Bauen

Der wiederaufgebaute Ostanbau von Halle I des Verkehrszentrums. (Foto: Hettler)

03.02.2012

Einladendes Entrée

Nach jahrelangem Hin und Her ist jetzt das Verkehrszentrum München fertig

Mitte des 19. Jahrhunderts wurde auf der Theresienhöhe in München der Bavariapark errichtet. Um ihn herum entwickelte sich um 1900 ein Ausstellungs- und Vergnügungspark, dem schließlich bis 1998 die Funktion als zentraler Messestandort Münchens zukam. Aufgrund fehlender Erweiterungsmöglichkeiten wurde die Messe auf das Gelände des ehemaligen Flughafens Riem verlegt und das alte Messegelände zu einem lebendigen Stadtquartier neu entwickelt. Lediglich die drei denkmalgeschützten Hallen des Münchner Stadtbauamtschef Wilhelm Bertsch von 1907 wurden erhalten und als kulturelle Anziehungspunkte dem Deutschen Museum zur Errichtung eines „Verkehrszentrums“ übergeben, um in dieser Außenstelle das Thema Verkehr und Mobilität im übergreifenden Kontext darzustellen.
Eröffnet wurde das Verkehrszentrum im Mai 2003 mit der eindrucksvollen Eisenbetonhalle III zum Thema Mobilität und Technik, im Oktober 2006 folgten die benachbarten Stahlhallen I und II zu den Themen Stadtverkehr und Kultur des Reisens. Voran ging jedoch eine abenteuerliche Umbau- und Sanierungsphase der desolaten und abgewirtschafteten Hallen, die auf mit Altlasten aufgefüllten Kiesgruben standen und statisch viel aufwändiger zu sanieren waren als ursprünglich angenommen. Die Stahlkonstruktionen der Hallen I und II mussten sogar nahezu komplett demontiert, verstärkt, abgestrahlt und korrosionsgeschützt werden, um dann wieder neu aufgebaut zu werden.
Schließlich war auch der in Eisenbeton errichtete und vielfach umgebaute Ostanbau der Halle I derart geschädigt, dass seine ursprünglich geplante Sanierung unmöglich war und er im Sommer 2005 bis auf die Pfahlgründungen und einen kleinen verbleibenden Betonbauteil („Portikus“) abgerissen werden musste. Der von den Denkmalbehörden geforderte gleichartige Wiederaufbau des Ostanbaus konnte aber aus dem damaligen Festbetragsbudget nicht mehr finanziert werden. Ferner konnte 2006 aus finanziellen Gründen auch der Außenhof nördlich Halle I/westlich Halle II nicht eingezäunt und befestigt werden.

Unerwartete Mittel


Somit mussten die für den Ostanbau schon seit Projektbeginn dort geplanten Nutzungsbereiche (Eingangsinfrastruktur, Shop, Seminarraum, Büros, Werkstätten, Sozialräume für Mitarbeiter) in Halle III belassen beziehungsweise weiterhin in angemieteten Räumen notdürftig untergebracht bleiben. Daraus ergaben sich für die Besucher Unannehmlichkeiten und vor allem für den Betrieb Einschränkungen, erschwerte Abläufe und somit Zusatzkosten. Zudem zeigten sich die Ostseite der Halle I und der Außenhof als provisorisch umzäunte Kieswüsten in einer ansonsten fertiggestellten Umgebung.
Im Frühjahr 2009 erhielt das Deutsche Museum unerwartet die staatliche Zusage, dass auch das Verkehrszentrum aus Mitteln des Konjunkturpakets II vollendet werden kann. Das weitgehend alte Planungsteam erhielt daher den Auftrag, die seit Ende 2005 ruhende Entwurfsplanung des Wiederaufbaus des Ostanbaus wieder aufzunehmen und fortzusetzen. Die Gebäudeplanung musste teilweise geänderten Bedürfnissen angepasst werden; insbesondere die Lager- und Techniknutzung der Dachräume mit eigenen Treppenaufgängen war planerisch aufwändig. Auch die Außenanlagen im Vorfeld des Ostanbaus und die Befestigung und Einzäunung des Außenhofs nördlich Halle I/ westlich Halle II waren noch zu planen. Die erforderlichen Bauanträge wurden ab Sommer 2009 eingereicht und nach den Anforderungen des Projektfortschritts genehmigt.
Das Freilegen und Ergänzen der wieder zu verwendenden Pfahlgründungen begann im Spätsommer 2009. Die Bodenplatte konnte erst im Frühjahr 2010 komplett fertig betoniert werden, da der Zustand der Gründungsbauteile unerwartet schlecht und der Winter ungünstig war. Der aufgehende Rohbau des Erd- und Obergeschosses in gemischter Massiv- und Fertigteilbauweise war im Sommer 2010 errichtet, wobei die Schwierigkeit vor allem in der auf 7,5 Tonnen beschränkten Baustellenzufahrt bestand, das heißt, die Baustelle musste vor allem über einen im Außenhof aufgestellten Kran ver- und entsorgt werden.
Technisch besonders anspruchsvoll war der Nachbau der historisch vorgegebenen, stark profilierten gestockten oder scharrierten Sichtbetonfassaden unter Berücksichtigung der heute gültigen betontechnischen, statischen und bauphysikalischen Anforderungen. Auch die Sanierung des „Portikus“ des alten Ostanbaus inmitten des Neubaus war äußerst kompliziert. Bis Herbst 2010 wurden das Dach und ein Großteil der Fassaden geschlossen.
Der Innenausbau mit der gesamten technischen Gebäudeausrüstung fand bis Sommer 2011 statt. Die Dauer dieser Bauphase war der Tatsache geschuldet, dass wegen der Sichtbetonbauweise Gipskartonvorsatzschalen mit Dampfsperre und Innendämmung der Außenwände den erforderlichen zeitgemäßen Wärmeschutz sicherstellen mussten. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Funktionsbereiche im Ostanbau und der Anbindung an die bestehenden Hallen I und II waren auch die haustechnischen Anlagen kompliziert: Der Ostanbau war komplett zu sprinklern und an die Brand- und die museumsspezifische Einbruchmeldeanlage sowie Gebäudeleittechnik anzubinden. Der Seminarraum erhielt eine eigene medientechnische Ausstattung. Die öffentlich zugänglichen Bereiche sowie die Außenanlagen wurden von einem Lichtplaner konzipiert und ausgestattet.
In Halle I mussten zahlreiche Türen und Fenster zum neuen Ostanbau sowie das Ende 2005 zurückgestellte „Einführungspodest“ als wesentliche Informations- und Orientierungsstelle für Besucher bei laufendem Ausstellungsbetrieb unter Vermeidung von Staubschäden an Exponaten eingebaut werden. Die Inbetriebnahme des wieder aufgebauten Ostanbaus und dessen komplette Neumöblierung fand im September und Oktober 2011 in zwei Abschnitten statt. Im Spätherbst waren auch alle barrierefrei geplanten Außenanlagen hergestellt und bepflanzt, sodass sich das Verkehrszentrum nun auch außen als fertiggestellt darstellen kann. Die offizielle Eröffnung des neuen Eingangsbauwerks erfolgte am 19. Oktober 2011. (Peter Kreuzeder) (Historische Aufnahme des Ostanbaus - Foto: Deutsches Museum; am 19. Oktober 2011 wurde das Eingangsbauwerk eröffnet - Foto: Hettler)

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