Bauen

Die Halle für das Sludge-2-Energy-Verfahren. (Foto: Stadt Straubing)

09.03.2012

Innovatives Verwertungskonzept

Realisierung des Sludge-2-Energy-Verfahrens für das Klärwerk Straubing

Das Klärwerk Straubing wurde nach seiner Inbetriebnahme im Jahr 1967 als mechanische Anlage betrieben und im Jahr 1989 als Anlage für 200 000 EW (Einwohnerwerte) ausgebaut. In den letzten Jahren wurde die Anlage dann in drei Bauabschnitten zur Stickstoffelimination ertüchtigt.
Bis zum Jahr 2001 wurde der Klärschlamm der Kläranlage Straubing annähernd vollständig landwirtschaftlich verwertet. Trotz der Einhaltung sämtlicher Anforderungen der Klärschlammverordnung wurde vor dem Hintergrund der BSE-Krise und dem damaligen Wissensstand, dass eine Übertragung von Erregern durch Klärschlamm von den Fachbehörden nicht ausgeschlossen werden konnte, durch die Stadt Straubing entschieden, aus der landwirtschaftlichen Verwertung auszusteigen. Hierbei war auch die Vorreiterrolle und Verantwortung als Oberzentrum in der Gäuboden-Region, die stark landwirtschaftlich geprägt ist, mitentscheidend. Als einzige Lösung bot sich seinerzeit die thermische Verwertung/Entsorgung des Klärschlamms in Kraftwerken an.
Die Stadt Straubing war in der günstigen Lage, bereits eine Klärschlammentwässerung zu betreiben und hatte die Möglichkeit zur Behandlung des dabei anfallenden hoch belasteten Prozesswassers. Im Gegensatz zu der Großkläranlage in Straubing waren viele Umlandgemeinden nicht in der Lage, vergleichbare Einrichtungen mit wirtschaftlich und ökologisch vertretbarem Aufwand einzurichten.
Vor diesem Hintergrund wurde den Gemeinden von der Stadt Straubing angeboten, den auf den kleineren Kläranlagen anfallenden Klärschlamm auf der Kläranlage Straubing mitzubehandeln und gezielt entsorgen zu lassen. Aufgrund des großen Zuspruchs ist dieser Weg der Klärschlammverwertung bereits unter dem Namen „Straubinger Modell“ überregional bekannt und als herausragendes Beispiel interkommunaler Zusammenarbeit von der Regierung von Niederbayern gelobt worden.
Als dritter externer Stoffstrom werden neben (immer kleineren Mengen) Fäkalien und den Fremdschlämmen seit 2007 auch Reststoffe aus der Lebensmittelindustrie zur Co-Vergärung angenommen. Insgesamt fallen derzeit auf der Kläranlage Straubing rund 8000 Tonnen/Jahr Klärschlamm mit einem TS-Gehalt von 31 Gew.-% an.
Im Jahr 2006 hat die Firma Huber SE aus Berching in der Oberpfalz mit anderen Projektpartnern für das Verfahren Sludge-2-Energy (S2E) einen Förderantrag im Rahmen des EU-Life-III-Programms gestellt, bei dem eine großtechnische Pilotanlage zur Klärschlammverbrennung auf der Kläranlage Straubing realisiert werden sollte. Die Stadt hat für die S2E-Anlage eine Halle errichtet, die von Huber SE über den Zeitraum gemietet wird, in dem die Anlage von der Firma betrieben wird. Die S2E-Anlage wurde im Herbst 2009 nach Bundes-Immissions-Schutz-Gesetz (BImSchG) von der Regierung von Niederbayern genehmigt.
In der S2E-Anlage kommt ein Verfahren zur thermischen Verwertung von Klärschlamm unter gleichzeitiger Gewinnung von elektrischer und thermischer Energie zum Einsatz. Im Rahmen der Pilotversuche sollen neben Klärschlamm auch stückige Abfälle, zum Beispiel Strauchschnitt, Rechengut oder Kompostierungsreste mitbehandelt werden.

