Bauen

Die Geschäftslage in den bayerischen Bau- und Ausbaubetrieben hat sich verschlechtert. (Foto: Bilderbox)

21.11.2014

Investitionsstau der öffentlichen Hand trübt Geschäft

Der Herbst-Lagebericht der Bayerischen Bau- und Ausbauwirtschaft zeichnet ein düsteres Bild

Es sei schlichtweg nicht richtig, wenn immer kurz und knapp gesagt werde, auf dem Bau laufe es im Großen und Ganzen rund, auf dem Bau sei die Auftragslage sehr gut, erklärte Hans Auracher, Sprecher der Landesvereinigung Bauwirtschaft Bayern (LVB), bei der Präsentation der Konjunkturumfrage der Bayerischen Bau- und Ausbauwirtschaft. In diesem Zusammenhang wies er vor allem auf die unterschiedlichen Entwicklungen im Bau- und Ausbauhandwerk hin.
Die Geschäftslage bei den bayerischen Bau- und Ausbaubetrieben hat sich laut Auracher im Vergleich mit dem Vorjahr verschlechtert. 61 Prozent der Baubetriebe sagen, dass die Geschäfte im Augenblick gut laufen – im Herbst vor einem Jahr waren das noch 76 Prozent. Im Ausbaugewerbe ist es nur geringfügig schlechter geworden – hier sprechen 66 Prozent von guten Geschäften, zwei Prozent weniger als vor einem Jahr.
Bei den baugewerblichen Umsätzen von Januar bis Juli konnte laut Auracher ein Umsatzplus von gut acht Prozent erreicht werden. „Das ist sehr erfreulich. Jetzt im Herbst sehen wir aber, dass die Entwicklung so schlecht ist wie seit vier Jahren im Herbst nicht mehr – und das besonders im Bauhauptgewerbe.“ Von 67 Prozent auf jetzt nur noch 54 Prozent sank die Zahl der Betriebe, die von guten Einnahmen sprechen. Das liege vor allem am Investitionsstau der öffentlichen Hand. Besonders im Straßenbau würden Aufträge fehlen. Dort sank der Umsatz in den ersten drei Quartalen dieses Jahres um zwei Prozent. Auch der Wirtschaftsbau entwickele sich schwächer, da er unter der Investitionsschwäche der anderen Unternehmen leidet.
Im Ausbaubereich sei zwar auch nur etwa jeder zweite Handwerker mit den Umsätzen zufrieden, aber hier falle der Rückgang viel schwächer aus. Gerade der Ausbau profitiere, so der LVB-Sprecher, nach wie vor von der Sanierungswelle, „auch wenn da mehr geschehen muss“. Auracher betonte, dass er die Zahlen nicht zu schlecht reden möchte – „wir befinden uns zwar nicht auf dem Olymp, aber auch nicht an der Klagemauer“ –, denn laut der Umfrage sprechen weniger als fünf Prozent von schlechten Umsätzen.

