Wirtschaft

Blick ins Innere des neuen Wärmespeichers in Nürnberg, der einmal 70 Meter hoch sein soll und einen Durchmesser von 26 Metern haben soll. Zirka 33.000 Kubikmeter Wasser wird er fassen. Darum gibt es in ihm riesige Leitungen. Über sie kann man den Speicher mit Wasser befüllen beziehungsweise entleeren. Derzeit entsteht das Dach des Wärmespeichers. Im Sommer dieses Jahres soll er fertig sein. (Foto: Schweinfurth)

31.01.2014

Wärmespeicher nimmt Gestalt an

Deutschlandweites Vorreiterprojekt wird in Nürnberg realisiert

Die Bauarbeiten für den Wärmespeicher der N-ERGIE AG am Kraftwerksstandort Nürnberg-Sandreuth liegen voll im Zeitplan. „Langsam wird den Menschen bewusst, dass hier etwas passiert“, sagt Normann Villnow, Geschäftsführer der N-ERGIE Kraftwerke GmbH. Nach Erdaushub, Bohrpfahlarbeiten und der Fertigstellung der Bodenplatte wird jetzt das Dach des Speichers montiert. Ab April dieses Jahres soll der Speicher dank eines innovativen Bauverfahrens bis zum Sommer 2014 rund 70 Meter hoch in den Himmel wachsen.
„Wir bauen den Speicher, um unser Kraftwerk, das Strom und Wärme erzeugt, flexibler einsetzen zu können“, erklärt Villnow. Denn durch den neuen Speicher (rund 70 Meter hoch, etwa 26 Meter Durchmesser und zirka 33.000 Kubikmeter Wasser) kann die Strom- von der Wärmeerzeugung zeitlich entkoppelt werden. Wenn mehr Strom erzeugt werden muss, weil zum Beispiel wenig Strom aus erneuerbaren Energien verfügbar ist, fährt das Kraftwerk, das mit Erdgas und Biomasse befeuert wird, die Leistung hoch. Die dabei entstehende überschüssige Wärme wird in den Speicher geladen – umso mehr, je geringer der aktuelle Bedarf im Nürnberger Fernwärmenetz ist. Wird dagegen viel Ökostrom ins Netz eingespeist, drosselt man die Kraftwerksleistung. Die notwendige Fernwärmeversorgung kann dann über die Entladung des Wärmespeichers erfolgen. Denn im geladenen Zustand kann er eine Wärmemenge von rund 1500 Megawattstunden zwischenspeichern.
„Wir werden 113 Grad heißes Wasser speichern“
„Der Speicher wird als Zwei-Zonen-Speicher gebaut und das ist neu in Deutschland“, erklärt Projektleiter Wolfgang Morgenstern von der N-ERGIE Kraftwerke GmbH. Der Vorteil gegenüber eines üblichen Ein-Zonen-Speichers, die nur mit einer Temperatur von etwa 98 Grad arbeiten, erlaube der Zwei-Zonen-Speicher die Pufferung von über 100 Grad heißem Wasser. „Wir werden 113 Grad heißes Wasser speichern“, sagt Morgenstern.
„Der Speicher funktioniert im Prinzip wie ein Schnellkochtopf“, illustriert Geschäftsführer Villnow die Funktionsweise. Oberhalb der großen Zone mit dem 113 Grad heißen Wasser befindet sich eine weitere Zone mit Wasser, das unter 90 Grad hat. „Das wirkt wie ein Deckel, der von oben drückt“, so Villnow. Darum könne im Hauptspeicher auch kein Wasserdampf entstehen, obwohl die Temperatur über 100 Grad geht. „Im Speicher herrscht ein Druck von 0,8 bar“, erklärt Villnow. Der obere Speicher, also der „Deckel“, ist mit einem Stahlboden und einer speziellen Isolierung vom eigentlichen Speicher abgetrennt.
Damit der Speicher sicher steht, wurden 58 Betonpfähle (1,2 Meter stark) hergestellt und bis zu 13 Meter tief in die Erde gebohrt. Die Bodenplatte ist rund 1,3 Meter dick und wurde mit einer 24 Zentimeter dicken Isolierung versehen und asphaltiert.
