Ausschreibung und Vergabe

Vergabeverfahren werden seit 2019 in Bayerns Kommunen nur noch in nichtöffentlicher Sitzung durchgeführt. (Foto: dpa/Daniel Karmann)

26.03.2021

Sind Vergaben im Geheimen ein Irrtum?

Verwirrung um ein Schreiben des Innenministeriums

Für das bayerische Innenministerium ist es ein „irrtümlicher Schluss“. In vielen Kommunen Bayerns – kreisangehörigen Gemeinden, Landkreisen, kreisfreien Städten oder Bezirken – werden seit letztem Frühsommer alle Vergaben in nichtöffentlichen Gremiensitzungen behandelt.

Den Schluss allerdings hatten Verwaltungschefs, Bürgermeister, Landräte oder Bezirkstagspräsidenten aus einem Rundschreiben des Innenministeriums gezogen. Der 13 Seiten umfassende Brief vom 24. September 2019 war an die kommunalen Spitzenverbände gegangen. Und die hatten ihn danach im ganzen Freistaat verteilt. Erst kurz vor der Kommunalwahl 2020 war er dort gelandet.
 Die Konsequenz auf das Rundschreiben: Viele Kommunalverwaltungen nahmen in die neu formulierten Gemeindevorschriften auf: „Vergaben nur noch nichtöffentlich“. Und wenn auch nicht überall, so akzeptierten vielerorts die gewählten Gremien die augenscheinlich ministerielle Vorgabe für geheime Vergaben.

Am 22. April 2020 stand das Thema auf der Agenda im Innenausschuss des Landtags. Dabei vertrat nicht nur dessen Vorsitzender Martin Runge (Grüne) den Standpunkt, Vergaben seien keine Geschäftsgeheimnisse, sondern öffentlich zu behandeln. Der CSU-Abgeordnete Manfred Ländner nannte das ministerielle Schreiben „in Teilen nicht sehr hilfreich für die Entscheidungsfällung“ in den Gemeindeparlamenten. Und so forderte auf Empfehlung des Ausschusses das Landtagsplenum die Regierung am 17. Juni 2020 auf, „die Auswirkungen des Schreibens vom 24. September 2019 darzustellen“.

Das tat das zuständige Innenministerium auch. Am 14. September 2020 schrieb die Verfasserin des Rundschreibens einen sechs Seiten langen Brief, den Bayerns Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU) unterzeichnete. Den Inhalt könnte man als Aufforderung an die Kommunen verstehen, sich auf ihr gesetzlich verbrieftes Recht auf kommunale Selbstverwaltung zu besinnen. „Apodiktische Aussagen für alle Einzelfälle und sämtliche kommunale Gremien können nicht vorher getroffen werden“, steht da. Sprich, die Kommunen hätten das 2019er-Rundschreiben nicht als Anordnung von vorgesetzter Stelle hinnehmen sollen.

„Manche Kommunen zogen aus der Darstellung der umfangreichen Vorschriften zur Vertraulichkeit irrtümlich den Schluss, dass Beratungen in Vergabeverfahren künftig immer nichtöffentlich abzuhalten seien.“ Dies aber „ist dem Schreiben nicht zu entnehmen“, schiebt das Ministerium die Schuld auf die Kommunalvertreter. Die aber wissen bis heute offiziell nichts von diesem zweiten Schreiben. Als Grund heißt es aus dem Innenministerium: „Wir haben dem Landtag Bericht erstattet.“ Und deshalb ging der Brief auch direkt an Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU). Er ist auch nicht in der Vorgangsmappe zur Landtags-Drucksache 18/8466 zu finden, jenem Beschluss des Landtags, das Innenministerium solle Stellung nehmen.

„Der darin geforderte schriftliche Bericht an den Bayerischen Landtag wurde am 14.09.2020 vom Innenministerium übermittelt. Es gibt vonseiten des Landtags nichts weiter zu veranlassen. Falls die Fraktionen hier noch weiteren Handlungsbedarf sehen würden, müssten sie einen neuen Antrag einreichen“, erklärt dazu die Pressestelle des Landtags.

Von Kommunen, die aufgrund des 2019er-Schreibens zurzeit alle Vergaben geheim abhalten, wollte sich niemand äußern. „Wir kennen das zweite Schreiben nicht“, hieß es auf Nachfrage unisono. Kein Wunder, denn es liegt ja seit einem halben Jahr still und leise im Landtag.
(Heinz Wraneschitz)

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