Ausschreibung und Vergabe

Die Auswahlverfahren für den geförderten Bau und Betrieb von Breitbandnetzinfrastruktur unterliegen Vorgaben verschiedener Quellen. (Foto: dpa/Sina Schuldt)

17.05.2019

Breitbandnetzinfrastruktur ausschreiben

Anforderungen an das Vergabeverfahren

Von der Pflicht zur Ausschreibung von Bau und Betrieb der Breitbandnetzinfrastruktur nach dem Vergaberecht kann unter bestimmten Voraussetzungen abgesehen werden. Dies entbindet den öffentlichen Auftraggeber aber nicht von der Pflicht, eine Ausschreibung durchzuführen, die den folgenden Anforderungen genügt: Transparenz, Wettbewerb, Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit.

Die Auswahlverfahren für den geförderten Bau und Betrieb von Breitbandnetzinfrastruktur unterliegen Vorgaben verschiedener Quellen. Umstritten ist, ob ein solches Verfahren nach den Regelungen des förmlichen Vergaberechts auszuschreiben ist. Von der grundsätzlichen Pflicht zur förmlichen Ausschreibung von Breitbandnetzinfrastruktur sieht § 116 Abs. 2 GWB eine Ausnahme vor, wenn dem öffentlichen Auftraggeber die „Bereitstellung oder der Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze (…) für die Öffentlichkeit” ermöglicht wird. Noch nicht abschließend geklärt ist, nach welchen Voraussetzungen die Bereitstellung von Breitbandnetzinfrastruktur von dieser Ausnahme erfasst wird. Es sprechen die besseren Gründe dafür, dass die eng auszulegende Ausnahme nicht in jedem Fall von der Pflicht zur Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens befreit. Teilweise wird mit der in der Folge drohenden Gefahr von Fördermittelrückforderungen argumentiert, um die Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens als sichersten Weg zu rechtfertigen.

Es muss nach den Vorgaben der NGA-RR und der AGVO zumindest ein offenes und transparentes Verfahren durchgeführt werden. Hierfür gelten allgemeine Grundsätze, die sowohl in einfachen Ausschreibungen als auch förmlichen Vergabeverfahren Anwendung finden. Diese allgemeinen Grundsätze stellen selbst bereits hohe Anforderungen an die Durchführung einer Ausschreibung. Die Regelungen des förmlichen Vergaberechts können in diesem Zusammenhang auch als Hilfestellung für die ausschreibende Stelle begriffen werden, um sich der Einhaltung dieser allgemeinen Grundsätze gewiss zu sein. Im Folgenden werden die allgemeinen Grundsätze und ihre praktischen Auswirkungen vorgestellt.

Auswahlentscheidung muss transparent sein


Transparenz bedeutet, dass die Auswahlentscheidung für die Bieter über- und durchschaubar sein muss. Das heißt, es dürfen bei der Auswahl und Bewertung keine sachfremden oder überraschenden Gesichtspunkte einfließen. Die Auswahlkriterien und deren Gewichtung müssen in den Ausschreibungsunterlagen enthalten sein. Ebenso muss die Methode der Bewertung beschrieben werden.

Darüber hinaus verlangt der Transparenzgrundsatz, dass die Bekanntmachung des Ausschreibungsgegenstands auf eine angemessene Art und Weise durchgeführt wird. Die Anforderungen an die Transparenz des Verfahrens sind umso höher, je interessanter die Breitbandausschreibung für potenzielle ausländische (europäische) Bieter ist. Je interessanter die Ausschreibung für den europäischen Markt ist, desto stärker muss eine europaweite Kenntnisnahme ermöglicht werden. Das (mögliche) grenzüberschreitende Interesse muss anhand objektiver Kriterien festgestellt werden.

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass als solche Kriterien insbesondere das Volumen des betreffenden Auftrags in Verbindung mit dem Leistungsort, die technischen Merkmale des Auftrags, etwaige Besonderheiten der Waren oder echte Beschwerden von Wirtschaftsteilnehmern in Betracht kämen. Angesichts des hohen Werts von Bau und Betrieb der Breitbandnetzinfrastruktur reicht eine rein nationale Bekanntmachung meist nicht aus.

Dokumentieren und begründen


Ein weiterer Aspekt des Transparenzgrundsatzes ist die Pflicht der ausschreibenden Stelle, die einzelnen Stufen des Ausschreibungsverfahrens zu dokumentieren und zu begründen. Als Faustformel kann zusammenfassend festgehalten werden, dass die ausschreibende Stelle im Rahmen des gesamten Ausschreibungsverfahrens einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit sicherstellen muss. Es muss nachprüfbar sein, ob das Ausschreibungsverfahren offen, transparent, objektiv, unparteiisch und frei von Fehlern durchgeführt worden ist.

Nur wenn ein Verfahren „offen” im Hinblick auf die Teilnahme einer größeren Anzahl an Unternehmen ausgestaltet ist, kann es auch ein wettbewerbliches Verfahren sein. Das Verfahren muss nicht nur allen interessierten Unternehmen offenstehen; die Auswahlkriterien dürfen zudem nicht so beschaffen sein, dass bestimmte Unternehmen nie die Chance haben, am Verfahren zu partizipieren. Beispielsweise müssen aus diesem Grund Ausschreibungen produktneutral ausgestaltet sein. Ein Verstoß gegen den Wettbewerbsgrundsatz im Sinne einer Wettbewerbsverzerrung begründet die Klagebefugnis eines Bewerbers.

Diskriminierungsfrei durchführen


Das Auswahlverfahren ist diskriminierungsfrei durchzuführen. Das Verfahren muss ergebnisoffen und fair geführt werden, sodass alle Unternehmen die gleiche Chance auf Teilnahme am Verfahren und den Zuschlag haben. Dazu müssen beispielsweise auch die Auswahlkriterien sachgerecht ausgestaltet werden. Aus dem Gleichbehandlungsgebot lässt sich ebenso das Verbot der Berücksichtigung von Nachermittlungen ableiten: Die ausschreibende Stelle darf nicht nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Bewerbungs- oder Angebotsunterlagen einseitig zugunsten einzelner Bieter ermitteln und dadurch einzelne Angebote nachbessern.

Das Diskriminierungsverbot ist insbesondere auch in seiner europarechtlichen Dimension zu sehen. Beispielsweise müssen gleichwertige Zeugnisse und Befähigungsnachweise aus anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden. Genauso müssen Fristen so bemessen sein, dass Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten ausreichend Zeit haben, sich auf die Ausschreibung zu bewerben.
Zuletzt dürfen die Anforderungen an die Unternehmen und an das Verfahren nicht unverhältnismäßig aufwendig gestaltet werden. Der Aufwand für die Erstellung des Angebots durch den Bieter darf nicht unverhältnismäßig hoch im Vergleich zum Umfang und zur Bedeutung der zu vergebenden Breitbandnetzinfrastruktur ausfallen. Auch muss der Ausschluss eines Unternehmens vom Verfahren unter Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgen.
(Freya Schwering)

(Die Autorin ist Rechtsanwältin bei Rödl & Partner in Nürnberg.)

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