Bauen

Das Nürnberger Kulturzentrum Z-Bau. (Foto: 2-bs Architekten)

08.10.2015

Offener Gebäude-Charakter

Erster Bauabschnitt bei Sanierung des Nürnberger Kulturzentrums Z-Bau abgeschlossen

Nach 20-monatiger Bauzeit ist im Nürnberger Kulturzentrum Z-Bau der 1. Bauabschnitt fertiggestellt. Am 28. April 2015 wurde die Kultureinrichtung durch Oberbürgermeister Ulrich Maly gemeinsam mit Kulturreferentin Julia Lehner sowie Planungs- und Baureferent Daniel F. Ulrich an die neuen Betreiber, die Gesellschaft für kulturelle Freiräume (GkF), übergeben. Diese wird den Z-Bau künftig als Zentrum für verschiedenste Spielarten der Gegenwartskultur betreiben.
Die Kultureinrichtung besitzt jetzt unterschiedlich große Veranstaltungsräume, Ateliers und Gruppenräume, die barrierefrei zu erreichen sind. Schwerpunkt der Sanierungsarbeiten war die Erneuerung der kompletten Haustechnik, Brandschutzertüchtigungen, Schadstoffsanierung und eine teilweise Betonsanierung der Decken.
Alle Veranstaltungsräume erhielten eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Ausgenommen hiervon ist der große Veranstaltungssaal, der in einem zweiten Bauabschnitt eine leistungsfähigere Lüftungsanlage erhalten wird und dann bis zu 1000 Besucher beherbergen kann.
Das Gebäude ist nun über die beiden Haupteingänge barrierefrei zugänglich und wurde durch einen innenliegenden Aufzug ergänzt. Um dem Nachbarschutz Rechnung zu tragen, wurden Schallschutzmaßnahmen in Form von Schallschutzfenstern und einer fast sechs Meter hohen Schallschutzwand installiert. Der Außenbereich wurde teilweise neu gestaltet. Dabei wurden die erforderlichen Fahr- und Parkflächen größtenteils erneuert und die Entwässerung der Oberflächen sichergestellt.
Der Z-Bau hat einiges hinter sich: Ursprünglich von den Nationalsozialisten als Kaserne erbaut, wurde er nach dem Zweiten Weltkrieg von den Amerikanern übernommen, bis 1991 der letzte Soldat die so genannten Merrell Barracks verließ. 2000 zog dann erstmalig die Kultur in den Z-Bau, dessen Grundriss an ein Z erinnert. Nachdem diese Zwischennutzung 2011 nicht mehr verlängert wurde, gründete sich die heutige Betreibergesellschaft GkF.
Bei einem umbauten Raum von rund 36 000 Kubikmetern steht eine Bruttogeschossfläche von etwa 10 000 Quadratmetern zur Verfügung. Mit der Planung des 7,5 Millionen Euro teuren 1. Bauabschnitts beauftragt war die Architektengemeinschaft Z-Bau 2-bs Architekten GmbH mit Loebermann+Partner, Nürnberg.

Ein knappes Budget


Bei der Baumaßnahme beschäftigte das Architekturbüro 2-bs vier Hauptthemen:
a) „Bespielbarmachung“ eines nahezu entkernten Gebäudes mit mangelhaften beziehungsweise nicht vorhandenem Brandschutz, statischen Mängeln, Schadstoffbelastungen, maroder Haustechnik;
b) die vielen Mängel und ein knappes Budget;
c) welche Haltung nehmen wir gegenüber der unter Denkmalschutz stehenden NS-Hinterlassenschaft (früheres so genanntes Führerheim zur Unterbringung der höheren Dienstgrade insbesondere bei Reichsparteitagen) ein? Denkmäler „putzt man üblicherweise heraus“ – NS-Bauten natürlich nicht, zu viel zerstören verbietet sich jedoch auch und
d) das Gebäude sollte nach dem Umbau einen gewissen rohen Charme behalten und als Zentrum für Gegenwartskultur nicht „zu geschleckt“ aussehen – es sollte „cool“ bleiben, den offenen Charakter der jetzigen Nutzung auch baulich widerspiegeln. Man haben gelernt das Gebäude als „Biotop“ zu betrachten und es beim Umbau nicht „trockenzulegen“. Eigentlich gerade andersherum als bei üblichen Sanierungsmaßnahmen.
Zum Punkt NS-Hinterlassenschaft ist zu sagen, dass sich das Architekturbüro frei nach einem Ausspruch des Historikers Wolfgang Benz „Entmythologisierung durch Profanisierung“ hat leiten lassen. Dies bedeutet grob gesagt, so die 2-bs Architekten, dem Gebäude den Hoheitsanspruch der NS-Architektur zu nehmen, indem es relativ „respektlos“ einer kulturellen Nutzung für die Allgemeinheit zugeführt wird und dabei notwendige Eingriffe in die Gebäudesubstanz ohne falsche Ehrerbietung – gegebenenfalls auch brachial – nach Nutzungserfordernis ausgeführt werden. Beispielhaft hierfür ist nach den Worten der Planer der Einbau der neuen Notausgangstüren zu deren Realisierung die bestehenden Travertingewände der alten zu schmalen Fenstergewände herausgesägt und durch einen groben Sichtbetonsturz abgestützt wurden, oder die zwar sauber detaillierte aber „einfach davorgestellte“ Fluchttreppe am Kopf des Atelierflügels.

Einige Gebrauchsspuren


Aus denkmalschützerischer Sicht blieb bei derartigen Eingriffen aber bei Weitem genügend historische Substanz übrig, an der typische Merkmale der NS-Architektur, insbesondere die starke und einschüchternde Überhöhung von Bauteilen wie Fensteröffnungen oder Portalen ablesbar blieb.
Zum Punkt d) hatten die Architekten einen gewissen Lernprozess zu durchlaufen. Was bedeutet in diesem Zusammenhang „cool“? Und wo ist die Grenze zwischen improvisiertem Charme und schlicht unfertiger Renovierung mangels finanzieller Mittel? Hilfreich war hier, wie 2-bs Architekten erklären, dass es aus der früheren Nutzung als Sub-Kulturzentrum einige „Gebrauchsspuren“ gab, die durchaus erhaltenswert waren. So gab es in dem Gebäude drei frühe Werke des mittlerweile international bekannten Graffitiduos „Herakut“ und weiterer Künstler die während der Sanierungsarbeiten geschützt und in die heutige Nutzung herübergerettet werden konnten.
„Roh belassene Oberflächen der umfangreichen Betonsanierung, lediglich gestrichene Wandflächen der nach durch Strahlverfahren von Altlasten befreiten Wandputze und die Bestands-Bodenflächen lassen ohnehin wenig Neubaucharakter aufkommen“, schreibt Volker Bernsdorf von 2-bs Architekten. (FHH) (Blick in die Galerie und in den Flur - Fotos: 2-bs Architekten)

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