Bauen

Der Vorplatz des Museums. (Foto: Marcus Ebener)

11.11.2011

Die Geheimnisse der Monarchen lüften

Das Museum der bayerischen Könige in Hohenschwangau ist fertig

Das Museum der bayerischen Könige im umgebauten und erweiterten ehemaligen Hotel Alpenrose liegt zu Füßen von Schloss Hohenschwangau, am Ufer des Alpsees mit Blick auf Schloss Neuschwanstein. Die Schwerpunkte der Ausstellung konzentrieren sich auf die Geschichte des Hauses Wittelsbach und vermitteln die Geschichte, die Wertvorstellungen und Lebensweise der Wittelsbacher, die Bayern damals und bis heute mit geprägt haben. Initiator, Bauherr und Betreiber des Museums ist der Wittelsbacher Ausgleichsfonds.
Nach einer vierjährigen Planungs- und Bauzeit vervollständigt das Museum das einmalige Ensemble der beiden Königsschlösser, so Elisabeth von Hagenow, die Projektleiterin des Wittelsbacher Ausgleichsfonds. „Denn so imposant die Schlösser als einzelne Monumente auch sind, es bleiben für den Besucher nach einer Besichtigung doch viele Fragen offen – vor allem zu den Hintergründen der vormaligen Königsfamilie.“
Diese Wissenslücke soll mit der in fünf Abschnitte gegliederten Ausstellung geschlossen werden. Der „begehbare Stammbaum“ zeigt, dass die Wittelsbacher zu den ältesten Dynastien Europas zählen. Bayern unter den Wittelsbachern sowie die Kunstsammlungen der Familie sind weitere Themen, die eng mit der Geschichte des Königshauses verbunden sind. Der Rundgang schließt mit dem Ende der Monarchie und der Geschichte des Hauses bis in unsere Zeit.
Die 1000 Quadratmeter große Ausstellungsfläche mit kostbaren Exponaten und modernster, interaktiver Museumstechnik bietet einen Rundgang mit zahlreichen Möglichkeiten, die verschiedenen Themen zu vertiefen. Dadurch wird den Bedürfnissen der Besucher Rechnung getragen. „Ausblicke in die umgebende Landschaft und auf die Schlösser, abwechslungsreicher Medieneinsatz und raumgreifende Inszenierungen prägen die Ausstellung und lassen die wundervollen Originalexponate aufschlussreich und lebendig erzählen“, unterstreicht die Direktorin des Museums, Luitgard Löw.
Entwickelt wurde das Ausstellungskonzept vom Haus der Bayerischen Geschichte unter Mitarbeit von Herrmann Rumschöttel, dem früheren Generaldirektor der bayerischen Archive. „Das Museum bietet dem Besucher Wissen in optisch und emotional ansprechender, konkreter und verständlicher Form. Oder um es in der Sprache des Theaters zu sagen: Dieses Museum ist zunächst einmal eine Art erläuterndes Programmheft zu den Inszenierungen Hohenschwangau und Neuschwanstein und ihren Schöpfern.“
 Mit den Aus- und Umbauarbeiten sowie der Ausstellungsgestaltung wurde Staab Architekten, Berlin, beauftragt. Der Umbau umfasste eine Erweiterung des historischen Gebäudes mit einem 45 Tonnen schweren Gewölbe aus Stahl und Glas. Weil das Dach von den beiden Königsschlössern aus zu sehen ist, legte man auf seine Gestaltung besonderen Wert. Es besteht aus Aluminiumschindeln als schimmernde Dachfläche in Rottönen, die eine Visitenkarte des neuen Museums darstellt.
 Für das neue Museum der bayerischen Könige werden jährlich rund 200 000 Besucher erwartet. Wechselnde Sonderausstellungen und -veranstaltungen im Foyer des Hauses und im anschließenden Palmenhaus werden die Dauerausstellung über die Geschichte der Wittelsbacher ergänzen.
Die Sanierung und Erweiterung des ehemaligen Grand Hotels Alpenrose zu einem Ausstellungsgebäude mit angelagerter Gastronomie- und Hotelnutzung sollte behutsam mit der denkmalgeschützten Substanz umgehen und in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege den Bestand umgestalten. Das ehemalige Hotel erstreckt sich über ein Gebäudeensemble bestehend aus dem Jägerhaus, dem Verbindungsbau mit Foyer und Palmenhaus sowie der Alpenrose.
Ausgehend von dem Wunsch nach einem Kunstlicht-Ausstellungsraum, bei gleichzeitiger Betonung der reizvollen Ausblicke, schlugen Staab Architekten eine dreischiffige Anlage vor. Bestehend aus zwei Seitenschiffen, die als Galerien mit Seitenlicht ausgebildet werden und den Blick über Alpsee und in Richtung beider Schlösser leiten sowie einem zentralen Kunstlichtraum, der von der Ausstellungskonzeption variabel bespielt werden kann, verbindet der Neubau die scheinbar entgegengesetzten Anforderungen zu einer Einheit, so die Berliner Planer.
Der Aufbau des Zwischenbereichs reagiert mit seinen Tonnenschalen auf die Dachlandschaften der Bestandsgebäude und bildet, insbesondere in Anbetracht der landschaftlichen bergigen Situation, die „fünfte Fassade“ des Gebäudes – das heißt, großes Augenmerk wurde darauf gelegt, wie der Ausblick in die umgebende Landschaft, den Besuchern der beiden Schlössern auf das Gebäude inszeniert wird, erläutern die Planer das architektonische Konzeption.
Die Ausstellung erstreckt sich über die Gebäudeteile Jägerhaus und Zwischenbau, mit neu geplanter Aufstockung. Um eine gleich bleibend hohe räumliche Dichte und Qualität der Ausstellung zu erreichen, war es unerlässlich, Bestandsgebäude und Erweiterung in einer Hand zu konzeptionieren. Nur so konnte eine räumlich qualitätvolle Architektur entstehen.
Der Zugang zur Ausstellung erfolgt über den Zwischenbau. Hier befindet sich das Foyer als Empfangs- und Verteilerraum. Vom Foyer aus gelangt man über die neue Treppe in die Ausstellungsräume im Obergeschoss des Verbindungsbaus und findet sich im zentralen Ausstellungsraum wieder.

