Bauen

Das bayerische Bau- und Ausbaugewerbe ist weiter auf Wachstumskurs. (Foto: LVB)

16.11.2018

Rekorde über Rekorde

Landesvereinigung Bauwirtschaft Bayern (LVB): Hohe Nachfrage und Kapazitätsauslastung

Die Verbände der Landesvereinigung Bauwirtschaft Bayern (LVB) repräsentieren mehr als 55 000 Unternehmen des Bau- und Ausbauhandwerks mit rund 450 000 Beschäftigten im Freistaat. Damit ist die Branche eine tragende Säule der bayerischen Wirtschaft, so LVB-Sprecher Wolfgang Schubert-Raab. Erfreut stellte er vor der Presse fest, dass 2018 ein Rekordjahr ist. „Bayern erlebt in diesem Herbst die bisher konjunkturstärkste Bausaison der vergangenen beiden Jahrzehnte. Die Wirklichkeit habe selbst die größten Optimisten übertrumpft.

Probleme bereite jedoch die hohe Nachfrage nach Immobilien und der Umstand, dass der Wohnungsbau unter Bedarf liegt. Seit Jahrzehnten ist München mit großem Abstand die am dichtesten besiedelte Stadt Deutschlands. Bezahlbarer Wohnraum sei hier seit jeher knapp. Doch verliert laut Schubert-Raab die bayerische Landeshauptstadt zusehends ihre Sonderstellung, denn das Wohnen werde in vielen Teilen Bayerns teurer, besonders in den Ballungszentren. „Der Freistaat ist begehrt: Die Demoskopen sagen bis 2035 ein Bevölkerungswachstum von fast einer dreiviertel Million Menschen voraus.“

Seit 2010 nimmt die Zahl der genehmigten und fertiggestellten Wohnungen in Bayern zwar kontinuierlich zu. Im vergangenen Jahr lag sie bei rund 75 000, fertiggestellt wurden 61 000 Wohnungen – ein deutliches Plus gegenüber dem Vorjahr (54 000 Wohnungsfertigstellungen in 2016). Bis August 2018 wurde der Bau weiterer 52 000 Wohnungen genehmigt. In diesem Jahr zeichnet sich daher, so der LVB-Sprecher, eine Fertigstellungsquote von rund 60 000 Wohnungen ab. Um das von der Staatsregierung genannte Ziel von 500 000 neuen Wohnungen bis zum Jahr 2015 zu erreichen, müssten aber fast 72 000 Wohnungen pro Jahr gebaut werden. In diesem Zusammenhang forderte Schubert-Raab aber auch, den ländlichen Raum nicht aus den Augen zu verlieren, der diesen Wohnungsengpass der Städte etwas abfedern könne.

Plus beim Wirtschaftsbau


Die aktuell gute konjunkturelle Lage des LVB wird laut Schubert-Raab getragen von einer anhaltend hohen Nachfrage nach Immobilien. Aber auch die Investitionen der Öffentlichen Hand in Straßen und Schienen seien ordentlich. In diesem Sommer habe vor allem der Wirtschaftsbau mit einem Plus von über acht Prozent zum Wachstum der Bau- und Ausbaubranche beigetragen. An zweiter und dritter Stelle folgten der Wohnungsbau (+ 6,9 Prozent) und der Öffentliche Bau (+ 5,3 Prozent).

Im Schnitt bewerten 83 Prozent der Bau- und Ausbaubetriebe in Bayern ihre gegenwärtige Geschäftslage mit gut bis sehr gut. Ein Rekord, so der LVB-Sprecher. Der Wert liege damit zum zweiten Mal seit Beginn der Umfragen im Jahr 2005 über der Marke von 80 Prozent. Nur einer von hundert Betrieben bewertet seine aktuelle Lage mit „ungenügend“ oder „mangelhaft“. „Damit markiert auch unser Geschäftslageindex weitere Rekorde. Im Bauhauptgewerbe steigt er auf 80,7, im Ausbaugewerbe sogar auf 82,8 Punkte.

Für drei von vier Unternehmen der bayerischen Bau- und Ausbauwirtschaft haben sich die Umsätze im vergangenen halben Jahr gut bis sehr gut entwickelt, so das Ergebnis der diesjährigen Herbstumfrage – auch dies ein Rekordwert. Der Sommer habe den meisten Mitgliedsunternehmen einen kräftigen Schub beschert. Nur eines von hundert Unternehmen ist mit der eigenen Umsatzlage unzufrieden. Allerdings gibt es eine nach Schubert-Raabs Worten Einschränkung: Die Ausschreibungen von Straßen- und Tiefbauvorhaben stocken in manchen Regionen. Darunter leide die Auslastung größerer Baufirmen gerade im Winterhalbjahr. „Wir würden uns wünschen, dass die Gemeinden und Landkreise ihre Investitionen verstetigen. Dann können wir auch langfristig Personal aufbauen.“

Hoher Personalbedarf

Eine weitere Auffälligkeit gibt es bei der durchschnittlichen Verteilung der Umsätze, berichtete der LVB-Sprecher: Je kleiner der Betrieb, desto kleiner auch das Umsatzplus. Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern konnten einen Umsatzzuwachs von im Schnitt neun Prozent erreichen. Betriebe mit weniger Beschäftigten erzielten nur ein durchschnittliches Umsatzplus von rund drei Prozent. Als Grund werden laut Schubert-Raab von den Mitgliedern die immer knapperen Personalkapazitäten genannt. Kleinere Unternehmen würden hier deutlich schneller an ihre Grenzen stoßen.

