Bauen

Der neue Erweiterungsbau. (Foto: ADBK Nürnberg)

05.07.2013

Drei getrennte Pavillons

Erweiterungsbau der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg

Mit der Erweiterung der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg werden erstmals die Studiengänge für Freie Kunst und Angewandte Kunst mit der Kunstpädagogik und den Aufbaustudiengängen an einem Standort vereint. Das Stammgelände der Kunstakademie am Stadtrand Nürnbergs ist umgeben von bewaldeten Flächen, in die sich die eingeschossige, denkmalgeschützte Bebauung aus den 1950er Jahren von Sep Ruf harmonisch integriert. In respektvollem Abstand zu den denkmalgeschützten Bestandsgebäuden arrondiert der neue Erweiterungsbau das Gesamtareal und schafft mit einer selbstverständlichen und ruhigen architektonischen Ausformulierung den neuen „Akademie-Campus“. Der Neubau wird dadurch nicht nur die Kommunikation unter den einzelnen Fachgebieten fördern, sondern auch den Außenraum als identitätsstiftendes Landschaftsbild stärker ins Zentrum der Anlage rücken.
Entlang der Bingstraße entstand ein langgestreckter, eingeschossiger Baukörper, der mit seinen Öffnungen und dem darüber schwebenden, eleganten Dach im baukünstlerischen Kontext zu den Bestandsgebäuden steht, einen Eindruck der architektonischen Bedeutung des gesamten Gebäudekomplexes gibt und den Passanten neugierig macht auf die künstlerischen Tätigkeiten der Akademie. Der Neubau bildet dabei keine Barriere, sondern schafft gerade durch seine Lage auf dem Grundstück und seine baukörperliche Ausformulierung Offenheit und eine einladende Geste für Durch- und Einblicke, Kontakte und Kommunikation zwischen Studenten, Künstlern und Laien.
Die neuen Ateliers, der große Malsaal und die Seminarräume wurden in drei getrennten Pavillons unter der zusammenhängenden Dachlandschaft positioniert. Das Zentrum der neuen Anlage bildet der so genannte Kommunikationspavillon mit dem Malsaal, Bilderlager und Multifunktionsraum. Als Entrée und neuer Zugang auf das Gelände ist ein offener Hof vorgelagert, der im Sommer zum Verweilen einlädt und als Außenterrasse dient. Von hier aus gelangen die Studierenden in die angrenzenden Atelier-und Seminarräume.
Die neuen Ateliers der Kunstpädagogen sind im Westen des Neubaus untergebracht; sie gruppieren sich um einen Innenhof und sind, in Analogie zu den Ruf’schen Atelierpavillons, über einen offenen, überdachten Gang miteinander verbunden. Im dritten Gebäudeteil, auf der anderen Seite des Kommunikationspavillons, sind die Seminarräume ebenfalls um einen Hof herum angeordnet. Im Gegensatz zur offenen Erschließung der Ateliers befinden sich hier die Gänge im Gebäude und sind durch großflächige Glasfassaden vom Innenhof getrennt.
Die horizontal durchgängige Dachlandschaft wird trotz unterschiedlicher Raumhöhen durch das natürliche Gefälle des Geländes und die dementsprechende Anordnung der einzelnen Raumbereiche möglich. Die Klassen-und Atelierräume mit einer lichten Höhe von 4,50 Metern befinden sich im tieferen Bereich des Geländes und fügen sich so in die Gebäudestruktur ein. Nur die Sheddächer des Malsaals ragen bewußt aus der Dachlandschaft heraus; sie versorgen den Arbeitssaal gleichmäßig mit diffusem, schlagschattenfreien Nordlicht – eine wesentliche Voraussetzung für das ungestörte Arbeiten der Künstler.
Die Eingeschossigkeit der Anlage sorgt nicht nur für eine äußerst wirtschaftliche Konstruktion und eine barrierefreie Erschließung aller Bereiche, sondern sie bewirkt in erster Linie, dass sich der Neubau in die Landschaft und gleichzeitig in die bestehende Bebauung von Sep Ruf einfügt.
Die gewählte Materialität unterstützt den Werkstattcharakter des Neubaus. Sichtbetonflächen wechseln sich mit Glasflächen und geschlossenen Stahl-Blech-Elementen ab und bilden die robuste, äußere Hülle des Gebäudes. Durch die beweglichen Schiebeelemente aus Streckmetall, die den Glasfassaden als Sonnenschutz vorgelagert sind, verändert sich das Erscheinungsbild der Fassade je nach Stellung der Sonnenschutzelemente. So setzt sich der Neubau in seiner Materialität und Oberflächenbeschaffenheit bewusst von den Ruf‘schen Bauten ab und erlangt architektonische Eigenständigkeit.

