Ausschreibung und Vergabe

Die EU-Kommission hat ihren Vorschlag für die neue Kohäsionspolitik vorgelegt. (Foto: dpa)

04.07.2018

Weiterhin in allen Mitgliedstaaten investieren

Kommissionsvorschlag für neue EU-Kohäsionspolitik von 2021 bis 2027 betrifft auch Vergabepraxis

Am 29. Mai 2018 hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für die neue Kohäsionspolitik der EU von 2021 bis 2027 vorgelegt, die im Ergebnis insbesondere auch zur Vergabe öffentlicher Aufträge führen kann. Nachdem die Kommission zuvor mehrere Optionen geprüft hatte, sieht der Vorschlag nunmehr vor, dass die EU weiterhin in allen Regionen investiert, und damit auch in „reicheren“ Mitgliedstaaten wie Deutschland.

Für die künftige Kohäsionspolitik von 2021 bis 2027 sind Haushaltsmittel in Höhe von 373 Milliarden Euro (zu jeweiligen Preisen) vorgesehen. Damit dürften die diesbezüglichen Mittel insgesamt hinter dem Ansatz für den letzten, noch laufenden Zeitraum 2014 bis 2020 zurückbleiben. Trotz dieser leichten Kürzung soll die Wirkung der neuen Kohäsionspolitik durch einige neue Elemente, wie Vereinfachung und verstärkte Verzahnung mit gesamteuropäischen Prioritäten, insgesamt gestärkt werden. Deutschland, das als „reicher“ Mitgliedstaat traditionell weniger Kohäsionsfondsmittel als viele andere Länder erhält, würde nach dem neuen Vorschlag rund 17,7 Milliarden Euro erhalten.

Fokus auf Investitionen mit europäischem Mehrwert


Der Fokus der vorgeschlagenen neuen Kohäsionspolitik liegt auf Investitionen mit einem klaren europäischen Mehrwert – zum Beispiel für Innovationen, Digitalisierung und CO2-arme Wirtschaft. Die Vorschriften für die EU-Fonds sollen dabei radikal vereinfacht und flexibler gestaltet werden.
Bei der Vorstellung ihres Vorschlags betonte die Kommission, dass trotz der inzwischen erreichten wirtschaftlichen Erholung in der EU weitere Investitionsanstrengungen erforderlich seien, um nach wie vor bestehende Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu verringern. Mit den dafür vorgesehenen Haushaltsmitteln in Höhe von 373 Milliarden Euro für den Zeitraum 2021 bis 2027 sei die künftige Kohäsionspolitik in der Lage, zur Verringerung dieser Unterschiede beizutragen. Die Kohäsionspolitik sei die wichtigste Investitionspolitik der EU und ein überaus konkreter Ausdruck der Solidarität innerhalb der EU. Der Kommission gehe es weiterhin darum, allen Regionen dabei zu helfen, ihre Industrie zu modernisieren und in Innovationen zu investieren. Ferner solle der Vorschlag einen Beitrag zu einem unternehmensfreundlichen Umfeld in Europa leisten und günstige Voraussetzungen für Wachstum, neue Arbeitsplätze und Investitionen schaffen.

Die Kommission teilte ausdrücklich mit, dass sie ihre Mittel auch weiterhin vor allem in den Regionen einsetzen will, die sie am dringendsten brauchen, um zur übrigen EU aufzuschließen. Gänzlich von Kohäsionsmitteln ausgeschlossen werden soll allerdings kein Mitgliedstaat. Insgesamt soll die Kohäsionspolitik ein wichtiges direktes Bindeglied zwischen der Union und ihren Regionen und Städten sowie ihren Bürgern bleiben.

Näheres zu den wichtigsten Punkten des Kommissionsvorschlags:

– Fokus auf gesamteuropäischer Perspektive: Der Fokus soll auf Investitionsprioritäten liegen, bei denen die Union „etwas bewegen“ kann. Insoweit ist vorgesehen, dass ein Großteil der Investitionen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Kohäsionsfonds in die Bereiche Innovation, Unterstützung kleiner Unternehmen, digitale Technologien und Modernisierung der Wirtschaft fließen soll. Unterstützt werden auch die Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft und die Bekämpfung des Klimawandels gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen.

– Priorität für die Bedürftigsten, aber kein gänzlicher Ausschluss „reicher“ Länder: Mit dem neuen Vorschlag strebt die Kommission einen verstärkt bedarfsgerechten Ansatz bei der regionalen Entwicklung an. Sie stellt fest, dass einige Regionen in Bezug auf Wachstum oder Einkommen immer noch hinterherhinken. Dies gelte insbesondere für etliche süd- und südosteuropäische Gebiete. Diese sollen nach dem Willen der Kommission auch künftig beträchtliche Unterstützung durch die EU erhalten. Allerdings werde die Kohäsionspolitik weiterhin in alle Regionen investieren, da viele Regionen in ganz Europa, darunter auch in reicheren Mitgliedstaaten, noch Schwierigkeiten hätten, den industriellen Wandel zu bewältigen, die Arbeitslosigkeit abzubauen und sich in einer globalisierten Wirtschaft zu behaupten.

