Bauen

Josef Poxleitner, Leiter der Obersten Baubehörde. (Foto: Friedrich H. Hettler)

17.05.2013

OBB-Kolumne: "In Bayern seit Jahren geübte Praxis"

Josef Poxleitner, Leiter der Obersten Baubehörde, über neue Formen der Bürgerbeteiligung

Die Diskussionen um eine möglichst breite und projektunterstützende Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in allen Phasen öffentlicher Planungen ist spätestens seit den Abstimmungen zum Bahnhofsneubau in Stuttgart in aller Munde. Die Diskussionen sind aber nicht neu und eine frühzeitige Bürgerbeteiligung für die Bayerische Staatsbauverwaltung seit Jahren regelmäßig geübte Praxis.
Unabhängig davon haben sich in den vergangenen Jahren neben dem Bewusstsein in der Öffentlichkeit auch die technischen Möglichkeiten für eine Bürgerbeteiligung – zum Beispiel durch die Nutzung von Social Media – massiv verändert. Von daher ist die Aussage, dass Bürgerbeteiligung mit dem Einzug von Social Media eine ganz neue Ebene erreicht hat, unumstritten.
In der Straßenplanung werden neben der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligung im Rahmen von Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren bereits seit langem verschiedenste Wege bestritten, um die Öffentlichkeit frühzeitig am Planungsprozess zu beteiligen. Dies trägt zu einer besseren Aufklärung, einer höheren Akzeptanz und guten Planungsergebnissen bei.
Aufgrund der Vielzahl gegenläufiger Interessen ist bei einer Straßenplanung in der Regel nicht mit der Zustimmung aller Beteiligten zu rechnen. Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung ermöglicht aber mehr Transparenz von Anfang an. Die frühzeitige Offenlegung von Interessengegensätzen vermittelt dem Vorhabensträger zeitnah, an welchen Stellen durch Änderungen oder Anpassungen der Planung Konflikte ausgeräumt oder zumindest abgemildert werden können. Die frühzeitige Information und Beteiligung leistet somit eine Befriedungs- und Aufklärungsfunktion und damit auch einen Beitrag zur Verfahrensbeschleunigung.
Die Art und Weise der Information und Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgt für jedes Vorhaben individuell. Neben den klassischen Medien werden verstärkt digitale Informations- und Kommunikationstechniken auch aus dem Social-Media-Bereich genutzt.

Planungsdialog
für den Ausbau der A 8


Ein Beispiel moderner Öffentlichkeitsbeteiligung aus jüngerer Zeit ist der Planungsdialog für den Ausbau der A 8 Rosenheim-Salzburg. Im Rahmen des Dialogverfahrens wurden das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) als Kostenträger der Maßnahme und die verschiedenen Beteiligten vor Ort von der Bayerischen Straßenbauverwaltung frühzeitig in den Planungsprozess eingebunden, um ausgewogene und tragfähige Planungslösungen zu finden. Die für die Entscheidung erforderlichen Grundlagen wurden in örtlichen Arbeitsgruppen erarbeitet, in denen alle Interessengruppen, insbesondere die betroffenen Kommunen, Bürgerinitiativen, Naturschutzverbände vertreten waren.
Neben dem im vorgenannten Beispiel gezeigten Planungsdialog kommen weitere Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Einsatz, wie die Einrichtung von Planungswerkstätten mit unmittelbar Betroffenen, Veranstaltung von Runden Tischen mit Interessenverbänden und die Beteiligung der breiten Öffentlichkeit in Planungszellen (Bürgergutachten). Daneben werden aktuell im Bereich der Staatlichen Bauämter für verschiedene Projekte Diskussionsforen in Form von Blogs eingerichtet. Eine solchermaßen geführte Bürgerbeteiligung erfolgt regelmäßig in Abstimmung mit den kommunalen Verwaltungen, aber auch gemeinsam mit Interessensvertretungen und Bürgerinitiativen.
Ganz neue Wege ist die Bayerische Straßenbauverwaltung bei der Vorbereitung zur Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans gegangen. Hierzu wurden Bayerns Bürgerinnen und Bürger bereits für die Auswahl der Verkehrsprojekte frühzeitig in den Entscheidungsprozess eingebunden. Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung haben sich rund 25 000 Bürgerinnen und Bürger, etwa 300 Mandatsträger sowie rund 280 Verbände und Institutionen zu den vorgeschlagenen Projektanmeldungen in mehr als 2200 Briefen und Postkarten, über 4000 E-Mails und rund 40 Unterschriftenlisten positioniert. Dabei wurden auch über 2000 detaillierte, individuelle Stellungnahmen abgegeben.
Für die Aufnahme eines Projektes in die Liste oder die Streichung von dieser war nicht die Anzahl der eingegangenen Stellungnahmen an sich oder die eingenommene Position von entscheidender Bedeutung, sondern vorrangig das inhaltliche Gewicht der jeweiligen Aussage im Rahmen des zu beurteilenden Gesamtkontextes.
Die breite Beteiligung der Bevölkerung – nicht nur der negativ Betroffenen – zu einem frühen Zeitpunkt ist Teil des offenen Herangehens an die Belange und Bedürfnisse der Bürger im Rahmen einer problemlösenden Planung und Realisierung von Straßenbaumaßnahmen. Diese Arbeiten werden in einem demokratischen Prozess für den Bürger und mit dem Bürger angegangen. Demokratie heißt dabei aber nicht: Jeder bekommt Recht oder jede Forderung wird erfüllt. Dass Baumaßnahmen auch negative Folgen für Einzelne haben, muss von Anfang an entsprechend vermittelt werden. Und dies vor dem Hintergrund, dass die Straßenbauverwaltung für die Belange aller Verkehrsteilnehmer arbeitet. (Planungsdialog für den Ausbau der A 8 - Foto: Straßenbauverwaltung)

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