Wirtschaft

Für die Sparkassen, nach Siemens und BMW der drittgrößte Arbeitgeber in Bayern, zähle nicht nur die Rendite, sondern immer auch die Verpflichtung zum Gemeinwohl. (Foto: Stadtsparkasse München)

25.03.2011

Vom Aufschwung beflügelt

Bayerns Sparkassen steigern Kredite und Gewinn

Hatten Bayerns Sparkassen im Frühjahr 2010 noch gemeint, auf Stabilität in schwankenden Zeiten hinarbeiten zu müssen, so konzentrieren sie sich jetzt, wie Theo Zellner, Präsident des Sparkassenverbandes Bayern, in der Jahrespressekonferenz erläuterte, im Zeichen eines robusten Aufschwungs auf nachhaltiges Wachstum. Dementsprechend konnte er für die 73 bayerischen Sparkassen ein solides und stabiles Ergebnis mit einem addierten Jahresüberschuss von 500 Millionen Euro vorlegen.
Mehr als die betriebswirtschaftlichen Details standen aber zunächst bankpolitische Fragen im Mittelpunkt des Interesses. So hieß es zur Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landesbank (BLB), an der Bayerns Sparkassen nach ursprünglich einmal mit 50 Prozent nur noch mit 4 Prozent beteiligt sind, es gebe keine wesentlichen Änderungen. Man ergänze sich gut im Konsortialgeschäft, beim Auslandskredit, im Wertpapiergeschäft oder bei der gewerblichen Immobilienfinanzierung. Eine Aufstockung der Beteiligung sei nicht beabsichtigt. Zellner: „Ich setze nicht auf Anteile.“ Auch sei man gegen vertikale Fusionen, Landesbank und Sparkassen müssten selbstständig bleiben. Man hoffe aber, dass die Stillen Einlagen der Sparkassen „eher als geplant“ von der BLB wieder verzinst würden. Auf Nachfrage teilte Zellner mit, dass der Verband zusammen mit dem Freistaat zwar an der völligen Aufklärung der Vorgänge bei der BLB um den Erwerb der Kärntener Hypo Alpe Adria interessiert sei, aber gegen den früheren Verbandspräsidenten Siegfried Naser nicht auf Schadenersatz klagen werde.
Andererseits sind die Sparkassen in Deutschland aber an der mehrheitlichen Übernahme („möglichst zu mindestens 75 Prozent“) der DekaBank (Bilanzsumme 137 Milliarden Euro, gemanagtes Fondsvermögen 104 Milliarden Euro) interessiert, die bisher je zur Hälfte den Sparkassen und den Landesbanken gehört. In Bayern soll jede einzelne Sparkasse über die Teilnahme an dem Erwerb von Anteilen entscheiden. Der Verband sei einstimmig für diesen strategisch wichtigen Schritt, sagte Zellner. Noch heuer dürfte die Entscheidung fallen.
Der Verband gibt keine Empfehlungen zu Fusionen
Starkes Interesse zeigen Bayerns Sparkassen auch an der BLB-Tochter Bayerische Landesbausparkasse (LBS), „denn die Übernahme liegt in der Natur der Sache, nachdem deren Bausparverträge zu 85 Prozent von den Sparkassen vertrieben werden“. Bayern sei das einzige Bundesland, in dem die Landesbausparkasse nicht bei den Sparkassen angebunden sei. Über Fusionen von Sparkassen müssten die Institute vor Ort entscheiden. Der Verband gebe dazu keine Empfehlungen, werde aber auf Anfrage beratend tätig. Größe sei bei Fusionen kein Merkmal für Ertragskraft. Auch komme es darauf an, dem Regionalprinzip treu zu bleiben. Derzeit steht nur die Fusion der Sparkassen Regensburg, Schwandorf und Oberpfalz Nord an.
Ähnlich wie der Genossenschaftsverband Bayern, der die Volks- und Raiffeisenbanken vertritt, wendet sich auch der Sparkassenverband gegen „die zahlreichen neuen Regeln beim Verbraucherschutz, dem wir uns schon aus Eigeninteresse verpflichtet fühlen“. Es gebe durch das vorgeschriebene umfangreiche Informationsmaterial und die Beratungsprotokolle zu viel Bürokratie. Während die 300 000 Berater der Kreditinstitute von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einzeln erfasst werden müssten – Zellner: „eine rein deutsche Lösung!“ –, kümmere sich um den grauen Kapitalmarkt kaum jemand. So sollen die freien Finanzagenten von der kommunalen Gewerbeaufsicht beaufsichtigt werden. Deren Kernkompetenz liege aber ganz gewiss nicht in der Beaufsichtigung von Finanzagenten, stellte der ehemalige Landrat Zellner fest.
