Bauen

Blick in den Innenraum der Kirche. (Foto: Achim Bunz)

05.04.2012

Schöner beten

Sanierung des Dachstuhls und der Raumschale des St. Kastulus-Münsters in Moosburg

Das Kastulusmünster im Zentrum Moosburgs, erbaut im Jahr 1170, wurde immer wiederkehrenden Dachreparaturen unterzogen. Die letzte aufgezeichnete Dachreparatur einschließlich Eindeckungsarbeiten am Haupt- und Seitenschiff Süd waren demnach um 1954. Das Seitenschiff Nord wurde 1956 behandelt. 1968 wurde im Hauptschiff eine neue Holzdecke eingebaut.
Das Bauwerk weist eine Grundrissabmessung von maximal 75,5 Metern Länge und 40 Metern Breite auf. Das Hauptschiff nimmt davon den Hauptteil von rund 54,5 Metern Länge und 12,8 Metern Breite ein. Die lichte Höhe des Hauptschiffs bis Unterkante Holzdecke beträgt etwa 16 Meter, die Höhe der Dachkonstruktion ist nach Aufmaß 6,94 Meter.
Die Dachstühle des Kastulusmünsters wurden im Vorlauf hinsichtlich der statischen Tragfunktion untersucht. Es wurden umfangreiche Schäden an den Auflagerpunkten festgestellt. Bei vorgegangenen Sanierungsmaßnahmen wurden die statischen Konstruktionen teilweise unkorrekt verändert (Seitenschiff Nord).
Die Konstruktion des Dachs über dem Hauptschiff zeigt ein Kelhbalkendach mit liegendem Stuhl. Es sind Leer- und Bindergespärre vorhanden, die aussteifende Funktion des Dachs quer zum Dach erfolgt über das Bindergespärre. Leer- und Bindergespärre sind über Spannriegel miteinander verbunden. Im Wesentlichen waren am Dach Traufpunkte morsch. Geschädigt waren dabei Sparrenköpfe, Zerrbalkenköpfe, Binderbalkenköpfe, Teile der Mauerschwellen und Fünfkantschwellen. Einige Sparren wurden bereits bis zur Kehlbalkenebene ausgetauscht, der Zuganschluss an den Bestand war nicht vorhanden.
Die morschen Balkenköpfe wurden querschnittsgleich ersetzt. Im Bauzustand stellte dabei die Sicherung der Holzdecke direkt an der Untersicht der Zerrbalkenebene eine besondere Schwierigkeit dar, sie musste gesondert gesichert werden. In der Zerrbalkenebene wurde der Bretterboden samt Fehlbodenschüttung entfernt. Für die zukünftige Nutzung wurden Stege längs beidseitig eingebaut. Auch eine Nutzbarkeit für Besucherströme wurde ermöglicht.

Den Bohlenbelag entfernt


Das Dach der Sakristei hat einen stehenden Kehlbalkendachstuhl. Die Zerrbalken wiesen trotz der massiven Querschnitts von 23 x 33 Zentimetern eine sichtbare Durchbiegung von geschätzt acht zentimetern auf. Es wurde vermutet, dass die Nordwand der Sakristei ursprünglich einen Giebel aus Mauerwerk aufgewiesen hat. Die nördliche Dachkonstruktion wurde später eingebaut. Die Gewölbedecke und die Außenwände der Sakristei hatten Risse, die auf Entlastung der Außenwände schließen lassen.
Einige Traufpunkte der Sparren und Zerrbalken an der Westseite waren morsch und wurden bereits notdürftig bearbeitet. Der Horizontalschub des Walms an der Giebelseite wurde nicht ausreichend in die Dachkonstruktion eingeleitet. Einige Holzteile waren bereits massiv von Anobien befallen.
Im Rahmen der Sanierung wurden die Traufpunkte querschnittsgleich ausgetauscht. Die Walmkonstruktion wurde zug- und druckfest in Kehlbalkenebene und Fußbodenebene rückverankert. Gleichzeitig erfolgte eine Anobienbekämpfung. Der Bohlenbelag wurde entfernt. Für Kontrollgänge und evtuelle Besucherströme wurden Wartungsstege wie im Hauptschiff eingebaut.
Mit der Sanierung des Dachstuhls von St. Kastulus beauftragt waren Beratende Ingenieure Brandl + Eltschig Tragwerksplanung aus Freising.
Das dreischiffige Langhaus von St. Kastulus in der Form einer römischen Basilika geht zurück auf das späte 12. Jahrhundert. 1207 wurde die Kirche durch einen Brand beschädigt, am 20. Oktober 1212 jedoch wieder „zu der Ehr der Dreifaltigkeit, Mariae der Himmelkönigin und sanct Castls“ geweiht. Aus dieser Zeit stammen auch das romanische Hauptportal und der stattliche Turm mit seiner reichen architektonischen Gliederung, der zusammen mit dem Turm der benachbarten alten Pfarrkirche St. Johann die Stadtsilhouette prägt.
Das Mittelschiff wurde nie eingewölbt, sondern besitzt eine (mehrfach erneuerte) Flachdecke. 1468 legte Herzog Ludwig der Reiche von Bayern-Landshut den Grundstein zu einem neuen Chor in spätgotischem Stil, der in seiner Höhe weit über das alte Langhaus hinausragt und im Inneren durch seine Lichtfülle im Kontrast zum dunklen Langhaus steht. An die Grundsteinlegung erinnert eine Inschrift an der Chorscheitelblende hinter dem Hochaltar.
Die Wand- und Gewölbeflächen der Raumschale zeigte abplatzende Malschichten, nicht zuletzt wegen dispersionshaltiger Farbaufträge im Langhaus. Trotz der nötigen Abnahme nicht mehr am Untergrund haftender Schichten sollte natürlich soviel von der Originalsubstanz wie möglich beibehalten werden.
Eine Analyse der bestehenden Fassungspakete belegte Reste jahrhundertealter Kalkfassungen – hier durfte natürlich nur ein Kalkauftrag nach historischem Vorbild ausgeführt werden. Vom kleinteiligen Schließen der Risse und Fehlstellen mit feinem Kalkmörtel bis zur Weiß- und Ockerfassung der Gewölbesegel im Chor arbeiteten die Restaurierungswerkstätten Erwin Wiegerling in einer Kalklasurtechnik mit reinem holzgebranntem Sumpfkalk ohne organische Zusätze.
Das war insofern wichtig, da die Problematik der jüngsten Abplatzungen auch auf jene organischen Zusätze in den früheren Farbsystemen zurückzuführen war. Die Neufassung der Raumschale sollte die zuletzt sichtbare Fassung, das heißt die kräftige Ockerfassung mit schwarzen Begleitern im Chorraum und die Weißfassung im Langhaus mit den Feldergliederungen, wiederholen.
Außer dem Hochaltar wurden alle übrigen Ausstattungsteile, wie Seitenaltäre, Kanzel, Chorgestühl, Orgel und Skulpturen von Wiegerling konservatorisch behandelt, fachgerecht gesichert und befestigt. (BSZ) (St. Kastulus in Moosburg; der Dachstuhl während der Sanierungsarbeiten - Fotos: Brandl + Eltschig)

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