Bauen

Schloss Werneck wurde für insgesamt rund 16 Millionen Euro saniert. (Foto: Bezirk Unterfranken)

21.03.2014

Mehr Komfort für die Patienten

Sanierung des orthopädischen Bezirkskrankenhauses Schloss Werneck

Das orthopädische Bezirkskrankenhaus Schloss Werneck befindet sich in einer barocken, denkmalgeschützten Schlossanlage, die zwischen 1734 und 1745 von Balthasar Neumann als Sommerresidenz für die Würzburger Fürstbischöfe erbaut wurde. Die Gesamtanlage wurde in den darauffolgenden Jahrhunderten in mehreren Phasen wegen unterschiedlicher Nutzungen umgebaut und erweitert. 1853 wurde im Hauptschloss die Kreisirrenanstalt und seit 1952 der Fachbereich Orthopädie untergebracht.
In Zusammenarbeit mit den politischen Vertretern, den Behörden, dem Landesamt für Denkmalpflege und dem Bezirk Unterfranken als Eigentümer wurde ein Sanierungskonzept für Schloss Werneck erarbeitet, das nun mit dem 4. Bauabschnitt vollendet wurde. Eine besondere Schwierigkeit bedeutete hierbei, ein neuzeitliches und modernes Krankenhaus in einem denkmalgeschützten Schloss unterzubringen und die Arbeiten im laufenden Klinikbetrieb mit Rücksicht auf Patienten und Personal umzusetzen.
Der 1. Bauabschnitt mit dem Einbau von zwei Pflegestationen im D-Bau Süd wurde 2003 fertiggestellt. Der 2. Bauabschnitt mit dem Neubau der Operationsabteilung wurde im Juni 2006 in Betrieb genommen. Der Umbau D-Bau Nord zur Notfallaufnahme, Röntgenabteilung und Intensivpflege wurde im April 2007 eingeweiht. Der 3. und 4. Bauschnitt umfasste die Sanierung und den Umbau des Hauptschlosses.
Der Auftrag für das Hauptschloss lautete auf Einbau von 62 Patientenzimmern mit Nasszellen, Räumlichkeiten für eine Aufnahmestation und den entsprechenden Untersuchungs- und Behandlungsräumen mussten berücksichtigt werden. Eingerichtet wurden ein Chefarztbereich mit Verwaltung sowie Untersuchungs- und Behandlungsräumen für die Oberärzte. Im Erdgeschoss wurde eine OP-Abteilung mit zwei weiteren Eingriffsräumen gefordert, das MRT-Zentrum und das Zentrallabor waren für die gesamte Klinik in den Bestand zu integrieren, ebenso eine neu gestaltete Funktionseinheit für Physiotherapie. Weiter war eine Gewerbeeinheit mit Küche, Ausgabebereich und Cafeteria im Gartensaal gewünscht.
Eine besondere Herausforderung war der Umgang mit der teilweise stark in Mitleidenschaft gezogenen Bausubstanz aus dem 18. Jahrhundert. Diverse Umbauphasen in den letzten 200 Jahren, verbunden mit erheblichen Eingriffen in die Baukonstruktion, hatten das Schloss in Optik und Raumkonzept stark verändert.
Hieraus entstand das besondere Anliegen, die historischen Räume wieder ablesbar und die ursprünglichen Raumkompositionen des barocken Baumeisters und seines Auftraggebers wieder erlebbar zu machen. Beschädigungen der alten Bausubstanz wurden geheilt und störende „Zutaten“ aus jüngerer Zeit entfernt. Wesentliche Veränderungen bleiben stets sichtbar, alte und neue Gestaltelemente verbinden sich in einer einzigartigen Synthese zu einem harmonischen Ganzen.
Die Patientenzimmer und Therapieeinrichtungen innerhalb des Hauptschlosses müssen sich mit ihren technischen Funktionen in den Charakter des Barockschlosses einfügen: das Krankenhaus in Harmonie mit dem historischen Bauwerk, was den Krankheitsverlauf positiv beeinflusst.
Die Verwendung von natürlichen und klassischen Materialien und Oberflächen wie Eichenparkett, Nussbaumfurnier für Möbel, Leder als Belag der Betthäupter, Echtholz-HPL, Messingeinleger und Messingbeschläge lassen eine besondere Wohlfühlatmosphäre entstehen. Hieraus resultiert die Forderung an die Technik, ohne abgehängte Decken auskommen zu müssen und Aufbrüche des Natursteinmauerwerkgefüges weitestgehend zu vermeiden. Die Technik, sowohl für Patientenzimmer mit Nasszellen als auch für die Eingriffsräume wurde hinter Vorsatzschalen, Schränken und Wandbekleidungen verborgen.
Gläserne Sanitärzellen mit integrierten Patienten- und Pflegeschränken wurden von den Architekten selbst entwickelt. Der ursprüngliche Raumeindruck nach Montage der Zellen im Raumeck bleibt durch eine sich nach oben zur Decke hin auflösende Teilbedruckung der Gläser erhalten. Die mit LED-Leuchten belegten Stuckleisten an Decken und Wänden bleiben als durchlaufende Gestaltelemente sichtbar. Die Schränke werden als Möblierung nicht mehr wahrgenommen.
Durch Einbauten, Wiederbelebung historischer Türöffnungen und Markierungen im Bitu-Terrazzo werden ursprünglich vorhandene Raumteilungen ablesbar gemacht. In Anlehnung an die Raumgliederung des Barocks finden sich in der Innenraumgestaltung Zitate des klassischen Repertoires wieder, wie Türrahmungen mit Supraporte, Wandvertäfelungen als Wandschutz und Elemente wie der klassische Konsoltisch mit Spiegel an den Wandscheiben zwischen den Fenstern. Teilweise wurden diese Bauzitate neu interpretiert.
Erforderliche Brandschutztüren werden durch ihre Gestalt und Konstruktion soweit reduziert, dass sie sich harmonisch in den Bestand einfügen. Die neuen Türen spiegeln in ihrer Proportion und ihrer Gestalt in moderner Form die historischen symmetrischen Portaltüren wieder. Historische Wandmalereien unter den Putzschichten wurden freigelegt und denkmalpflegerisch behandelt. Die historischen Decken mit den wertvollen Stuckaturen wurden gesichert, ergänzt und neu beschichtet. Anhand des Bestands wurde ein Farbkonzept erarbeitet, das sich an Tiepolos Farbkreis in dem Referenzobjekt der Würzburger Residenz orientiert.

