Bauen

Die Generaloberst-Beck-Kaserne in Sonthofen. (Foto: Dr. Schütz Ingenieure)

15.01.2021

Innovative und nachhaltige Projekte

Die Gewinner des Bayerischen Ingenieurepreises 2021 stehen für Kreativität, Wirtschaftlichkeit und partnerschaftliches Arbeiten

Für ihre herausragenden, kreativen und innovativen Ingenieurleistungen werden am heutigen Freitag, dem 15. Januar 2021, drei bayerische Ingenieurbüros mit dem Bayerischen Ingenieurpreis 2021 ausgezeichnet. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau vergibt den mit 10 000 Euro dotierten Preis bereits zum elften Mal. Die Auszeichnungen werden im Rahmen des 29. Bayerischen Ingenieuretags, der in diesem Jahr coronabedingt erstmals als Online-Veranstaltung stattfindet, überreicht.

Die Preisträger sind Karl G. Schütz von Dr. Schütz Ingenieure (Kempten) für den Erhalt denkmalgeschützter Remy-Decken im Zuge der Generalsanierung der Generaloberst-Beck-Kaserne in Sonthofen (Platz 1); Alexander Hentschel von Tragraum Ingenieure (Nürnberg) für den Neubau der Umweltstation Würzburg (Platz 2) und Benjamin Di-Qual von concon – construction consulting (Traunstein) für den Neubau einer stehenden Flusswelle in Ebensee (Platz 3).

Für die siebenköpfige Jury unter dem Vorsitz von Helmut Schütz, Amtschef im bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, standen bei der Beurteilung der eingereichten Projekte die Kriterien Innovation, Nachhaltigkeit, technische Kreativität, Wirtschaftlichkeit und das interdiszi-plinäre, partnerschaftliche Arbeiten im Mittelpunkt.

Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau vergibt den Ingenieurpreis alle zwei Jahre an besonders herausragende Projekte aus den verschiedenen Fachgebieten von Ingenieuren im Bauwesen. Kammerpräsident Gebbeken, der auch der Jury angehörte, erklärt: „Trotz der Corona-Pandemie hatten wir eine gute Beteiligung am Ingenieurpreis 2021. Die bayerischen Ingenieurinnen und Ingenieure stellen sich der Krise und haben mit ihren Einreichungen einmal mehr unter Beweis gestellt, dass sie innovative technische Lösungen für die unterschiedlichsten Aufgabenstellungen finden.“

Viel Bauschutt
wurde vermieden

In der Jurybegründung für den 1. Platz (Preisgeld: 5000 Euro) heißt es unter anderem: Die heutige Generaloberst-Beck-Kaserne im schwäbischen Sonthofen wurde in den 1930er-Jahren erbaut. Die 13 denkmalgeschützten Gebäude werden im Rahmen einer Generalsanierung zu Schulungsräumen der Bundeswehr umgebaut und durch Neu- und Erweiterungsbauten ergänzt. Die bestehenden sechsgeschossigen Unterkunftsgebäude sind rund 18 Meter breit und bis zu 190 Meter lang. Sie sind in den oberen Geschossen als Stahlbeton-Skelettkonstruktion mit Hohlkörperdecken aus Bimsbeton, sogenannten Remy-Decken, ausgeführt.

Durch eine Serie von speziell für diese Decken entwickelten Belastungsversuchen gelang es dem Büro Dr. Schütz Ingenieure, so das Preisgericht, die Tragfähigkeit der historisch wertvollen Remy-Decken nachzuweisen. In einem eigens hierfür entworfenen Wasserbecken wurde eine Flächenbelastung stufenweise aufgebracht und bis zum erforderlichen Lastniveau gesteigert. Bei der Versuchsdurchführung wurde die Durchbiegung der Decken mit einer Genauigkeit von 0,01 Millimetern gemessen und bewertet.

Nach insgesamt 93 erfolgreichen Belastungsversuchen war der Beweis erbracht, dass die denkmalgeschützte Konstruktion die heutigen Sicherheitsanforderungen erfüllt und somit auf der gesamten Fläche von 50 000 Quadratmetern vollumfänglich und ohne zeitliche Beschränkung weiterhin genutzt werden kann.

Durch die auf wissenschaftlichen Methoden basierende Bestandsuntersuchung ließen sich gegenüber einem Abriss und Neubau der Decken rund 17 Millionen Euro Baukosten einsparen, etwa 16 500 Kubikmeter Bauschutt vermeiden und der Ausstoß von rund 3600 Tonnen CO2 verhindern.