Generalunternehmer für den Bau des Speichers ist die Bilfinger VAM Anlagentechnik GmbH aus dem österreichischen Wels, einem 100-prozentigen Tochterunternehmen der Bilfinger SE (bis Herbst 2012 firmierte das Unternehmen als Bilfinger Berger), dem internationalen Engineering- und Servicekonzern für Industrieanlagen, Kraftwerke, Immobilien und Infrastruktur aus Mannheim. „Bis zur Fertigstellung des Speichers werden wir etwa 1200 Tonnen Stahl, 200 Tonnen Rohrleitungen, 800 Kubikmeter Beton für die Pfähle und die Bodenplatte sowie rund 3000 Kubikmeter Isoliermaterial verbaut haben“, sagt Bernhard Fuchs, Projektleiter von Bilfinger VAM. Er betont, dass der Nürnberger Speicher bereits der siebzehnte ist, den sein Unternehmen baut. Aktuell würden von Bilfinger VAM auch ähnliche Speicher in Dienen in den Niederlanden, in Bochum, in Mannheim und im italienischen Bruneck entstehen.
Für das eigentliche, innovative Bauverfahren werden laut Fuchs im April Fachleute vom schwedischen Unternehmen Midroc Rodoverken aus Stenungsund (50 Kilometer nördlich von Göteborg) anreisen. Sie sorgen dann dafür, dass das momentan 12 Meter hohe „Dachgeschoss“ des Speichers sich „langsam nach oben schraubt“. Hierzu wird das „Spiralmontageverfahren“ angewendet. Das Dach wird hydraulisch angehoben und dann laufend gedreht. Gleichzeitig wird die Außenwand des Speichers wie eine Spirale abschnittsweise seitlich eingezogen und verschweißt.
Überschüssigen Strom in Wärme umwandeln
Im Frühjahr folgt der Einbau zweier Elektroheizer mit einer elektrischen Leistung von je 25 Megawatt. Diese haben die Aufgabe, überschüssigen Strom in Wärme umzuwandeln und in den Speicher zu leiten. Voraussichtlich im Sommer 2014 wird der fertige Behälter innerhalb von 50 Tagen mit 33 Millionen Liter Wasser befüllt. Für Ende des Jahres ist der Probebetrieb geplant.
Damit im Fall eines Falles diese gewaltige Wassermenge nicht Teile Nürnbergs überschwemmt, wird eine Art Wanne um den Speicher herumgebaut. Auf diese Weise kann auslaufendes Wasser kontrolliert abgeleitet werden.
Der Speicher ermöglicht nicht nur ein „flexibleres Fahren des Kraftwerks“ in Nürnberg-Sand-reuth. „Wir können auch die Energieeffizienz heben“, so Geschäftsführer Villnow. Denn die Druckhaltung im Nürnberger Fernwärmenetz wird künftig nicht mehr über Elektropumpen sichergestellt, sondern über den Wasserdruck, den der Speicher erzeugt. „Das spart einige Gigawattstunden Strom im Jahr“, ist sich Villnow sicher.
Insgesamt schlägt das Projekt inklusive der Elektroheizer mit rund 17 Millionen Euro zu Buche. „Über die Kraft-Wärme-Kopplung in dieser Anlage können wir 30 Prozent der förderfähigen Kosten vom Bund erstattet bekommen“, erläutert Villnow der Staatszeitung. Der Nürnberger Wärmespeicher wird einer der modernsten und höchsten in Europa sein.
(Ralph Schweinfurth)

Kommentare (1)

  1. sfinnz am 23.06.2016
    wie ist es möglich, dass in dem Speicher nur 0.8 bar herrschen?

    „Im Speicher herrscht ein Druck von 0,8 bar“, erklärt Villnow.

    Damit lässt sich sicherlich nicht die beschriebene Druckhaltung im Fernwärmenetz realisieren.

    70 m Wassersäule im Speicher sollten am Boden zu ca. 7 bar Druck führen
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