Bauen

Die Neue Maria-Ward-Schule in Nürnberg. (Foto: Ralf Dieter Bischoff Fotografie)

20.07.2022

Innovatives Gebäude mit klösterlicher Verbindung

Der Neubau für die Maria-Ward-Schule in Nürnberg ist fertiggestellt (1)

Mit der Teilnahme an einem Wettbewerb der Erzdiözese Bamberg hatte es 2012 begonnen. Jetzt, zehn Jahre später, ist die Maria-Ward-Schule Nürnberg eingeweiht und mit Leben gefüllt. Die Zeugnisvergabe des Abiturjahrgangs 2022 Ende Juni konnte im lichtdurchfluteten Atrium des Neubaus feierlich begangen werden. 

H2M Architekten Kulmbach/München zeichneten nicht nur für Entwurf und Gesamtplanungsleistung (Leistungsphase 1 – 8) der neuen Schule verantwortlich, sondern wirkten auch aktiv an der Entwicklung des Lernkonzepts mit. Und das ist alles andere als Standard: Die Maria-Ward-Schule vereint Gymnasium, Realschule und Grundschule unter einem Dach.

Nach einer intensiven Planungs-, Machbarkeits- und Abstimmungsphase zur Weiterentwicklung des Wettbewerbs entschieden sich alle Planungs- und Baubeteiligten, unter anderem aufgrund erheblicher Schadstoffbelastungen und der damit verbundenen erheblichen Sanierungskosten, im Dezember 2014 für den Abriss der bestehenden Schule. Ein wesentlicher Vorteil der Neukonzeption war die Möglichkeit, das gemeinsam entwickelte innovative, zukunftsgerichtete und offene Lernkonzept räumlich perfekt im Neubau umsetzen zu können.

H2M entwickelten einen kompakten, homogenen Baukörper, der das geforderte Raumprogramm für die drei Schularten sowie die Turnhallen unter einem Dach unterbringt. Entstanden ist ein drei- beziehungsweise viergeschossiger Baukörper, dessen höhere Bauteile sich städtebaulich zum Keßlerplatz und dem Prinzregentenufer orientieren. Trotz seiner Größe wirkt der Neubau zurückhaltend, sehr wertig und damit beruhigend auf das heterogene, dichte innerstädtische Umfeld.

Im Norden umschließt der Bau das viergeschossige Atrium, das als Pausenhalle, aber auch für große Veranstaltungen genutzt wird. Daran schließt der geschützte Pausenhof an, der von den Lernclustern umschlossen wird. Durch die Situierung des neuen Baukörpers im östlichen Teil des Grundstücks entstehen im Westen großzügige Außenanlagen, die einen weiteren Pausenhof und Sportflächen bieten. Von der ursprünglichen Bebauung wurde das Konvent, in dem die Maria-Ward-Schwestern noch heute wohnen, erhalten und saniert. Hier befindet sich die Küche, von der aus die Mensa versorgt wird. Der Neubau ist über eine direkte Verbindung an das Kloster der Schwestern angeschlossen.

Um den Schulbetrieb auch während der Bauzeit aufrechterhalten zu können, wurde in nur zwei Wochen Bauzeit ein Interimsbau aus Holz in vorgefertigter Modulbauweise errichtet, der jetzt nach Abschluss der Bauarbeiten vollständig rückgebaut wird. 

Durch die Typologie einer kompakten Hallenschule mit Innenhof erinnert der Schulneubau an klassische Klosterbauten und wird hierdurch seiner Namensträgerin gerecht. Im Sinne von Maria Ward, ihrerzeit eine englische Ordensschwester in der römisch-katholischen Kirche, werden die heutigen Schwestern aktiv in den Schulbetrieb mit eingebunden und sind unter anderem für die Mahlzeiten und den Schulgarten verantwortlich. 
Insgesamt beherbergt der Neubau über zehn verschiedene Funktionsbereiche, neben 65 Klassenräumen mehrere Fachräume, einen Fachlehrsaal, eine Lehrerbibliothek, einen Musikbereich, eine Mensa mit Nebenräumen, ein Tagesheim für die Schülerinnen, eine multifunktionale Aula, Pausen(innen)höfe, eine unterirdische Dreifachsporthalle mit Nebenräumen sowie Verwaltungs- und diverse Technikräume.