Rostfeuerung


Zur Entwässerung des Faulschlamms auf einen Feststoffgehalt > 25 Gew.-% TS werden auf der Kläranlage Straubing zwei Dekanter betrieben. Der entwässerte Schlamm wird vor der Verbrennung aus Bunkern einem kontinuierlich arbeitenden Hochtemperaturtrockner zugeführt. Dem Bandtrockner wird trockene Luft zugeführt und mit der Prozessluft im Trockner vermischt.
Im Bandtrockner wird das Medium permanent von der zirkulierenden Prozessluft durchströmt. Diese Prozessluft wird durch Wärmetauscher erhitzt und mittels Prozessluftventilatoren durch die Trockner gefördert. Bei der Hochtemperaturtrocknung erfolgt die Wärmeversorgung der Prozessluftwärmetauscher durch einen Heißwasserkreislauf eines Abhitzewärmetauschers im Rauchgasstrom der Verbrennungsanlage.
Bei der Luftdurchströmung der mit Medium belegten Bänder wird die aufgeheizte Luft mit der Feuchtigkeit aus dem Medium beladen. Das Medium wird dadurch stetig getrocknet. Die Umluft wird in einem Kondensationsmodul abgekühlt und anfallende Brüden abgeleitet. Die Luft wird anschließend dem Trockner wieder zugeführt. Ein geringer Teilstrom wird aus dem System entfernt, um den Unterdruck im Trockner zu gewährleisten. Dieser Teilstrom wird der Abluftbehandlung zugeführt.
Als Verbrennungstechnik ist eine Rostfeuerung mit Wurfbeschickung vorgesehen. Diese Feuerungsart mit Flugverbrennung hat sich für vielfältige Einsatzstoffe aus dem Abfall- und Bioenergiebereich bewährt. Die Wärme der bei der Verbrennung erzeugten heißen Rauchgase wird über zwei gestaffelte Wärmetauscher an komprimierte Umgebungsluft transferiert und anschließend über eine modifizierte Mikrogasturbine unter Erzeugung von elektrischer Energie entspannt. Die Abluftwärme nach der Mikrogasturbine wird über Wärmetauscher dem Klärschlammtrockner zugeführt und anschließend als vorgewärmte Verbrennungsluft für die Rostfeuerung verwendet.
Die Rauchgasreinigung erfolgt durch feuerungstechnische Maßnahmen, eine zusätzliche Absetzkammer, selektive nichtkatalytische Reduktion (SNCR), einen Zyklon sowie eine trocken-sorptive Reinigungsstufe zur Entfernung von Staub, sauren Schadgasen, organischen Stoffen und flüchtigen Schwermetallen.
Die Stadt Straubing hat sich im Wesentlichen aus zwei Gründen dazu entschieden, das EU-Vorhaben auf ihrer Kläranlage umsetzen zu lassen. Zum einen erwartet die Stadt durch die S2E-Anlage eine langfristige Entsorgungssicherheit und zum zweiten Kostensicherheit. Als Messlatte für die Kosten die S2E-Anlage dienen die derzeitigen Entsorgungskosten. Diese liegen seit einigen Jahren im Bereich von etwa 80 Euro/Tonne entwässertem Klärschlamm.
Erst nach einer festgelegten Betriebszeit durch die Firma Huber SE, Durchführung der Pilotversuche und nur nach einem erfolgreichen Nachweis der Einhaltung von Leistungskriterien, die eine Einhaltung der Kosten erwarten lassen, wird die Anlage als großtechnische Anlage von der Stadt Straubing übernommen. Hierzu gehören insbesondere der Strombedarf und der Wärmebedarf der Anlage.

Phosphor-Rückgewinnung


Ein weiterer Grund für die Stadt Straubing zur Durchführung des Projekts ist die Möglichkeit, aus der Asche der Mono-Klärschlammverbrennung Phosphor zurückzugewinnen. Bei der bisher praktizierten Mitverbrennung in Kraftwerken wird der Phosphor mit den großen Aschemengen der Kohlekraftwerke eingebaut und ist damit für eine weitere Nutzung nicht verfügbar.
Phosphor ist ein lebensnotwendiges Element im Nahrungskreislauf und kann in den derzeit bekannten Lagerstätten nur noch über einen absehbaren Zeitraum gewonnen werden. Mittlerweile stehen verschiedene technische Verfahren zur Phosphor-Rückgewinnung aus Klärschlammasche zur Verfügung, welche für die Anwendung auf der Kläranlage Straubing in Frage kommen.
Um in Zukunft den Nährstoffkreislauf über eine Rückgewinnung des im Klärschlamm enthaltenen Phosphors wieder zu schließen, wird seitens der Stadt Straubing eng mit Wissenschaft und Technik zusammengearbeitet, um eine Pilotanlage zu errichten. Für diese letzte geplante Verfahrensstufe wurde bereits der Platz in der vorhanden Halle vorgesehen. Andere Kriterien wie zum Beispiel die Reduzierung von CO2-Emissionen durch den entfallenden Schlammtransport haben die Entscheidung noch bekräftigt. (BSZ) (Auf dem Foto 1 findet die Klärschlammtrocknung statt und auf dem zweiten ist die Klärschlammverbrennungsanlage zu sehen - Fotos: Stadt Straubing)

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