Wirtschaft

Viele Unternehmer scheuen die Stichtagsinventur, an dem sie ihr Geschäft für einen Tag schließen müssen. Doch es gibt Alternativen. (Foto: dpa)

16.01.2015

Zeit zum Aufräumen in den Unternehmen

Statt der Stichtagsinventur gibt es noch andere legale Methoden

In den dunklen Wochen zum Jahreswechsel ist wieder einmal die beste Zeit, um die kostbaren eigenen Habseligkeiten zu überprüfen. Unternehmen sind bei der Inventur sogar dazu gezwungen.
Eigentlich haben die meisten Menschen natürlich wieder ein Jahr Zeit gehabt, um über ungeordnete Regale und vollgestopfte Schränke einfach hinwegzusehen. Nur beim notwendigen Putzen der Wohnung hat so mancher festgestellt, dass zu viele oder zu unsystematisch angehäufte Dinge das Unterbewusstsein überfordern und die Zufriedenheit beeinträchtigen. Schon der Erfolgsautor Werner Tiki Küstenmacher stellte in seinem Bestseller „Simplify your life“ vor mehr als zehn Jahren das Aufräumen und Entrümpeln an den Anfang. Inzwischen wissen zahlreiche Menschen, wie wichtig es ist, regelmäßig Ordnung in das eigene Zuhause und damit das Leben zu bringen, sich von Nutzlosem zu trennen und dann auf das wirklich Wichtige zu konzentrieren.

Ordnungsmäßige Buchführung ist Pflicht


Bei Unternehmen hat der Gesetzgeber die Überprüfung sogar vorgeschrieben – von der Inventur ist die Rede. „Jeder Kaufmann ist gemäß § 240 HGB und §§ 140, 141 AO im Rahmen der ordnungsmäßigen Buchführung zur Inventur verpflichtet“, bestätigt Hans Link, Präsident der Rechtsanwaltskammer Nürnberg. Und wann? Link erklärt: „Zum einen, wenn er ein Unternehmen gründet oder übernimmt, wenn er es schließt, sowie zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres.“ Bei der Inventur (von lateinisch invenire = etwas finden beziehungsweise auf etwas stoßen) müssen alle Vermögensgegenstände, vom Bargeld über Immobilien und Maschinen bis zu Lagerbeständen und offenen Forderungen erfasst werden.
In der Praxis geschieht das durch Messen, Zählen, Wiegen oder Schätzen aller Bestände in einem Verzeichnis. Selbstverständlich müssen dabei auch alle Schulden übersichtlich im Inventar zusammengetragen werden.
Eigentlich wird mit der Inventur nur ein Mengengerüst aufgestellt, von allen Dingen, die im Laden, im Büro oder in der Lagerhalle herumstehen oder -liegen. Erst durch eine realistisch angemessene Bewertung des Vorratsvermögens kann auch der Geldwert der Vorräte ermittelt werden. „Dabei müssen die von Handels- und Steuerrecht vorgegebenen Grundsätze und Bewertungsmaßstäbe beachtet werden“, betont Dieter Kempf, Vorstandsvorsitzender des Softwarehauses DATEV.
Eigentlich soll die Inventur zum Bilanzstichtag durchgeführt werden – und das ist bei den meisten Unternehmen der letzte Tag des Jahres, also der 31. Dezember. Oft ist es schwierig, gerade Silvester eine komplette Inventur durchzuführen, zum Glück sieht das HGB in § 241 Inventurvereinfachungsverfahren vor. Dabei handelt es sich um die zeitnahe Inventur, die innerhalb eines Zeitraums von zehn Tagen vor und nach dem Bilanzstichtag durchgeführt werden darf. Noch mehr Spielraum bietet die verlegte Inventur, die innerhalb der letzten drei Monate vor dem Bilanzstichtag oder innerhalb der ersten zwei Monate nach diesem Tag erfolgen darf. So können sich die Verantwortlichen in den Betrieben erfahrungsgemäß ruhigere Tage für die Inventur aussuchen. Allerdings hat der Gesetzgeber auch einige Gegenstände und Vorräte von der verlegten Inventur ausgeschlossen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um besonders wertvolle Dinge oder Gegenstände, bei denen unkontrollierte Verluste eintreten können, zum Beispiel durch Schwund oder weil sie verderben.
Der Stichtagsinventur können Unternehmer auch entgehen, wenn sie eine permanente Inventur durchführen. Dann darf in diesen Unternehmen die genaue Lagerbuchhaltung befragt werden. Einmal in jedem Wirtschaftsjahr müssen allerdings die tatsächlichen Bestände mit den Soll-Beständen in der Buchhaltung abgeglichen werden.
Noch wenig bekannt ist die Möglichkeit der Stichprobeninventur, die sich vor allem bei größeren Mengen anbietet. Kempf mahnt: „Für die Planung einer Stichprobeninventur sollten Kaufleute auf jeden Fall die Hilfe ihres Steuerberaters in Anspruch nehmen.“
Aber nicht nur in Werkstätten, Läden und Lagerhallen muss bei der Inventur kräftig gezählt werden. Neben die körperliche Inventur tritt die Buchinventur für die Vermögenswerte und Schulden, die nicht gezählt werden können, zum Beispiel Bankguthaben, Kundenforderungen, Lieferverbindlichkeiten oder Bankschulden. Die Bestandsaufnahme erfolgt bei der Buchinventur anhand von Belegen wie Kontoauszügen, Verträgen, Rechnungslisten oder Saldenbestätigungen.
Auf jeden Fall stellt eine Inventur für ein Unternehmen eine harte Prüfung dar, bei der das Personal genau einzuweisen ist. Zur Erleichterung der Arbeit sind bei der Erfassung der Vorräte geeignete Formulare einzusetzen, und selbstverständlich muss auch der Rücklauf der Inventurbelege exakt kontrolliert werden. Da können sich Verbraucher bei ihren häuslichen Aufräumungsaktionen zur Vereinfachung ihres Lebens vergleichbar viel Zeit lassen. Simplify-Papst Küstenmacher schreibt: „Erledigen Sie lieber jeden Tag nur eine Schublade oder ein einzelnes Regalfach, als dass Sie sich gewaltige Aktionen aufbürden. Teilen Sie sich die Arbeit in kleine bekömmliche Etappen ein. Sonst verlieren Sie die Lust, und das Chaos ist doch wieder stärker als Sie.“
Bei Kaufleuten gibt es diese Chance zum Ausweichen nicht, und selbst, wenn die Inventur erfolgreich beendet wurde, ist noch nicht alles vorbei. Stellt die Inventur Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Bestand fest, führt dies zu einer Berichtigung des Sollbestandes. Kempf sagt: „Inventurdifferenzen fließen voll erfolgswirksam in die Gewinn- und Verlustrechnung ein.“ Zehn Jahre lang müssen die Aufnahmebelege, Protokolle und Inventare dann aufgehoben werden. (BSZ)

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