Wirtschaft

Für Bayern ist er ein Job- und Wirtschaftsmotor, den Anwohnern bringt er Lärm und Dreck. Und Edmund Stoiber widmete ihm eine unvergessliche Rede. (Foto: dpa)

16.05.2017

Zum Flughafen-Geburtstag Hymnen und Hohn

Nach zwei Flugzeugabstürzen mitten in München wurde der Flughafen vor 25 Jahren weit draußen vor der Stadt neu gebaut

Der Flughafen München bietet heuer allen Grund zum Feiern. Zum 25. Jahrestag seiner Eröffnung lädt der Freistaat zum Staatsempfang, der Flughafen zum Familienfest mit Flugsimulatoren und Oldtimer-Flugzeugen - und die Gegner der dritten Startbahn feiern "Zwölf Jahre erfolgreichen Widerstand". Ein weiterer Grund zum Feiern ist allein auch schon die Tatsache, dass sich zwei Ereignisse nicht wiederholten, die zum Bau des Flughafens führten.

KATASTROPHE - Im Februar 1958 wollte der Fußballclub Manchester United vom Flughafen München-Riem nach England fliegen. Beim Start streifte die Maschine ein Haus und zerschellte, 23 Menschen starben. Kurz vor Weihnachten 1960 streifte ein startendes Flugzeug einen Kirchturm an der Theresienwiese und stürzte auf eine Trambahn - 52 Menschen kamen um. Bundesweit wurde über stadtnahe Flughäfen debattiert, Bundespräsident Heinrich Lübke fragte Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel: "Wie können Mittel und Wege gefunden werden, um derartige furchtbare Geschehnisse in Zukunft vermeidbar zu machen?" Pläne zum Ausbau von München-Riem wurden abgelegt, die Suche nach einem neuen Standort begann.

STANDORT - 1969 fiel die Entscheidung für das Erdinger Moos, 30 Kilometer nördlich von München. Eigentlich sollte der neue Airport zu den Olympischen Spielen 1972 fertig sein. Doch Umweltschützer und Anwohner klagten, der Bau verzögerte sich jahrelang.

UMZUG - Reibungslos klappte dann 1992 der Umzug von Riem nach Erding. Der Flughafen sollte im Mai eröffnet werden, "weil dann die Bäume schön grün sind. Der erste Eindruck ist wichtig", sagte der damalige Flughafenchef Willi Hermsen. Bevor in der Nacht zum 17. Mai 1992 ein Konvoi von 700 Lastwagen und selbstfahrenden Gangways über die Autobahn von Riem ins Erdinger Moos fuhr, wurde noch einmal die Durchfahrtshöhe jeder Brücke nachgemessen - es könnte ja irgendwo frisch geteert worden sein. Als wenige Wochen später US-Präsident George Bush und die anderen Teilnehmer des Weltwirtschaftsgipfel in München einflogen, war die Bewährungsprobe bestanden.

GEBURTSFEHLER
 - Der Airport ist bis heute nicht ans Bahnnetz angebunden. Nur die Münchner S-Bahn fährt vom Hauptbahnhof in 40 Minuten hinaus - wenn sie nicht mal wieder wegen Betriebsstörung ausfällt. Eine Rede des Ministerpräsidenten Edmund Stoiber 2002 hält die Erinnerung wach, dass mal ein Transrapid geplant war: "Wenn Sie vom Hauptbahnhof in München... mit zehn Minuten, ohne, dass Sie am Flughafen noch einchecken müssen, dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen... am, am Hauptbahnhof in München starten Sie Ihren Flug." Das Projekt wurde 2008 eingestellt, die Magnetschwebebahn fährt heute in Schanghai. In München soll der lang versprochene Airport-Express 2026 kommen.

ERFOLG - Die Grünen hatten der Flughafengesellschaft nach der Eröffnung "Größenwahn" auf Kosten der Steuerzahler vorgeworfen. Die Zahl der Starts und Landungen hat sich seither verdoppelt auf 1050 täglich, die Zahl der Passagiere stieg von 12 auf 42,3 Millionen im Jahr. Als internationales Drehkreuz ist München zum sechstgrößten Flughafen Europas aufgestiegen. Mit 35 000 Beschäftigten ist er einer der größten Arbeitgeber in Bayern. Er bringt Millionen Touristen in den Freistaat und ist für Siemens, BMW und Co. das Sprungbrett nach China und Amerika.

STARTBAHN
- Schon vor 15 Jahren drängte die Lufthansa auf eine dritte Startbahn. Inzwischen seien bei den Abflug- und Landezeiten nur noch Ladenhüter übrig, die keiner wolle, sagt Flughafenchef Michael Kerkloh. Der Flughafen kann die 1,6 Milliarden Euro teure Piste ohne Steuergelder selbst bezahlen, die Baugenehmigung liegt vor, Gerichte haben alle Klagen dagegen abgewiesen. Aber die Politik zögert.

WIDERSTAND
- Im Landtag sind Freie Wähler und Grüne gegen die Startbahn, in Erding und Freising sind alle Parteien dagegen. "Eine weitere Erhöhung von Lärm und Dreck ist für die Region nicht mehr tragbar", kritisiert das Aktionsbündnis "AufgeMUCkt". Aber nicht sie, sondern die Stadt München als kleinster Anteilseigner blockiert den Bau. Denn die Münchner hatten die Startbahn vor fünf Jahren abgelehnt, bei einem Bürgerentscheid mit 33 Prozent Wahlbeteiligung. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wollen irgendwann anhand neuer Zahlen und Prognosen entscheiden, ob sie die Münchner erneut an die Urne rufen. Die Startbahngegner begrüßten diesen Plan, der Bayerische Industrie- und Handelskammertag findet ihn absurd.
(Roland Losch, dpa)

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