Die Ertragslage dagegen hat sich bei kleinen wie bei großen Betrieben positiv entwickelt. 54 Prozent der Bau- und 59 Prozent der Ausbauunternehmen haben eine gute bis sehr gute Ertragslage gemeldet. Das entspricht im Schnitt einer Steigerung von sechs Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. „Das bedeutet: Auch hier können wir einen Rekord verzeichnen. Mit einer unzureichenden Ertragslage müssen erstmals weniger als drei Prozent der Befragten klarkommen.“

Die Nachfrage nach den Leistungen der Betriebe ist laut Schubert-Raab weiter angestiegen. Mehr als drei Viertel aller befragten Mitgliedsunternehmen berichten von einer guten bis sehr guten Auftragslage – ebenfalls die höchsten Werte seit Beginn der Umfrage im Jahr 2005. Darüber hinaus sind die meisten Mitgliedsunternehmen mit den Preisen zufrieden, die sie am Markt für ihre Leistungen erzielen können. Unzufrieden sind sechs Prozent.

Ein äußerst wichtiges Thema für die LVB sind Beschäftigung und Ausbildung. Der Personalbedarf sei weiterhin hoch, erklärte Schubert-Raab. Jedes sechste Unternehmen der bayerischen Bau- und Ausbauwirtschaft rechne fest mit zusätzlichem Personal. Vier von fünf der befragten Betriebe wollen die Zahl ihrer Mitarbeiter konstant halten. Lediglich sechs Prozent der Betriebe seien gezwungen, Personal abzubauen. Dies sei aber in erster Linie dem Umstand geschuldet, dass man am Markt keinen adäquaten Ersatz findet, so der LVB-Sprecher.

Beim Punkt Ausbildung gaben drei Viertel der Befragten an, dass sie die Zahl ihrer Azubis unverändert halten wollen. 13 Prozent der Betriebe möchten gern mehr junge Menschen ausbilden. Zwölf Prozent planen mit weniger Auszubildenden. Viele Bau- und Ausbaubetriebe suchen händeringend Lehrlinge. Aber immer weniger junge Menschen bewerben sich auf freie Ausbildungsplätze. Schon jetzt fehlen der Branche tausende Fachleute. Darüber hinaus ist der Personalbestand überaltert.

Die Gründe sind laut Schubert-Raab hausgemacht. „Die öffentliche Hand sorgt nicht in ausreichendem Maße für eine stetige und auf Jahre planbare Auftragslage bei lnfrastrukturvorhaben. Über Jahre wurde die Hochschulausbildung auch durch die Politik der Ausbildung vorgezogen. Noch immer fehlen klare verlässliche Regelungen für die Beschäftigung von Migranten aus Drittstaaten. Und die Politik hat durch die Abschaffung der Meisterpflicht in vielen Handwerken die Stellung des Handwerks in der Gesellschaft geschwächt, den Berufsstolz verletzt und die Attraktivität dieser Berufe verringert.“

Politik muss unterstützen

In diesem Zusammenhang forderte der LVB-Sprecher ein klares Bekenntnis der neuen Staatsregierung zum Bau- und Ausbauhandwerk. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Politik von der Bau- und Ausbauwirtschaft den Aufbau von Kapazitäten fordert, aber klare Signale zur Verstetigung der Baunachfrage für die nächsten Jahre vermissen lässt. Dazu gehöre auch die Wiedereinführung des Meisterbriefs als Berufszugangsvoraussetzung für alle Bau- und Ausbauhandwerke. Ferner benötige die Branche dringend das angekündigte Einwanderungsgesetz, damit man den vielen Migranten, die eine Ausbildung machen wollen und die als künftige Fachkräfte dringend gebraucht werden, eine klare berufliche Perspektive bieten kann.

Gleichzeitig forderte Schubert-Raab auch eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Berufsschulen, damit Jugendliche eine hervorragende Ausbildung erhalten, die sich nicht hinter einem Hochschulstudium verstecken muss. Vor allem bei den Berufsschullehrern sieht Wolfgang Schwarz vom Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Bayern, Probleme für die Ausbildung. Denn viele Berufsschullehrer stünden vor der Pensionierung beziehungsweise würden in die Wirtschaft abwandern. Ersatz sei nur schwer zu finden. Die Branche bauche, so der LVB-Sprecher, eine noch stärkere Unterstützung der Landespolitik beim Aufbau eines positiven Images der Berufsausbildung, um die Eltern von deren Vorteilen zu überzeugen.

Die Herbstumfrage widmete sich auch dem Themenbereich Umweltschutz. Der Trend ist laut Schubert-Raab eindeutig: Die Unternehmen der bayerischen Bau- und Ausbauwirtschaft investieren zunehmend in umweltfreundliche, nachhaltige Produktionsverfahren, Materialien oder Baugeräte. (Friedrich H. Hettler)

(Wolfgang Schubert-Raab, Sprecher der Landesvereinigung Bauwirtschaft Bayern - Foto: LVB)

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