Bauen

Christoph Lamprecht (l.) und Stefan Schlicht vor der Fassade des Verwaltungsneubaus der Schweinfurter Altmetallhandelsfirma Lesch. (Foto: Probst)

05.06.2015

Erfolgreiches Tandem

Die beiden Schweinfurter Jungarchitekten Stefan Schlicht und Christoph Lamprecht

Skepsis war beim Verfasser angesagt, als der Stadtbus in Schweinfurt am Marktplatz hielt, nur wenige Gehminuten von der Oberen Straße 8, dem Sitz des Architekturbüros Schlicht Lambrecht, entfernt. Was sich wohl hinter diesem kleinen Großraumbüro verbergen würde?
Und da in Schweinfurt – historisch bedingt – fast alles mit Wälz- und Kugellagern zu tun hat, drängte sich die Frage auf, wo die Verbindung zur Stadtgeschichte zu finden ist? Die beiden Gesprächspartner Stefan Schlicht und Christoph Lamprecht ließen nicht lange mit der Antwort warten: Bevor sie einzogen und denkmalgerecht sanierten, wurde das Haus unter anderem als Werkstatt von Kugel Fischer genutzt und gilt heute als Geburtsstätte der Kugellager-Industrie Unterfrankens.
Von hier aus werden jetzt aber mit einer Handvoll Spezialisten moderne und anspruchsvolle Immobilien konzipiert, für die man bereits zahlreiche Architekturpreise einheimsen konnte. Der jüngste galt dem Umbau eines Reihenmittelhauses. Dieser Umbau wurde beim Häuser Award 2015 mit einer Auszeichnung versehen. Wer wie Schlicht Lamprecht bei Null angefangen hat, erst seit vier Jahren selbstständig ist und ein Erfolgsprojekt nach dem anderen hinlegt, der macht neugierig.
Wie gut muss man sein, um das zu schaffen? Wurden hier vielleicht Väter beerbt, die schon mal die Basis gelegt hatten? Wer Schlicht und Lamprecht gegenübersitzt, der eine 41, der andere 42 Jahre jung, der spürt sofort, dass hier zwei „Überzeugungstäter“ mit großem Elan ans Werk gehen, die ihre Kunden und Auftraggeber schlicht begeistern können. Zwei, die ihren Weg ganz alleine geschafft haben: Stefan Schlicht, Vater Maler, nach dem Abitur Zeichner-Lehre, mit 30 Architekt, mit 40 selbstständig; Stefan Lamprecht, Sohn eines Tiefbauingenieurs und Kompagnon des Architektenkollegen. Der Eine stark im Konzeptionellen, der Andere stark im Ausführen – zusammen ein ideales Tandem.
Wer in einem kreativen Beruf unterwegs ist, muss sich auch die Frage gefallen lassen, wo er seine Kreativität hernimmt. Was andere Gesprächpartner ins Wanken gebracht hätte, ist für die beiden Jungtalente ein Klacks: „Wir lassen uns“, so sind sich Schlicht und Lamprecht einig, „vom Genius Loci leiten.“ Einem Schrotthandel etwa ein modernes Gesicht zu geben – und dieses Anwendungsbeispiel greifen sie gerne auf – bringt mit sich, dass man sich auf die Eigenschaften und innere Ästhetik der Materialien einlässt. Das Ergebnis war eine gitterähnliche Corten-Stahlfassade, die einen inneren Zusammenhang zum Schrott herstellt. Nach dem Motto „Nichts verdirbt ganz, nichts wird vollkommen neu geschaffen“ verliehen sie dem an sich wenig attraktiven Thema Schrott auf diese Weise ein geradezu schönes Aussehen.
Obwohl erst 48 Monate am Markt scheuen sie auch vor anderen neuen Herausforderungen offensichtlich nicht zurück. Dass sie in klassischer Altstadtlage, in der Neuen Hadergasse, moderne Architektur in ein altes Ambiente hineinkomponieren, geht ihnen scheinbar genauso leicht von der Hand wie der Ausbau eines ehemaligen Luftschutzbunkers in der vorletzten und obersten „Etage“ zu einer Art Penthouse-Wohnung.

Häuser mit Charakter

Dass Architektur ihre Leidenschaft ist, so ihr ausgehängtes Motto im Großraum-Büro, und sie Häuser mit Charakter bauen und gestalten wollen, sieht man nicht nur bei modernen Wohnbauten, sondern auch bei (zumeist dringend erforderlichen) Modernisierungen – von betagten Winzer-Weinverkostungen zu modernen fränkischen Vinotheken. Auch vor der „Neuordnung“ des historischen Ostflügels einer Burg, ein Projekt, das gerade in der Nachbarschaft in Planung ist, scheuen sie nicht zurück und liefern Ergebnisse der Superlative.
Wen wundert es da, dass die Bauherrn schlicht begeistert sind und man dem Architekturbüro Schlicht Lamprecht auch die Fusion mit dem bereits seit 40 Jahren existierenden Büro für Städtebau und Denkmalpflege in Schweinfurt zutraut? Städtebau, Ortsentwicklung und Denkmalschutz scheinen ihnen gleichermaßen locker – man ist fast geneigt „genial“ zu sagen – von der Hand zu gehen. Ob bei dieser steilen Erfolgskurve Christoph Lamprecht noch viel Zeit zum Fahrradfahren mit seinem Sohn und Stefan Schlicht zum Fußballspielen und Beschäftigung mit seinen beiden Kindern bleibt, scheint mehr und mehr Wunschdenken zu werden. Erfolg hat eben doch seinen Preis und viel Erfolg hat viele Preise. (Ulrich Probst) Abbildungen (Fotos: Probst/Schlicht und Lamprecht)
Schlicht und Lamprecht gaben einem Schrotthandel ein modernes Gesicht.   Wohnungsneubau durch Schlicht und Lamprecht in der Neuen Hadergasse in Schweinfurt. Der umgebaute Ostflügel der Burg Brattenstein.

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