Bauen

Das Beratungsunternehmen KPMG wurde 2018 Ankermieter im markanten Kopfgebäude Wilhelm. (Foto: Hitzler Ingenieure/Tomi Bunescu-Fay)

02.03.2023

30.500 Quadratmeter neu geschaffene Büroflächen

Die Nürnberger Marienzeile ist eine Projektentwicklung wie aus dem Bilderbuch

Stefan Wiegand erinnert sich noch gut daran, was damals, vor mehr als zehn Jahren, an Ort und Stelle zu sehen war: Nichts! Genauer gesagt: eine meterhohe Mauer entlang der Nürnberger Bahnhofsstraße. Sie schirmte eine Brachfläche ab, die heute zu den besten Adressen auf dem Nürnberger Büromarkt zählt. Vier imposante Bürogebäude sind hier seither entstanden. Das letzte, der Bauteil Karl, wird in diesen Tagen an Mieter und Käufer übergeben. Damit endet für Wiegand, Geschäftsführer der Aurelis Region Süd, eine Erfolgsgeschichte, wie er sie in seiner mehr als 25 Jahre dauernden Karriere in der Immobilienbranche selten erlebt hat. „Eine Projektentwicklung wie aus dem Bilderbuch.“

Am Anfang stand die Erkenntnis: Die Mauer muss weg. Nicht nur die aus Stein und Zement, sondern auch die in einigen Köpfen. Das Potenzial des Standorts habe sich zu Beginn nämlich nicht allen Beteiligten erschlossen, weiß Wiegand. Doch die Planungen nahmen Fahrt auf. Die attraktive Lage in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs und der historischen Altstadt entwickelte ihren Charme. Parallel dazu boomte der Wirtschaftsstandort Nürnberg. Die Nachfrage nach Büroflächen stieg rasant. Und plötzlich war klar: Aus diesem Projekt lässt sich etwas Besonderes machen.

Der Projektname verdeutlicht die Ambitionen. Namensgeberin der Marienzeile ist Marie von Preußen, nach der die Marienvorstadt als erste Stadterweiterung Nürnbergs benannt ist. Die vier Bürogebäude des Ensembles tragen die Namen ihres Großvaters, Vaters, Ehemanns und Sohnes: Wilhelm, Karl, Ludwig und Maximilian. Harmonisch sollte sich der neue Standort in die Marienvorstadt einfügen. Nicht Büro-Boxen in Schachtelarchitektur sollten entstehen, sondern ästhetisch ansprechende Häuser, die sich zu einer attraktiven Büroadresse fügen. Begrünte Innenhöfe, elegante Fassaden und vielfältige Höhenstaffelungen prägen die Gesamtwirkung der Planung.
Was dem Projekt zugute kam: Die Aurelis realisierte die Marienzeile komplett aus eigener Hand und in enger Abstimmung mit den Planungsbehörden der Stadt Nürnberg. Sie agierte als Grundstückseigentümerin und Projektentwicklerin, organisierte den Hochbau sowie die Mietersuche und Mieterbetreuung. Außerdem holte sie erfahrene und ehrgeizige Partner ins Boot. Alle vier Gebäude entstanden nach Plänen des vielfach preisgekrönten Büros KSP Jürgen Engel Architekten.

Den Zuschlag als Generalunternehmer erhielt das familiengeführte Bauunternehmen Wolff & Müller mit Stammsitz in Stuttgart. Spezialisten für die Projektsteuerung (Hitzler Ingenieure, Nürnberg), den Spezialtiefbau (ganzWerk GmbH, Nürnberg), die Tragwerksplanung (Zilch + Müller Ingenieure, München), die Planung der Frei- und Außenanlagen (adlerolesch Landschaftsarchitekten, Nürnberg) und die Bodensanierung (SakostaCAU GmbH, Nürnberg) wurden frühzeitig in die Planungen einbezogen. In einem frühen Stadium fiel auch die Entscheidung, für alle vier Gebäude eine DGNB-Zertifizierung in Gold anzustreben.

