Ausschreibung und Vergabe

Um die Vergabe eines Fahrradverleihsystems (hier Symbolbild) gab es Streit. (Foto: dpa/Gerald Matzka)

14.10.2022

Eine Bekanntmachung muss sein

Oberlandesgericht Celle zu den Anforderungen an eine Ex-ante-Transparenzbekanntmachung nach § 135 Abs. 3 GWB

Direktvergaben können auch oberhalb der Schwellenwerte nur schwer von Wettbewerbern angegriffen werden. Sechs Monate nach Vertragsschluss ist ein Nachprüfungsantrag zur Vergabekammer gar nicht mehr möglich. Durch die Veröffentlichung einer sogenannten Ex-ante-Transparenzbekanntmachung hat ein Auftraggeber sogar die Möglichkeit, die Frist für Nachprüfungsanträge auf zehn Kalendertage zu verkürzen (§ 135 Abs. 3 GWB).

In einer Entscheidung aus dem November 2021 hat das Oberlandesgericht Celle einer zu weitgehenden Praxis eines öffentlichen Auftraggebers einen Riegel vorgeschoben. Es hat entschieden, dass der Auftraggeber die Unwirksamkeit des Auftrags durch die Ex-ante-Transparenzbekanntmachung nur abwenden kann, wenn er sorgfältig geprüft hat, ob eine Ausschreibungspflicht besteht (Beschluss vom 9. November 2021 – 13 Verg 9/21).

In dem entschiedenen Fall hatte der Auftraggeber ein Unternehmen damit beauftragt, ein Fahrradverleihsystem zu betreiben und dabei Werbeflächen für ein Markenbranding zur Verfügung zu stellen. Auf eine öffentliche Ausschreibung hatte er verzichtet. Er war davon ausgegangen, dass aus technischen Gründen kein Wettbewerb besteht (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 VgV), weil nur das beauftragte Unternehmen zum damaligen Zeitpunkt ein Fahrradverleihsystem in der Stadt betrieb. Vor dem Vertragsschluss hatte der Auftraggeber die beabsichtigte Auftragsvergabe im EU-Amtsblatt bekannt gemacht. Eine Konkurrentin des beauftragten Unternehmens rügte erst nach Ablauf der Zehn-Tages-Frist eine unzulässige Auftragsvergabe ohne Ausschreibung.

Unwirksamer Vertrag

Das OLG gab ihr dennoch recht. Der Auftraggeber sei zur öffentlichen Ausschreibung des Auftrags verpflichtet gewesen, da nicht ausgeschlossen sei, dass weitere Unternehmen für den Auftrag infrage gekommen wären. Andere Unternehmen hätten die für den Auftrag notwendigen Fähigkeiten und Ausstattungen vor Vertragsbeginn unter Umständen noch rechtzeitig erwerben können.
Das OLG hielt den Vertrag trotz vorheriger Ex-ante-Transparenzbekanntmachung für unwirksam. Der Auftraggeber habe nicht sorgfältig geprüft, ob die Auftragsvergabe ohne öffentliche Ausschreibung zulässig ist. Er müsse seine Entscheidung, auf eine öffentliche Ausschreibung zu verzichten, nach bestem Wissen treffen. Seine Entscheidung müsse aufgrund der konkreten Umstände in sachlicher und rechtlicher Hinsicht vertretbar sein. Dazu bedürfe es eine sorgfältige Prüfung der Sach- und Rechtslage. Hier fehle jegliche Dokumentation dieser Prüfung, insbesondere habe der Auftraggeber nicht plausibel begründet, weshalb es keinen Sinn haben soll, ein Unternehmen zu beauftragen, das in der Stadt noch kein Fahrradverleihsystem vorhält.

Mit der Entscheidung unterstreicht das OLG zunächst, dass § 14 Abs. 4 Nr. 2 VgV eng auszulegen ist. Darüber hinaus macht das OLG klar, dass die Ex-ante-Transparenzbekanntmachung (§ 135 Abs. 3 GWB) nicht dazu dient, eine mutwillige Umgehung der Ausschreibungspflicht nachträglich zu legitimieren. Ist die Ent-scheidung des Auftraggebers, den Auftrag ohne Ausschreibung zu vergeben, nicht vertretbar, kann er die Rechtsbehelfsfristen auch durch eine Ex-ante-Transparenzbekanntmachung nicht verkürzen. Die Ex-ante-Transparenzbekanntmachung hilft dem Auftraggeber in diesen Fällen daher nicht. In begründeten Fällen ist die Ex-ante-Transparenzbekanntmachung aber für Auftraggeber weiterhin ein probates Mittel, um zeitige Rechtssicherheit zu einem Vertragsschluss ohne Offenes Verfahren beziehungsweise Teilnahmewettbewerb zu gewinnen.
(C. Rung und M. Wenzel)
(Die beiden promovierten Autoren Christoph Rung und Michael Wenzel sind Rechtsanwälte bei Rittershaus in Mannheim.)

 

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