Bauen

Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. (Foto: B. Gleixner)

14.08.2018

„Interdisziplinäre Vernetzung“

Kammer-Kolumne: Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, über Inventionen und Innovationen

Zum ersten Mal steht in einem Koalitionsvertrag etwas zur Innovationsfähigkeit der am Bau tätigen Ingenieure, nämlich: „Der Bausektor ist … auch im internationalen Vergleich leistungs- und innovationsstark.“ Man muss gar nicht bis auf die Innovationen der römischen Baumeister zurückgehen, die bereits Bodenheizungen, sogenannte Hypokausten, realisierten, die heute eine Renaissance erfahren, um die Aussage im Koalitionsvertrag zu validieren.

Numerische Methoden

Springen wir ins digitale Zeitalter. Der deutsche Bauingenieur Konrad Zuse erfand 1941 den ersten Computer der Welt. Das war eine echte Invention, keine Innovation, denn einen Computer hatte es zuvor nicht gegeben. Das digitale Zeitalter beginnt also nicht mit IBM und Apple in den USA, sondern mit der Z3 in Deutschland. Und ab Mitte der 1950er-Jahre entwickelten wiederum Bauingenieure (unter anderem R. Clough, 1920 bis 2016, Berkeley, O. Zienkiewicz, 1921 bis 2009, Stuttgart, E. Stein, 1931 bis heute, Hannover) die numerischen Methoden, die die Grundlage sind für das heutige virtuelle Planen und Bauen.
Diese von Bauingenieuren entwickelten Methoden werden heute in allen technischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen eingesetzt, selbst zur Modellierung des Einflusses des Klimawandels auf das System Erde.

Die Grundlage für BIM (Building Information Modeling) wurde bereits in den 1980er-Jahren erarbeitet, als vor allem die Lehrstühle für Baustatik, -mechanik und -informatik erste dreidimensionale Entwurfs- und Berechnungsmodelle vorstellten. Hier zeigt sich ein „Problem“ von Innovationen. Die Universitäten wurden damals von der Praxis als praxisfern belächelt. Tatsächlich waren sie der Zeit um 30 Jahre voraus. Die Theorie der 1980er-Jahre ist 30 Jahre später dringend erforderliche Praxis. Würde man der Forderung der Wirtschaft nach mehr Praxisnähe des Studiums nachkommen, würde man viele Chancen für Innovationen vertun, insbesondere für Inventionen. Die Freiheit von Lehre und Forschung muss im Interesse der Innovation verteidigt werden.

Ein Blick auf die Webseiten der Baufakultäten, Forschungsinstitute und der innovativen Bauunternehmen verdeutlicht, dass noch nie in der Geschichte der Bautechnik so viel, so breit und so interdisziplinär geforscht und entwickelt wurde wie heute.

Beitrag zur Mobilität

Ein paar Beispiele: Ende Juli war in der SZ zu lesen, dass das Bauunternehmen Bögl in die Systemtechnologie eingestiegen ist und unlängst ein neues Transportsystem der Magnetschwebetechnologie vorgestellt hat. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Mobilität, vor allem im Umland.

Professor Knippers, Universität Stuttgart, leitet den Sonderforschungsbereich „Biological Design and Integrative Structures“. Er beschäftigt sich mit der Analyse und Simulation von Entwurfs- und Konstruktionsprinzipien der Natur zur Anwendung im Baubereich. Ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit. Professor Krautblatter, Technische Universität München (TUM), forscht zu alpinen Naturgefahren. Dabei setzt er innovative Methoden der Erdbeobachtung ein, um Hangrutschungen vorhersagen zu können. Diese interdisziplinäre Arbeit verbindet die Geotechnik mit der Geodäsie.

Bauwerke die denken

Professor Bogenberger, Universität der Bundeswehr München (UniBwM), beschäftigt sich unter anderem mit Kooperativen Verkehrssystemen. Seine innovative Idee der Integration von Seilbahnen in das städtische Verkehrssystem erregte unlängst Aufsehen. Professor Fischer, TUM, verfolgt unter anderem ganzheitliche Ansätze für nachhaltige und intelligente Bauwerke. Seine Bauwerke „denken mit und fühlen“.
Ich selbst forsche derzeit unter anderem an Explosionsschutzpflanzen. Dazu verwende ich die oben erwähnten numerischen Methoden. Die Forschung dient der Sicherheit öffentlicher Räume und gleichzeitig der Stadtgestaltung und der Stadtökologie.

Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau ist Partner im Netzwerk „Innovativer Massivbau“ von „bayern innovativ“. Es wurde gestartet, um die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Bauwirtschaft auszubauen und diese als innovative Branche zu stärken. Alle diese Beispiele zeigen: Innovationen entstehen heute vor allem durch eine interdisziplinäre Vernetzung.

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