Bauen

Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. (Foto: Tobias Hase)

25.01.2021

„Sanieren statt abreissen“

Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, über städtische Ressourcen

In unseren Städten schlummern zahlreiche ungenutzte bauliche Ressourcen. Hier müssen wir ansetzen und die Gestaltung unserer Städte, die Nutzung unserer Flächen optimieren. Wir, die am Bau tätigen Ingenieure, sehen dieses Potenzial und haben die Kompetenz, entscheidende Impulse für die Gestaltung unserer baulichen Umwelt zu geben und umzusetzen.

Nehmen wir München als Beispiel. Von oben schaut man auf eine große Anzahl „schwarzer“ Flachdächer; reines Bitumen oder Schotter. Auch innerhalb der Stadt, wo Grundstücke teuer sind, gibt es eine Vielzahl versiegelter Flächen, die zum Beispiel nur als ebenerdiger Parkplatz dienen. Auf Baustellen werden Gebäude abgerissen und es stellt sich die Frage, welches Material wohl zu welchem Prozentsatz recycelt wird. Bei anderen Baustellen wiederum werden Bestandsgebäude generalsaniert. In einigen älteren Reihenhaussiedlungen werden Häuser aufgestockt. Besonders auffällig ist, dass viele Flächen unterhalb aufgeständerter Straßen gar nicht oder schlecht genutzt sind. Einige dieser Flächen haben Skater-Kids für sich erobert.

Ich finde: Man müsste einen Kataster „städtischer Ressourcen“ anlegen. Die Möglichkeiten, städtische Ressourcen besser oder überhaupt zu nutzen, erscheinen mir vielfältig. Und es gibt auch bereits gute Beispiele und Initiativen.

Urban Mining

Vor dem Hintergrund begrenzter natürlicher Ressourcen, auch zum Beispiel bei Betonzuschlägen, sollten beim Abriss von Gebäuden die Baustoffe konsequent recycelt und wiederverwendet werden (Urban Mining). Eine Deponierung sollte möglichst vermieden werden. Forschungsvorhaben sollten klären, welche Abrissbaustoffe wie und wo optimal wiederverwendet werden können, beispielsweise als Betonzuschläge.

Doch bevor es zum Abriss kommt, sollten wir noch gründlicher untersuchen, ob Bestandsgebäude nicht doch saniert werden können, selbst bei Umnutzungen. Das wäre nicht nur ein Beitrag zur Nachhaltigkeit, sondern auch ein Beitrag zur Baukultur. Besonders gute Beispiele bieten hier die Sanierungen unserer Baudenkmäler. Sie sind häufig mehrere hundert Jahre alt, haben zig Umnutzungen hinter sich und werden heute zeitgerecht weiter genutzt.

Durch die Aufstockung bestehender Gebäude mit Hilfe leichter vorgefertigter Holzkonstruktionen kann Wohnraum geschaffen werden ohne dass Baugrund zusätzlich versiegelt werden muss. Das gleiche gilt für die Überbauung von Parkplätzen oder einstöckigen Supermärkten. Mehrstöckige „grüne“ Parkhäuser sollten die vielen riesigen ebenerdigen versiegelten Parkplätze ersetzen.

Flächen entsiegeln

Frei werdende Flächen lassen sich entsiegeln und renaturieren oder sie bieten Platz für eine Wohnbebauung. Die gigantischen Flächen „schwarzer“ Dächer sollten nicht ungenutzt bleiben. Sie lassen sich, sofern statisch unbedenklich, begrünen (Urban Gardening) und oder mit Photovoltaikanlagen versehen. Somit wird nicht nur solare Energie erzeugt, sondern auch ein Beitrag zum Wasserrückhalt bei Starkregen geleistet.

Die zunehmende Intensität von Starkregen hat zum Konzept der „Schwammstadt“ geführt. Dazu gehört auch die bessere Nutzung von Regenwasser als Bewässerung und Brauchwasser – und damit als städtische Ressource. Hierzu müssen Rigolen und Zisternen gebaut werden, die das Regenwasser speichern. Gerade in Neubaugebieten sollte konsequent ein Trennwassersystem gebaut werden. Dass noch immer Toiletten mit Trinkwasser gespült werden, ist mehr als bedauerlich. Eine Verschwendung eines kostenbaren Lebensmittels.

Vor dem Hintergrund der Herausforderungen durch den Klimawandel, die Ressourcenknappheit, die Nachhaltigkeit, das Artensterben und die Verstädterung müssen wir das Thema „Städtische Ressourcen“ dringend neu denken und in die Konzepte von Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft einbetten. Erst eine konsequente Lebenszyklusbetrachtung nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip ergibt Aufschluss über eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung im Sinne gesellschaftlicher Verantwortung. Dazu bekennt sich die Bayerische Ingenieurekammer-Bau.

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