– Weiterhin drei Kategorien geförderter Regionen; dabei alte und neue Bezugsgrößen: Nach dem Vorschlag der Kommission wird es in der Kohäsionspolitik auch weiterhin drei Kategorien von Regionen geben: weniger entwickelte Regionen, Übergangsregionen und stärker entwickelte Regionen. Um die Unterschiede zu verringern und Regionen mit niedrigem Einkommen und geringem Wachstum zu helfen, ihren Rückstand aufzuholen, soll die Messgröße des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf („Pro-Kopf-BIP“) das wichtigste Kriterium für die Zuweisung von Mitteln bleiben. Daneben sollen nun aber auch neue Kriterien die Realität vor Ort besser widerspiegeln. Das gilt für die Aspekte Jugendarbeitslosigkeit, niedriger Bildungsstand, Klimawandel sowie Aufnahme und Integration von Migranten. Die Kohäsionspolitik für 2021 bis 2027 soll insbesondere auch von der örtlichen Bevölkerung betriebene lokale Entwicklungsstrategien unterstützen. Die lokalen und regionalen Behörden sollen stärker in die Verwaltung der EU-Mittel eingebunden werden. Mittels höherer Kofinanzierungssätze soll die Eigenverantwortung für EU-geförderte Projekte in Regionen und Städten gestärkt werden.

– Weniger und klarere Regeln sowie mehr Flexibilität: Die Kommission schlägt eine starke Vereinfachung der Vorschriften für den nächsten langfristigen EU-Haushalt vor. Vorgesehen ist nunmehr ein einheitliches Regelwerk für sieben EU-Fonds, die gemeinsam mit den Mitgliedstaaten umgesetzt werden („geteilte Mittelverwaltung“). Dies soll die Arbeit der Verwalter der EU-Finanzierungsprogramme erleichtern. Der neue Rahmen kombiniert außerdem die für eine langfristige Investitionsplanung nötige Stabilität mit mehr Flexibilität, um besser auf unvorhergesehene Ereignisse eingehen zu können. Im Rahmen einer „Halbzeitevaluierung“ soll festgestellt werden, ob Programmänderungen für die letzten beiden Jahre des Programmplanungszeitraums erforderlich sind. Es sollen auch kleinere Mittelübertragungen innerhalb von EU-Finanzierungsprogrammen vorgenommen werden können.

– Stärkere Verbindung zum „Europäischen Semester“ der EU: Die Kommission schlägt vor, die Kohäsionspolitik und das „Europäische Semester“ der Union, mit dem die EU-Mitgliedstaaten jeweils in der ersten Jahreshälfte ihre Wirtschafts- und Fiskalpolitik aufeinander abstimmen, stärker zu verknüpfen. Dies soll dazu beitragen, ein wachstums- und unternehmensfreundliches Umfeld in Europa zu schaffen, damit die gesamteuropäischen und nationalen Investitionen ihr volles Potenzial entfalten können.

Nächste Schritte: Bei der Vorstellung ihres Vorschlags verwies die Kommission darauf, dass eine rasche Einigung über den gesamten langfristigen EU-Haushalt sowie die sektoralen Vorschläge von entscheidender Bedeutung dafür seien, dass die EU-Mittel so bald wie möglich vor Ort fließen und Wirkung zeigen können. Damit die Gelder tatsächlich ab Januar 2021 abgerufen werden könnten, müssen viele vorbereitende Schritte unternommen werden, so zum Beispiel die Entwicklung und Vereinbarung nationaler Investitionsstrategien („Partnerschafts-Vereinbarungen“) und individueller EU-Finanzierungsprogramme durch die Mitgliedstaaten und die Kommission. Verzögerungen, wie sie zu Beginn des laufenden Haushaltszeitraums 2014 bis 2020 aufgetreten waren, könnten dazu führen, dass zahlreiche EU-finanzierte Projekte nicht rechtzeitig anlaufen könnten, zum Beispiel Schulen monatelang darauf warten müssten, dass anstehende Renovierungsarbeiten beginnen, oder Krankenhäuser medizinische Ausrüstung erst mit Verspätung erhielten.

Bei einer Einigung über die nächste mehrjährige Finanzplanung im Jahre 2019 wäre der gewünschte nahtlose Übergang zwischen der aktuellen langfristigen Finanzplanung (2014 bis 2020) und der neuen Finanzplanung (2021 bis 2027) möglich. Damit wären Berechenbarkeit und Kontinuität der Finanzierung zum Vorteil aller Beteiligten gesichert.
(FV)


Weitere Informationen finden sich auf folgenden Internetseiten der Kommission:
Rechtsakte und Factsheets zu den einzelnen Fonds:
www.tinyurl.com/ycen2su6

Fragen und Antworten zu regionaler Entwicklung und Kohäsionspolitik nach 2020: www.tinyurl.com/yc8nu4oe

Kurzgefasste allgemeine Informationen über den EU-Haushalt:
www.tinyurl.com/y73qd5l8

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