Zwei neue Aufzüge


Je nach Ausstellungsgestaltung kann man frei durch Galerien und Hauptraum wandeln. Die Galerien mit unterschiedlicher Breite – größer zum Garten mit Blick zum Schloss Neuschwanstein, kleiner zur Front mit Blick über Alpsee und Schloss Hohenschwangau, laden zum Verweilen ein und bieten unvergleichliche Panoramen, betonen die Planer. Von der seeseitigen Galerie aus gelangt man in die Ausstellung im Altbau. Hier nutzt sie die vorhandenen Räume als natürlich belichtete Kabinette. Nicht tragende Wände wurden laut Staab Architekten in Abstimmung mit der Denkmalpflege entfernt. Über das Bestandstreppenhaus gelangt man ins Erdgeschoss, wo sich der Ausstellungsrundgang fortsetzt und über den Museumsshop/Ausstellung Hoflieferanten zurück in das Foyer führt.
Der Ausstellungsbereich wird mittels zweier neuer Aufzüge behindertenfreundlich erschlossen. Einer der Aufzüge befindet sich gegenüber der neuen Treppe im Foyer, der andere anliegend am Bestandstreppenhaus im Jägerhaus. Durch diese Anordnung wird mobilitätseingeschränkten Besuchern ermöglicht, der Besucherführung zu folgen. Der Aufzug im Jägerhaus erschließt zusätzlich das Verwaltungsgeschoss der Ausstellung im 2. Obergeschoss.
Im Erdgeschoss hofseitig an das Foyer angrenzend befindet sich das Nebenfoyer mit Garderoben und Sanitärbereich. Das Nebenfoyer dient auch als Foyer für das Palmenhaus. Dieses wurde unter Erhalt der vorhandenen Oberflächen in seinen Originalzustand zurückversetzt und steht für Ausstellungen ergänzend als Wechselausstellungsfläche sowie als Veranstaltungsraum zur Verfügung.
Im Gebäudeteil Alpenrose befindet sich die Museumsgastronomie. Sie ist über den Foyerbereich mittels einer Treppe und einer behindertengerechten Rampe verbunden und erstreckt sich über Erdgeschoss und erstes Obergeschoss der Alpenrose. Über den beiden Gastronomiegeschossen wurden zwei Hotelgeschosse mit hochwertiger Hotelnutzung geplant.
Ziel der Überlegungen der Berliner Planer zur Museumserweiterung war eine möglichst unabhängig vom Altbau funktionierende Struktur zu schaffen, das heißt alle Lasten, die vom Gebäudeneubau resultieren, nicht in die Decke des Altbaus abzuleiten, sondern unabhängig davon zu gründen. Dies hat laut Staab Architekten die Vorteile, dass man nicht abhängig ist von der Position der Bestandswände im Erdgeschoss und der Tragfähigkeit der Bestandsdecke.