Dem Preisträger ist es laut Jury durch diese umfassende, individuell entwickelte Versuchsreihe gelungen, den ursprünglich erwogenen Austausch der historischen Remy-Decken in dem ehemaligen Kasernengebäude vollständig zu vermeiden und damit zu einer ebenso nachhaltigen wie wirtschaftlichen Gesamtlösung beizutragen. Das eingereichte Projekt erfüllt daher in idealtypischer Weise die Anforderungen des Bayerischen Ingenieurpreises 2021.

Das mit dem 2. Platz (Preisgeld: 3000 Euro) ausgezeichnete Projekt der Umweltstation Würzburg vermittelt als öffentlicher Lehr- und Lernbetrieb Wissen über Nachhaltigkeit und Ökologie. Mit ihrer ressourcenschonenden Bauweise ist sie nach Ansicht des Preisgerichts selbst ein ideales Beispiel für einen bewussten und behutsamen Umgang mit natürlichen Rohstoffen.

Verbesserte Dämmung
der Gebäudehülle

Als erstes öffentliches Gebäude in Bayern wurde die Umweltstation Würzburg aus Recycling-Beton mit einem hinsichtlich des CO2-Äquivalents optimierten Zements (CEM III) errichtet. 650 Kubikmeter Beton wurden verbaut – zu 74 Prozent sind darin Inhaltsstoffe enthalten, die aus einer nahegelegenen, ehemaligen Autobahnbrücke stammen.

Der Neubau der Umweltstation zeichnet sich zudem aus durch eine verbesserte Dämmung der Gebäudehülle, durch die konsequente Nutzung von Photovoltaik zur Realisierung eines bilanzierten Nullenergiehaus-Konzepts sowie durch die Planung und Verwirklichung eines kombinierten Heiz-/Kühlsystems, bestehend aus Wärmepumpe, Eisspeicher und Solar-Luftabsorber, so die Jury.

Neben einer energetischen Bewertung der Baumaterialien von ihrer Herstellung bis zum Recycling umfasste die Planung der Umweltstation Würzburg umfangreiche Lebenszyklusanalysen. Dabei wurden emissionsbedingte Umwelteinwirkungen wie Treibhaus- und Versauerungspotenzial und der Verbrauch an Primärenergie für die Konstruktion sowie der Energieverbrauch über eine Lebensdauer von 50 Jahren betrachtet, heißt es in der Jurybegründung.

Der konsequente und kontinuierliche interdisziplinäre Planungsprozess mit den begleitenden ökologischen Bilanzierungen in allen Planungsentscheidungen stellt nach Ansicht des Preisgerichts einen bisher einmaligen Planungsprozess dar. Mit ihrer nachhaltigen und ressourcenschonenden Bauweise besitzt die Umweltstation Würzburg Leuchtturmcharakter weit über die Region hinaus.

Riversurfen ist eine Sportart, bei der man auf einer „stehenden“ Flusswelle surft. In interdisziplinärer Zusammenarbeit deutscher, österreichischer und amerikanischer Ingenieurbüros entstand jetzt im österreichischen Ebensee am Traunsee ein Paradies für Surfer. Mit einer zehn Meter breiten und bis zu anderthalb Meter hohen Welle ist The RiverWAVE die weltweit größte gebaute stehende Flusswelle.

Um das Wasser zu lenken und die Menge und Geschwindigkeit zu steuern, benötigt The RiverWAVE keinerlei zusätzliche Energie. Sie ist die erste Flusswelle, bei der das Ausleitungsbauwerk, welches einen Teil des Wassers in einen gebauten Seitenarm einspeist, ausschließlich durch ein hydraulisches Schild über einen Hydraulikantrieb gesteuert wird.

Wesentlich für den Betrieb dieser stehenden Surfwelle ist eine möglichst große Verstellbarkeit des Stahlwasserbaus, um auf die stark schwankenden Wasserstände reagieren zu können. Mit der gleichzeitig errichteten Fischtreppe konnte der Eingriff in das Gewässer nicht nur ausgeglichen, sondern die ökologische Bestandssituation sogar verbessert werden.

Dem internationalen Planungsteam ist es mit dem Projekt gelungen, eine neue erste Adresse für die bald olympische Trendsportart Surfen an einem Fließgewässer in der freien Natur zu schaffen und wurde vom Preisgericht mit Platz 3 (Preisgeld: 2000 Euro) des Ingenieurpreises 2021 prämiert. (Friedrich H. Hettler)

(Der Belastungsversuch der Decke im Wasserbecken. Der Neubau der Umweltstation Würzburg und ein Luftbild der The RiverWAVE in Ebensee - Fotos: Dr. Schütz Ingenieure/ Stadt Würzburg Geodaten und Vermessung/Nico Walz)

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