Wiederherstellung der originalen Raumkonzeption


Höhepunkt der denkmalpflegerischen Arbeit war die Wiederherstellung der originalen Raumkonzeption mit „sala terrena“, Gartensaal und dem ehemaligen historischen Treppenraum. Durch den Abbruch einer massiven Verbindungsbrücke, die die höher liegenden Ost- und Westflügel verband und dem Öffnen der geschlossenen Wandteile zum Gartensaal konnte diese Raumeinheit wieder verbunden werden. Gleichzeitig wurde auch die vermauerte Wandöffnung zum ehemaligen historischen Treppenraum wieder geöffnet. An originaler Stelle wurde eine Treppe mit Rampenanlage als behindertengerechter Zugang eingebaut.
Das Treppenhaus selbst ging Mitte des 19. Jahrhunderts verloren, die Deckenöffnungen wurden überwölbt und der Treppenraum mittels Trennwände in Achse der Gewölbesäulen in einzelne Räume aufgeteilt. Die Raumaufteilung aus dieser Zeit wurde rückgebaut, um den Treppenraum mit den Deckengewölben und den Kompositkapitellen wieder erlebbar zu machen. Im ehemaligen Treppenauge des historischen Treppenraums wurden ein Patientenempfang und ein Schwesternstützpunkt als gläserne Anlage geschaffen. Der dekorative Aufdruck des Treppengeländers auf LED-Lichtpanels zeigt den Verlauf der historischen Treppenanlage. Im Bodenbelag aus Bitu-Terrazzo wurde auch hier mit Messingeinlegern der ehemalige Treppenverlauf sichtbar gemacht.
Der im Dezember 2013 fertiggestellte und im Januar 2014 eingeweihte 4. Bauabschnitt stellt den Schlusspunkt nach über zwölf Jahren Bauzeit und fast 20 Jahren Planungstätigkeit an diesem historisch, nicht nur für die Region Unterfranken so bedeutsamen Werk Balthasar Neumanns dar.
(Ottmar Zipperich) (Blick in ein Patientenzimmer und auf das sanierte Bezirkskrankenhaus - Fotos: Bezirk Unterfranken)

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