Baumbestand blieb erhalten


Ebenso wie die Hülle, erhielten auch die Innenräume robuste, den Nutzungen entsprechende Oberflächen. Um in den Klassen- und Atelierräumen, dem Malsaal und dem Multifunktionsraum das Aufhängen von Arbeiten zu ermöglichen, wurden die Wände mit einem weiß gestrichenen Kalk-Gipsputz versehen, der sich bei Bedarf leicht reparieren und überstreichen lässt.
Die Unterseiten der Sheddächer wurden genutzt, um ein akustisches Raumklima zu schaffen, das Konzentration und störungsfreie Kommunikation fördert. Die Paneele bestehen aus mit Schaumstoff gefüllten Rahmen, die mit weißem, textilem Material bespannt sind, sodass gleichzeitig den Belangen einer gleichmäßigen, indirekten Beleuchtung Rechnung getragen wird.
Durch die gewählte Anordnung des Neubaus auf dem Grundstück konnte ein Großteil des Baumbestands erhalten werden. Der Abstand zur Bingstraße gewährleistet den vollständigen Erhalt der dort vorhandenen, schützenswerten Bäume. Auch im Innenbereich des Geländes wurde die einzigartige Atmosphäre, die durch den Landschaftsraum des umliegenden Waldes erzeugt wurde, erhalten. Im Innenbereich des Geländes wird der Baumbestand ausgedünnt und auf die erhaltenswerten Bäume reduziert, wodurch der von Ruf ursprünglich vorgesehene Landschaftsraum hergestellt und der neue „Akademie-Campus“ im Zentrum der gesamten Anlage als identitätsstiftender Aufenthalts-und Aktionsort neu definiert wird.
Fünf über den Campus verteilte „Inseln“ ermöglichen das Arbeiten im Freien auf befestigten Flächen. Die vorhandene Wegestruktur, die aus funktionalen Zwängen über die Jahre entstanden ist, wurde in ein übergeordnetes System eingebunden und in ihrer Oberfläche erneuert. Dabei blieben die freien, befahrbaren Flächen vor der Bronzegießerei, der Bildhauerei und Stellflächen für anfallende Abfälle und deren Entsorgung vorerst erhalten und wurden in den Gesamtkontext des neuen Campus integriert.
Der Grundsatz für die gebäudetechnische Planung ist eine Primärenergie sparende, ökologisch nachhaltige und nutzerfreundliche Konzeption, welche einen geringen Energiebedarf und reduzierte Betriebskosten sichert.
Die neue Generation von Gebäuden beruht auf einem Konzept der Nachhaltigkeit und der Bauherr schafft für den Nutzer und Besucher eine behagliche Aufenthalts- und Arbeitsatmosphäre. Grundlage für das Konzept ist eine Unterschreitung der EnEV 2009 Anforderungen um 15 Prozent. Aufgrund der guten Wärmedämmung und der luftdichten Gebäudehülle ist der Wärmebedarf des Gebäudes sehr gering und die Räume können CO2-neutral durch den Einsatz von Biomasse in einem Holzpelletkessel geheizt werden.
Im Sommer verhindert der vorgelagerte Sonnenschutz ein Überhitzen der Räume, sodass eine künstliche, mechanische Kühlung nicht notwendig ist. Zusätzlich fungieren die massiven Decken und Wände als thermische Speichermasse; tagsüber speichern sie die solaren Wärmeeinträge und nachts kühlen sie durch ein geregeltes Öffnen der Fenster wieder ab. Diese Nachtkühlung ermöglicht eine effiziente und ökologische Temperierung des Gebäudes.
Die Räume werden grundsätzlich natürlich be- und entlüftet. Lediglich Bereiche, in denen aufgrund hoher Geruchs- und Wärmelasten die Luftqualität sichergestellt werden muss, werden mechanisch be- und entlüftet.
Die Lüftungsanlage ist mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung ausgestattet. Aus der Wärmerückgewinnung werden mehr als 90 Prozent der Abwärme auf die Zuluft übertragen. Das Kanalsystem ist wirtschaftlich optimiert, um den elektrischen Energieverbrauch der Ventilatoren gering zu halten. (BSZ) (Der Erweiterungsbau der Akademie - Fotos: ADBK Nürnberg)

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