Die Gewinnlage hat
sich deutlich verschlechtert


Die Mitgliedsbetriebe der Ausbauverbände können mehrheitlich stabile Zahlen vorweisen: Wie im Vorjahr sind es 95 Prozent der Unternehmer, die von guten bis zufriedenstellenden Erträgen sprechen. Dagegen habe sich die Gewinnlage in den Baubetrieben deutlich verschlechtert – denn nur noch 35 Prozent nach 42 Prozent im Vorjahr sprechen von guten Erträgen – immerhin 58 Prozent kommen mit den Erträgen über die Runden – nur sieben Prozent können davon nicht leben, erklärte Auracher. Auch hier gelte: Für absolute Schwarzmalerei besteht kein Anlass.
Das Auftragspolster in der Bau- und Ausbauwirtschaft liegt bei 8,8 Wochen. Allerdings, so Auracher, ist das ein deutlicher Rückgang – damit sind die Auftragsbücher in etwa auf dem Stand vom 2010 – vor allem im Bauhauptgewerbe gingen weniger Order ein. „Für die allermeisten unserer Betriebe sind das aber noch verkraftbare Werte, aber die Verunsicherung ist durchaus spürbar.“
Bei den Baupreisen schneidet das Bauhauptgewerbe schlechter ab als das Ausbaugewerbe. Im Bauhauptgewerbe können nur noch 17 Prozent der Unternehmer gute Baupreise erzielen. Fast jeder fünfte Bauhandwerker klagt laut Auracher über schlechte Preise – das ist fast doppelt so viel wie vor einem Jahr. Das Ausbaugewerbe steht besser da: Wie im vergangenen Herbst erzielen 87Prozent befriedigende bis gute Baupreise. Immerhin zwei Drittel kommen über die Runden.
Das ifo-Institut geht davon aus, dass die konjunkturelle Entwicklung schlechter wird. Für den Industrie- und Handelskammertag beginnt die bayerische Wirtschaft zu schwächeln und der Bayerische Handwerkskammertag stellt fest, dass sich die Stimmung leicht eingetrübt hat.
Die Erwartungen des Baugewerbes sind laut Auracher so niedrig wie zuletzt im Herbst 2010. Nur noch jeder dritte Baubetrieb erwartet im nächsten halben Jahr gute Geschäfte – das sind deutlich weniger Unternehmer als vor einem Jahr. Gut 50 Prozent sagen immerhin, dass sie damit einigermaßen auskommen können. Als Berufsoptimisten zeigen sich die Ausbauhandwerker: 43 Prozent der Befragten erwarten im Winter gute oder sehr gute Geschäfte. Die Zweifel wegen der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung wachsen vor allem bei den Baubetrieben – das ist bei den Erwartungen an die Erträge zu sehen, die auf einem Zweijahrestief liegen – und an den Aussichten was neue Aufträge betrifft.
Besonders schmerzhaft für die Bau- und Ausbauwirtschaft ist der Umstand des Fachkräftemangels, „weil er uns auch bremst“. Er führt dazu, dass Betriebe Aufträge verspätet oder gar nicht erledigen können. Er dämpft damit Wachstumsmöglichkeiten. Während die Zahl der Beschäftigten bayernweit im Handwerk quer über alle Branchen innerhalb eines Jahres noch ganz leicht um 0,6 Prozent auf 926 000 zulegte, sank im Bauhauptgewerbe die Zahl der Arbeitnehmer um 1,5 Prozent – auf gut 134 000.