Mit Befriedigung sieht der Sparkassenverband, dass die Institutssicherungssysteme der Sparkassen und auch der Genossenschaftsbanken vermutlich erhalten bleiben. Die EU-Parlamentarier hätten sich inzwischen weit von den ursprünglichen Ansätzen der EU-Kommission für eine Neufassung der Einlagensicherungsrichtlinie entfernt. Bei der anstehenden Bankenregulierung müsse man sich mehr an der Risiko-Ausrichtung und Größe der einzelnen Kreditinstitute orientieren und stärker unterscheiden zwischen stabilen Banken und solchen, die durch Größe und spektakuläres Geschäftsgebahren ein Stabilitätsrisiko werden könnten. Der Gesetzgeber müsse die Neuregelungen noch einmal überprüfen.
In Bayern sehen sich die Sparkassen als Wachstumspartner und Mittelstandsfinanzierer Nummer eins und Marktführer bei der Vermittlung zinsgünstiger Fördermittel aus den Töpfen der KfW Bankengruppe, der LfA Förderbank Bayern sowie der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Die Sparkassen begleiteten 2010 mit zirka 1500 abgeschlossenen Finanzierungen für neue Unternehmen jede zweite Existenzgründung im Freistaat. Für die Firmenkunden findet am 26. Mai die inzwischen neunte Unternehmerkonferenz der Sparkassen-Finanzgruppe in Nürnberg unter dem Motto „Stark im Aufschwung“ statt.
Die addierte Bilanzsumme der 73 Sparkassen ist im Berichtsjahr um 2,1 Prozent auf 171,1 Milliarden Euro gestiegen, vor allem durch das Plus im Kundengeschäft. Die Kundeneinlagen legten um 2,3 Prozent auf 132,8 Milliarden Euro zu. Das Kreditvolumen stieg um 4,3 Prozent auf 102,3 Milliarden Euro, wobei die Unternehmenskredite sogar um 5,7 Prozent auf gut 51 Milliarden Euro zunahmen. Dazu Vizepräsident Rudolf Faltermeier: „Bei uns hat es niemals eine Kreditklemme gegeben. Kreditklemme ist ein Fremdwort für die Sparkassen.“ Einen wesentlichen Anteil an der Kreditvergabe hatten Immobilien- und Wohnbaukredite, „ein Kernprodukt der Sparkassen“. Konsumentenkredite können die Sparkassen künftig auch vergeben als Provisionsprodukt der neu gegründeten S-Kreditpartner GmbH, eines Joint-Ventures der Deutschen Leasing und der Landesbank Berlin, in dem das Auto- und Konsumentenkreditgeschäft gebündelt ist.
500,3 Millionen Euro Jahresüberschuss
All diese Aktivitäten haben dank eines Zinsüberschusses von 3,9 (Vorjahr: 3,7) Milliarden Euro (+ 4,3 Prozent) und eines Provisionsüberschusses von 1,02 Milliarden Euro (+ 6,9 Prozent) sowie einer Senkung der Aufwands-/Ertrags-Relation (CIR) auf hervorragende 59,8 (62,9) Prozent zu einem Betriebsergebnis vor Bewertung von 1,96 (Vorjahr: 1,75) Milliarden Euro und schließlich zu dem erwähnten Jahresüberschuss von 500,3 (287,3) Millionen Euro geführt. Er wird vor allem zur Stärkung des Eigenkapitals verwendet. Mit einer Kernkapitalquote von 10,7 Prozent und einem Gesamt-Eigenkapital von 16,2 Prozent liegen Bayerns Sparkassen weit oberhalb der von der BaFin vorgegebenen Mindestquote von 4 bzw. 8 Prozent. Für Zellner ist der deutlich spürbare Rückgang der Aufwendungen für die Kreditvorsorge eines der bemerkenswertesten Ergebnisse des vergangenen Jahres.
Für die Sparkassen, nach Siemens und BMW der drittgrößte Arbeitgeber in Bayern, zähle nicht nur die Rendite, sondern immer auch die Verpflichtung zum Gemeinwohl, sagte Zellner. 2010 hätten Bayerns Sparkassen 74,3 (Vorjahr: 61,8) Millionen Euro für gemeinnützige Zwecke über 103 bayerische Sparkassenstiftungen, die überregional arbeitende Sparkassenstiftung und die Sportjugendstiftung bereitgestellt. Das sei mehr als eine Million Euro jede Woche. Derzeit wird die Einrichtung einer Kinder-Palliativ-Station in München-Großhadern gefördert.
Zwar habe das Jahr 2011 gut begonnen und man sei auch vorsichtig optimistisch, doch eine Prognose für das Gesamtjahr wollten die Verbandsvorstände nicht abgeben. Die Entwicklung der Rohstoff- und Energiepreise sowie die Zinsentwicklung seien zu ungewiss. Möglicherweise werde es nach Äußerungen der Europäischen Zentralbank zu verhaltenen Zinserhöhungen in drei kleinen Schritten um je 0,25 Prozent kommen. Presseveröffentlichungen sei zu entnehmen, dass dies Ende April beginnen könne. Aber festlegen wollte sich der Sparkassenverband angesichts der jüngsten weltpolitischen Entwicklungen darauf nicht.
Zum Schluss eine Mitteilung für Online-Banking-Kunden: Die bisherigen iTANS werden auf chipTAN oder wahlweise auf smsTAN im Laufe des Jahres umgestellt, soweit noch nicht geschehen.
(Hans-Gerd Heine)

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