Wirtschaft

Nicht selten laufen bei Bauprojekten die Kosten aus dem Ruder. (Foto: Schweinfurth)

19.07.2013

Wie man Kostensteigerungen am Bau vermeidet

Mit einem speziellen Versicherungsportfolio kann man das Risiko managen

Die Delfinlagune im Nürnberger Tiergarten wurde 30 Prozent teurer als geplant. Die Elbphilharmonie in Hamburg sprengt ebenfalls den ursprünglichen Kostenrahmen. Und der Kostenexplosion bei Bauprojekten die Krone setzt der neue Berliner Großflughafen auf. Damit derartige Projekte nicht aus dem Ruder laufen, ist ein professionelles Risikomanagement nötig. Der Spezialversicherungsmakler Funk aus Hamburg mit Filialen in Bayern bietet einen entsprechenden Service für größere und komplexe Bauprojekte ab einer geschätzten Bausumme von 20 Millionen Euro. „Denn gerade sie benötigen eine klare, übergreifende und adressatenspezifische Versicherungsstruktur“, erklärt Dirk Berthold, Prokurist bei Funk, der Staatszeitung.
In der Vergangenheit deckte der Bauherr vor Beginn des Bauprojektes nur sein spezielles Bauherrenrisiko durch Abschluss einer Bauherren-Haftpflicht-Versicherung und im Einzelfall das Risiko der unvorhergesehenen Sachschäden an der Bauleistung durch Abschluss einer Bauleistungs-Versicherung ab, so Berthold. Alle am Bau beteiligten Auftragnehmer, also Architekten, Ingenieure, Bauunternehmer, Handwerker, Projekts teuerer etc. hätten ihren eigenen Haftpflicht-Versicherungsschutz.
„Ein derartiges Risikomanagement, das vielleicht bei kleineren und standardisierten Bauprojekten noch hinnehmbar sein mag, weist bei größeren, komplexen Bauprojekten eine Vielzahl von Unzulänglichkeiten auf“, so Berthold. Diese ergeben sich Berthold zufolge zum Teil aus der Tatsache, dass der Versicherungsschutz von Vertrag zu Vertrag variiert. Risikospezifische Gegebenheiten würden im Rahmen des Versicherungsschutzes keine hinreichende Beachtung finden. „Die Haftpflicht-Versicherer der Auftragnehmer vertreten zwangsläufig ausschließlich die Interessen ihres Versicherungsnehmers und berücksichtigen solche des Bauherrn, Developers, Projektmanagers oder Generalübernehmers nicht.“
Langwierige Schadenabwicklung
Kommt es zum Versicherungsfall, sei die Schadenabwicklung nicht selten langwierig und kompliziert. Denn die einzelnen Versicherer würden um ein Mitverschulden anderer Auftragnehmer und um die Quote des jeweiligen Schadenverursachungsbeitrags streiten. „Dem Auftragnehmer fehlt es in dieser Situation an Einfluss“, erläutert Berthold. Bei Großschäden mit mehreren potenziellen Verursachern helfe dem Auftraggeber häufig nur ein Beweissicherungsverfahren. „Das führt aber häufig zu einem beträchtlichen Baustillstand und damit zu erhöhten Baukosten und ebenso zu Mehrkosten durch Mietverluste und Zinsschäden.“
Meist habe der Auftraggeber nicht einmal den Überblick über die Vertragssituation, da er mit dem tatsächlich bestehenden Versicherungsschutz der einzelnen Auftragnehmer nicht vertraut ist, gibt Berthold zu bedenken. So könne sich nach Eintritt eines Versicherungsfalls herausstellen, dass beispielsweise die Versicherungssummen bei einer Haftpflicht-Versicherung zu niedrig bemessen waren oder sie schon aufgrund von Versicherungsfällen an anderen Bauprojekten verbraucht sind oder dass Obliegenheiten und Mitwirkungspflichten des einzelnen Versicherungsnehmers nicht erfüllt werden, was zur Leistungsfreiheit der Versicherer führen könne.
Unkontrolliertes Nebeneinander
„Das unkontrollierte Nebeneinander verschiedener Versicherungsverträge führt in aller Regel zu einer Vielzahl von Deckungslücken“, warnt Berthold. Um dies zu beseitigen, wurde für den Auftraggeber vom Versicherungsmakler Funk die spartenübergreifende BauRisk-Versicherung entwickelt. Entscheidend hierbei ist Berthold zufolge, dass der Auftraggeber Versicherungsnehmer und einziger Vertragspartner des Versicherers ist. Der Auftraggeber bestimme den Inhalt des Versicherungsschutzes, habe die vertraglichen Obliegenheiten inne und sei Adressat der Versicherungsleistung und damit eventueller Entschädigungszahlungen.
Die BauRisk-Versicherung zeichnet sich laut Berthold dadurch aus, dass alle am Bau beteiligten Auftragnehmer (Mit-)Versicherte sind. Statt einer Vielzahl von Versicherern gebe es nur einen Versicherer und Ansprechpartner. Es werde ein adressaten- und objektspezifischer Versicherungsvertrag über alle Risiken und Versicherungssparten geschlossen. Dieser beinhaltet Berthold zufolge die Bauleistungs-Versicherung, die Bauherren-Haftpflicht-Versicherung, die Betriebs- und Umwelt-Haftpflicht-Versicherung (für die Bauunternehmen), die Berufs-Haftpflicht-Versicherung (für die Planer, Architekten, Ingenieure, Projektsteuerer etc.) und die Umweltschaden-Versicherung.