Die Betriebe würden gern mehr Personal einstellen


Das Tragische daran ist laut Auracher: Obwohl die Betriebe gern einstellen würden, obwohl sie großen Bedarf haben, werden die Baubetriebe auch in den nächsten Monaten Mühe haben, ihre Mitarbeiterzahl zu halten. In der Umfrage befürchten rund 14 Prozent der Baubetriebe, dass sie Personal abbauen müssen. Das sind doppelt so viele Nennungen wie vor einem Jahr. Dem stehen nur noch zwölf Prozent der Betriebe gegenüber, die ihre Beschäftigtenzahl aufstocken wollen. Anders sehe es dagegen im Ausbaugewerbe aus. Hier halten sich die Betriebe, die neu einstellen und die Betriebe, die Mitarbeiter abbauen müssen, in etwa die Waage.
Der Fachkräftemangel hat für Auracher eine Wurzel und zwar im Nachwuchsmangel. Trotz der hohen Ausbildungsbereitschaft rechnen mehr Betriebe als noch vor einem Jahr mit einer sinkenden Lehrlingszahl. Auch hier ist der Baubereich stärker betroffen. Im Ausbaugewerbe dürfte die Ausbildungsleistung konstant hoch bleiben, so Aurachers Einschätzung.
In Richtung der Politik forderte der LVB-Sprecher mehr Dynamik – „wir brauchen deutliche Impulse für den Wohnungsbau und eine effektive Förderung der energetischen Sanierung“. Gerade in Städten, insbesondere in Ballungszentren mit Wohnungsmangel wie zum Beispiel in München werde sehr deutlich, dass man auf eine Wohnungsnot zusteuert. Eine Studie belege diesen Mangel. Der Bedarf sei so groß, dass bis zum Jahr 2017 rund 400 000 Wohnungen fehlen werden. Damit aber in Ballungszentren keine Wohnungsnot entsteht, ist nach Aurachers Ansicht der Gesetzgeber gefordert, steuerliche Anreize zu schaffen: Die Erhöhung der linearen Abschreibung von zwei auf vier Prozent wäre ein ideales Instrument, um den Wohnungsbau für Investoren attraktiver zu gestalten. Denn die moderne Gebäudetechnik habe durch die technische Abnutzung und den tatsächlichen Werteverzehr eine Lebensdauer von nur noch 25 Jahren oder weniger.
In diesem Zusammenhang spielt das Thema Klimaschutz eine große Rolle. Auracher erinnerte daran, dass die rund 40 Millionen Wohnungen in Deutschland, von denen wiederum 60 Prozent vermietet werden, rund 40 Prozent des gesamten Kohlendioxid-Ausstoßes verursachen. Damit würden Wohnungen etwa dreimal so viel ausstoßen wie Autos. Im Gebäudesektor würden daher große Effizienzpotenziale liegen – laut Studien lässt sich bis zu 50 Prozent der Primär-Energie in Gebäuden einsparen – das seien Potenziale, die bisher überhaupt nicht genutzt werden.
Während die Industrie in den vergangenen Jahren Milliarden in die Energie-Effizienz investiert habe, sei im privaten Gebäudesektor viel zu wenig passiert, bedauert Auracher. Etwa zwei Drittel der Fassaden in Deutschland sind nicht, etwa ein Fünftel nicht ausreichend gedämmt. Die Sanierungsquote bei Eigenheimen liege bei unter einem Prozent. Das liegt laut Auracher aber nicht daran, dass es keine attraktiven technischen Lösungen gibt. „Denn die Amortisationszeiten beim Austausch von Heiz- und Klimatechnik betragen je nach Umfang der Sanierung zwischen fünf und acht Jahren – bei zusätzlicher Dämmung zwischen zwölf und 15 Jahren.“
Was die steuerliche Förderung betreffe, erlebe die Republik seit Langem eine Hängepartie auf Bundesebene. „Wir brauchen endlich Klarheit, ob es Instrumente geben wird oder nicht. Denn Investoren, also auch Vermieter, brauchen Sicherheit.“ Dazu gehört für Auracher natürlich auch eine bessere Lastenverteilung zwischen Mieter und Vermieter. Umfragen würden belegen, dass die Mehrheit der Mieter bereit ist, sich an Sanierungskosten zu beteiligen, weil es sich längerfristig auch für sie rechnet. Steuerliche Anreize würden mehr Bautätigkeit auslösen und damit dem Staat letztlich mehr Steuern bringen, sodass der Fiskus am Ende profitiert. Es gebe viele Untersuchungen dazu. Laut einer Studie des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk löst eine steuerliche Förderung von 1,5 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen von 2,3 Milliarden Euro aus.
Ein Dorn im Auge sind Auracher Mängel in Baustoffen und die damit für Unternehmen verbundnen Folgen. „Ich brauche nicht zu betonen, dass wir möglichst mangelfrei arbeiten wollen. Doch es kommt vor, dass mangelhafte Baustoffe Mängel der Werkleistung verursachen. Dann muss der Verkäufer nach dem Gesetz regelmäßig nur den Baustoff selbst ersetzen. Auf den Kosten für den Ausbau des mangelhaften Produkts und den Wiedereinbau des mangelfreien Ersatzbaustoffs bleiben die Bau- und Ausbauunternehmen regelmäßig sitzen. Die Folgen treffen sowohl Bau- als auch Ausbaubetriebe hart.“
60 Prozent der Ausbaubetriebe und 44 Prozent der befragten Baubetriebe blieben schon mindestens einmal auf den Aus- und Wiedereinbaukosten sitzen, die ein mangelhafter Baustoff verursacht hat. Die Verbände des bayerischen Bau- und Ausbaugewerbes fordern deshalb eine Anpassung der kaufrechtlichen Mängelhaftung im BGB, sodass nicht mehr die Baubetriebe als Käufer die wirtschaftlichen Risiken für die Aus- und Einbaukosten mangelhafter Baumaterialien tragen müssen.

Staatliche Bürokratie
bleibt ein Hemmnis


Aus den Konjunkturumfragen wisse man, so Auracher, dass die staatliche Bürokratie und ein zu hoher Aufwand für staatliche Ausschreibungen immer wieder als Hemmnisse genannt wurden und werden. Seit mehreren Jahren wickelt die Bayerische Staatsbauverwaltung die Vergabe von Bauleistungen sowie Liefer- und Dienstleistungen online über eine Vergabeplattform ab. Seit gut einem Jahr lässt die Staatsbauverwaltung bei europaweiten Ausschreibungen mit einem geschätzten Auftragswert ab 100 000 Euro netto nur noch digitale Angebote zu. „Die Rückmeldungen aus unseren Betrieben zeigen, dass die Ausbauhandwerker bisher zumindest kaum davon Gebrauch machen und wenig Erfahrungswerte mit dieser elektronischen Vergabepraxis haben. 83 Prozent der Betriebe sagten uns, dass sie keine Erfahrungen haben. Von den Betrieben, die ihre Unterlagen online einreichen, haben neun Prozent überwiegend positive und acht Prozent überwiegend negative Erfahrungen gemacht.“
Im Bauhauptgewerbe hat dagegen schon fast ein Drittel der Betriebe nennenswerte Erfahrungen mit der elektronischen Vergabe gesammelt. 17 Prozent dieser Betriebe sind zufrieden – demgegenüber stehen zwölf Prozent der Betriebe mit überwiegend negativen Erfahrungen. (Friedrich H. Hettler)

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