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Das Beratungsunternehmen KPMG wurde 2018 Ankermieter im markanten Kopfgebäude Wilhelm. Weitere bekannte Namen wie Capgemini oder die Deutsche Bahn zogen nach und schlossen ebenfalls langfristige Mietverträge ab. Auch Ministerien wurden auf den Standort aufmerksam. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sicherte sich ausgedehnte Flächen in den Bauteilen Wilhelm und Maximilian. Im Sommer 2020 dann der nächste Coup: Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) mietete im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zwei der vier Bürogebäude komplett an: Ludwig und Karl. Die Objekte seien optimal geeignet für die Bedürfnisse des BAMF, sagte Walter Kolbeck, der die Mietverhandlungen im Auftrag der BImA führte: „Ein moderner Bau mit allen technischen Standards, die heutzutage wichtig sind.“

Die Marienzeile war damit frühzeitig voll vermietet. Innerhalb von etwas mehr als zwei Jahren fanden mehr als 30 500 Quadratmeter neu geschaffene Bürofläche samt Tiefgaragen, Außenstellplätzen, Dachterrassen sowie Ladestationen für E-Autos und E-Bikes ihre namhaften Abnehmer. Ein Erfolg, der auch Anerkennung durch Vertreter der Stadt Nürnberg fand. Im Rahmen des Richtfests für den Bauteil Karl würdigte Michael Fraas, Wirtschafts- und Wissenschaftsreferent der Stadt Nürnberg, die Dynamik der Entwicklung: „Das Büroensemble ist ein wichtiger Stützpfeiler für den Erfolg des Wirtschaftsstandorts Nürnberg.“

Die Marienzeile war somit als attraktive Büroadresse in Nürnberg etabliert und als solche auch für international tätige Finanzinvestoren interessant. Anfang 2020 erwarb Savills Investment Management die Gebäude Wilhelm und Maximilian. In den beiden folgenden Jahren verkaufte die Aurelis die Bauteile Ludwig und Karl an den Real Asset und Investment Manager Wealthcap, ein Tochterunternehmen der Unicredit Group. „Lage, Mieterstruktur und Gebäudequalität bieten unseren institutionellen Anlegern eine hohe Werthaltigkeit,“ erklärte Rainer Krütten, Geschäftsführer von Wealthcap, anlässlich des Ankaufs.

Die Baumaßnahmen auf dem Gelände liefen in dieser Zeit weiter. Und sie liefen trotz Pandemie, Krieg in der Ukraine und der allseits bekannten Probleme mit den Lieferketten planmäßig. Anfang 2020 zogen die ersten Mieter im Bauteil Wilhelm ein. Kurz darauf wurde die Immobilie mit dem DGNB-Zertifikat in Gold ausgezeichnet. Zwei Jahre später erfolgte die Fertigstellung und Übergabe der Gebäude Maximilian und Ludwig.

Den Schlusspunkt bildet nun das Haus Karl, das fristgerecht in wenigen Wochen bezugsfertig sein wird. Für Ursula Gräfin Praschma, damalige Vizepräsidentin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, ist das ein kleines Wunder. Im Rahmen des Richtfests bedankte sie sich nachdrücklich bei allen am Bau Beteiligten: „Ich habe viele Außenstellen im Bundesamt entstehen sehen und die Einhaltung der Zeitpläne ist ein ganz seltener Ausnahmefall. Deswegen kann man das gar nicht genug loben.“

Die Marienzeile erstreckt sich inzwischen über rund 350 Meter zwischen Bahnhofstraße und den Bahngleisen der angrenzenden ICE-Strecke. Wer sich dem Areal von der Innenstadt aus nähert, erkennt schon von Weitem die Fassade des Gebäudes Wilhelm mit ihren goldfarben eloxierten Fensterrahmen. Ganz oben an dem sechsstöckigen Gebäude prangt der Name des Ankermieters und garantiert damit höchste Sichtbarkeit innerhalb der Stadt. Und das an einem Standort, von dem Stefan Wiegand sagt: „Er ist aus dem Nichts entstanden.“ (Stefan Sagner)
 

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