Die Vorteile der spartenübergreifenden Versicherungskonzeption bei größeren Bauprojekten sind vielfältig. Hier ein grober Überblick:
1. Beachtung projektspezifischer Gegebenheiten: Jedes Bauprojekt, jede Grundstückssituation ist verschieden. Dieser Tatsache muss die Versicherungsvertragsgestaltung Rechnung tragen. Die speziellen Gegebenheiten beim Tiefbau, die Fassadenkonstruktion, die Nachbarbebauung, die Grundwasserverhältnisse, mögliche Altbauten, infrastrukturelle Maßnahmen oder die gegenseitige Einwirkung einzelner Gebäude oder Gebäudeteile sind zu beachten. 2. Spartenübergreifende Versicherungsvertrags-Konzeption: Durch die Abstimmung der einzelnen Risikosparten werden Deckungslücken vermieden. Ein Versicherer hat zu leisten, der Versuch eines Versicherers, den Schaden auf andere Versicherer abzuwälzen (Stichwort „Mitverschulden“) oder ein Streit zwischen verschiedenen Versicherungssparten (beispielsweise zwischen Bauleistungs- und Betriebs-Haftpflicht-Versicherung des Bauunternehmers und/oder Berufs-Haftpflicht-Versicherung des Architekten oder Bauleiters) entfällt. 3. Versicherungsleistung: Der Versicherungsschutz ist einheitlich und im Vergleich zu standardisierten Versicherungsverträgen der Auftragnehmer erheblich erweitert. Die (um ein Vielfaches höheren) Versicherungssummen, der Selbstbehalt und einzelne außergewöhnliche Deckungserweiterungen werden vom Auftraggeber risikogerecht bestimmt. Zum Teil werden Gefahren durch das „Kumulrisiko“ erst versicherbar (beispielsweise nachbarschaftsrechtliche Ansprüche, weitreichende Altbaudeckungen, Eigenschäden bei Sondervorschlägen mit Planung und Bau aus einer Hand). 4. Auftraggeber als alleiniger Versicherungsnehmer: Im Mittelpunkt des Versicherungsschutzes steht das Gesamtprojekt und nicht die einzelne Leistung bzw. die Haftung des einzelnen Auftragnehmers. Die Gefahr-/Risikotragung des Auftraggebers ist der Ausgangspunkt der Versicherungskonzeption. Seine Versicherungsnehmerposition verschafft ihm die Gewissheit über den tatsächlich bestehenden, lückenlosen Versicherungsschutz sowie eine adäquate Position gegenüber dem Versicherer und gegenüber den Auftragnehmern. Der Auftraggeber wählt seinen Versicherungspartner selbst. 5. Kosten: Die Risikoakkumulation und die Synergieeffekte reduzieren die gesamten Versicherungskosten eines Bauprojekts. Die Versicherungskosten werden mittels einer Umlage an die Auftragnehmer weitergegeben. Bezüglich des über den Auftraggeber versicherten Objekts ruhen die bestehenden (Jahres-)Versicherungsverträge der Auftragnehmer, sodass auch für die Auftragnehmer keine finanziellen Nachteile entstehen. 6. Geringer Verwaltungsaufwand: Für den Auftraggeber entfällt das aufwendige Überprüfen des nachgewiesenen Haftpflicht-Versicherungsschutzes der Auftragnehmer. 7. Schadenabwicklung: Kontrollierte Schadenmeldung und koordinierte Schadenbegleitung ermöglichen ein effektives Schadenmanagement. Nicht nur im Fall einer Bauunterbrechung können Zeit und Kosten gespart werden. 8. Risikowandlung: Die Dauer des Versicherungsschutzes wird nicht durch die Fertigstellung der einzelnen Leistung des Auftragnehmers, sondern durch die Gesamtfertigstellung des Bauprojektes nach Gesamtabnahme bestimmt. Bei Großbauprojekten mit mehreren separaten Bauabschnitten bzw. Gebäuden sowie unterschiedlichen Fertigstellungsterminen und Bezugszeitpunkten durch den Nutzer ist dieses für eine klare Zeitpunktbestimmung des Versicherungsvertragsendes erforderlich. Damit wird eine geordnete Übergabe und lückenlose Anschlussdeckung für Bestandsrisiken ermöglicht. 9. Erweiterung des Deckungsumfangs: Häufig bestehen für den Auftraggeber weitere finanzielle Risiken im Zusammenhang mit dem Bauprojekt, die über die bereits integrierten Versicherungssparten nicht hinreichend abgebildet werden können. Bei einer baubedingten Verzögerung des Bauvorhabens, welche auf einem mitversicherten Bauleistungsschaden beruht (beispielsweise Feuer, Hochwasser, Teileinsturz oder Sprinklerleckage) erleidet der Auftraggeber in der Regel finanzielle Verluste durch fortlaufende Kosten und entgangene Gewinne (Mietverluste). Dieses finanzielle Risiko ist durch die Erweiterung einer Bauleistungs-Betriebsunterbrechungs-Versicherung in dem Versicherungskonzept abgesichert. Bei Bauprojekten mit einem hohen Technikanteil ist die Mitversicherung von so genannten Montagerisiken möglich. Hierüber ist beispielsweise der zeitweise Probebetrieb einer bereits abgenommenen Anlage versicherbar.
(Ralph Schweinfurth)

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