Die Identität des Gebäudes entsteht durch die räumliche Umsetzung des innovativen Lernkonzepts nach Elementen des Marchtaler Plans, dem sich die Erzdiözese Bamberg seit 2011 verschrieben hat. Dieses Schulkonzept ist an feste Strukturelemente geknüpft, die grundsätzlich eine ganzheitliche personale und soziale Erziehung sowie eine religiöse und werteorientierte Bildung zum Ziel haben. So wird jede neue Schulwoche mit dem Morgenkreis eröffnet. Dieser kann mit Sinnesübungen, Spielen, Meditationen, Bibelgesprächen, Gebeten und Gottesdiensten gestaltet werden, bei welchen die Emotionalität der Schülerinnen und das Wachsen der Klassengemeinschaft geachtet und gefördert werden sollen. Weitere wichtige Bestandteile sind der vernetzte Unterricht und die freie Stillarbeit, die das schulische Arbeiten jeden Tag eröffnet und das selbstständige Arbeiten fördern soll. Zusätzlich wird das Konzept Tagesheim, in dem die Schülerinnen nachmittags bildend betreut werden, angeboten.

Der kompakte Neubau bietet vielfältige Möglichkeiten zur Umsetzung dieses besonderen Schulkonzepts mit entsprechenden Aufenthaltsmöglichkeiten zum Lernen und Arbeiten. Das Herz des Schulbaus bildet der freie Lernbereich mit dem großzügigen, weiß und oval ausgeführten Atrium und der Haupttreppe, die durch den direkten Tageslichteinfall von oben mit viel Licht versorgt werden.

Die Klassenräume selbst sind als flexible Struktur ringförmig zur Fassade angeordnet und geschossweise gestapelt. Vorgelagerte Lernzonen um das Atrium herum beziehungsweise entlag der Innenhoffassade, mit Nischen und Ecken zum stillen Arbeiten bestückt, ermöglichen eine Erweiterung der Klassenräume und bilden eine gezielte Vernetzung der unterschiedlichen Schulformen, die bewusst räumlich nicht voneinander getrennt sind. Ganzglastrennwände sorgen für Transparenz in den Flurbereichen, Offenheit und Bezug zu den Sonderlernbereichen und versorgen die Räumlichkeiten mit reichlich Tageslicht. Einige dieser Glaselemente decken die notwendigen Brandschutzanforderungen ab, die in diesem Bauvorhaben als Einzelfallzulassung geprüft und genehmigt wurden.

Die hochwertige, ehrliche Materialität der Innenräume wird durch einen hellen Terrazzoboden im Erdgeschoss und fugenlos gegossene PU-Beschichtungen in den Obergeschossen ergänzt. Klassenraumeinbauten aus gebürsteter, naturbelassener Weißtanne sorgen für Wärme und natürliche Atmosphäre und runden das Materialkonzept ab.

Die Transparenz des Inneren wird auch in der Kubatur spürbar. Zum innenliegenden Pausenhof öffnet sich die Fassade mit einer abstrakt gestalteten Baumstruktur. Die Closed-Cavity-Fassade ist in drei mal sechs Meter große Fensterelemente gegliedert. Ihren Namen verdankt sie dem vollständig gekapselten Raum zwischen innerer und äußerer Fassadenschale, sie ist mit einem innenliegenden, steuerbaren Sonnenschutz und drehbaren Lüftungsflügeln aus Echtmessingklappen ausgestattet, um die Räume mit Frischluft zu versorgen. In Zusammenarbeit mit der Lüftungsfirma entwickelten H2M Architekten auch für die Klassenräume selbst ein innovatives, dezentrales Lüftungskonzept, das pandemiebedingte Lüftungsanforderungen erfüllt und elegant in einem Schrank- und Garderobenmöbel integriert ist.

Der Baukörper ruht im heterogenen Umfeld des Nürnberger Keßlerplatzes. Mit der Unterbringung der Dreifachturnhalle im Untergeschoss gelingt nicht nur eine funktionierende Nachverdichtung, sie schafft auch Platz für eine großzügige organische Freiflächengestaltung. Die Solidität des Gebäudes wird gestärkt durch die Wahl des Architekturbetons, dem die Abbruchklinker der roten Ziegelbauten als Zuschlagstoffe beigemischt wurden.

Wertigkeit in Materialität und Kubatur sorgen nicht zuletzt für eine hohe Identifikation aller Planungsbeteiligten mit dem künftigen Schulgebäude. Heute schon überzeugt das Projekt auf räumlicher ästhetischer Ebene, die Nutzung der Schülerinnen und Lehrenden wird dem Gebäude den letzten Schliff zur individuellen Prägung verleihen. Insgesamt ist eine neue innovative Schule entstanden, die dem Zitat von Maria Ward „Zeige dich, wie du bist, und sei, wie du dich zeigst“ enstpricht und das zukunftsgerichtete Lernkonzept architektonisch in Struktur und Gestalt umsetzt. > BSZ
 

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