelaufen sind.

    Die GoBD sind kein Gesetz, sondern entstammen einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums. Es dürfte jedoch davon auszugehen sein, dass die Gerichte in Deutschland zumindest bestimmte Teile der GoBD als Voraussetzung für die Konformität mit der Abgabenordnung ansehen werden.

    Die GoBD sind tatsächlich unpräzise gehalten. Es gilt jedoch als sicher, dass Registrierkassen seit dem 1.1.2017 ein unveränderbares und exportierbares elektronisches Buchungsjournal führen müssen. Auch müssen die Änderungen der Stammdaten dokumentiert werden.

    Damit sind alle Registrierkassen, die nicht über einen elektronischen Datenexport verfügen nicht mehr konform mit der Abgabenordnung und müssen per 1.1.2017 stillgelegt worden sein.

    Eine Sicherheitseinrichtung wird erst ab 2020 im Rahmen des GSMdG (Gesetz zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen) nötig sein. Die Anforderungen hierfür liegen jedoch noch nicht vor, daher kann zum heutigen Zeitpunkt auf kein Kassenanbieter eine fertige Lösung oder einen Lösungsansatz bieten.

    Tipp: Lassen Sie sich beim Kassenkauf von Ihrem Kassenanbieter schriftlich bestätigen, dass sein System durch Updates / Upgrades GSMdG konform sein wird.

    Bodo v. Laffert
    OktoPOS
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