Kasettendecke


Erreicht wird dies über die Ausbildung von drei Tonnenschalen in Stahlkonstruktion, die an vier Punkten aufgelagert sind. Die Lage der Auflager ist mit der Kassettendecke im Erdgeschoss abgestimmt und befindet sich in Position des jeweils letzten, aufgedoppelten Balkens der Decke über Erdgeschoss. Gedeckt sind diese Schalen von metallischen Schindeln, die farblich an die Bestandsziegeldächer angepasst sind. Im Inneren sind sie kassettiert ausgeführt. Einerseits nehmen sie so Bezug auf die Bestandsdecke im Foyer, andererseits können innerhalb der Kassetten die technischen Anforderungen an eine Museumsdecke (Licht/Lüftung/Klimatisierung) integriert werden.
Der Innenraum ist hell gehalten und mit einem hellen Terrazzo versehen. Die technische Versorgung des Gebäudes sollte, wie auch die architektonische Gestaltung integriert betrachtet werden, das heißt unter anderem sollten Lüftungsanlage und Heizung für das gesamte Gebäude geplant und ausgelegt werden, um eine kostengünstige, angemessene und nachhaltige Lösung zu gewährleisten, erklären die Planer.
Die Tonnendachkonstruktion besteht aus zwei miteinander verbundenen Trägerebenen. Die sichtbare Stahlkonstruktion aus rautenförmig aufgebauten 15 Millimeter breiten und 140 Millimeter hohen Stahlbelchträgern wurde nach dem „Zollinger“-Prinzip als einfach gekrümmte Tonnenschale verschweißt und prägt den Raumeindruck der Ausstellungsräume im Neubau. In Verbindungen mit den darüber liegenden, längs spannenden Pfettenebene aus IPE-Trägern ermöglicht das Tragwerk die stützenfreie Überspannung des denkmalgeschützten Foyers.
Die 867 rautenförmigen Felder zwischen dem Zollingertragwerk wurden mit hinterleuchteten transluzenten PETG-Scheiben ausgebaut, die die Raumbeleuchtung der Ausstellungsräume garantieren. Zusätzliche Spots werden zur Akzentuierung der Ausstellungsstücke eingesetzt.
Da das neue Dach von beiden Schlössern aus sichtbar ist, wurde auf die Gestaltung des Dachs besonderer Wert gelegt. Die Dachhaut besteht aus farbeloxierten Aluminiumschindeln, die, wei bereits erwähnt, in verschiedenen Rottönen als schimmernde Dachfläche die Visitenkarte des neuen Museums darstellen. (FHH)

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