Bauen

Der ausgebaute Abschnitt der B 85 aus der Luft gesehen. (Foto: Staatliches Bauamt Bamberg)

06.03.2015

Verbesserte Verkehrsqualität

Ausbau der Bundesstraße 85 von Förtschendorf bis Steinbach am Wald

400 Jahre lang wurde der nördliche Frankenwald durch Bergbau und Glasindustrie geprägt. Die Glasindustrie mit ihren zahlreichen Zulieferbetrieben ist heute noch der wichtigste Arbeitgeber und das Fundament für Wohlstand. Ein wichtiger Standortfaktor ist, wie so oft, die Verkehrsinfrastruktur. Und gerade hier liegen im Frankenwald die Probleme.
Bis über den Zweiten Weltkrieg hinaus wurden die Unternehmen im nördlichen Landkreis Kronach über die Bahn mit Rohstoffen versorgt und konnten auf diesem Weg die fertigen Produkte auf den Markt bringen. Als 1952 die innerdeutsche Grenze endgültig geschlossen wurde, musste der Bahnverkehr im Tettauer Winkel eingestellt werden. Besondere Umstände erfordern besondere Lösungen und so wurde der „Straßenroller“ geboren. Per Huckepack wurden nun die Güterwaggons auf einem Culemeyer (Fahrzeuganhänger zum Transport von Eisenbahnwagen) nach Tettau und Alexanderhütte transportiert. Von 1952 bis 1977 waren dies 50 000 Transporte. Seit 1996 ist diese Transportart Geschichte. Der gesamte Güterverkehr wird seitdem auf der Straße abgewickelt.
Nach der politischen Wende im Jahr 1989 und der Wiedervereinigung Deutschlands hat die Bundesstraße 85 (B 85) ihre alte Bedeutung als Fernstraße wiedererlangt. Der B 85 fällt heute die Bedeutung zu, den nördlichen Landkreis Kronach mit dem überregionalen Verkehrsnetz im Süden, den Autobahnen A 9, A 70 und A 73 und im Norden mit den thüringischen Wirtschaftszentren Saalfeld und Rudolstadt und der A 4 zu verbinden.
Mit der Öffnung der Grenze stieg die Verkehrsbelastung sprunghaft an. Wenn bis zu diesem Zeitpunkt die Bundesstraße 85 ihrer Aufgabe als einzige Nord-Süd-Achse im Landkreis Kronach kaum gerecht wurde, wurde ihre mangelhafte Leistungsfähigkeit nun zunehmend ein Standortrisiko für die regionale Wirtschaft.
Die B 85 durchläuft den Landkreis Kronach in Nord-Süd-Richtung, quert das Mittelgebirge Frankenwald und kreuzt bei Steinbach am Wald die Wasserscheide zwischen Donau und Elbe.
Ein Manko sind die zahlreichen Ortsdurchfahrten. Im nördlichen Frankenwald kommen dann der Anstieg zur Wasserscheide und die engen Täler, die sich die Straße mit der Haßlach, im späteren Verlauf mit dem Steinbach und der Bahnlinie München-Berlin teilen muss, hinzu.
Der Höhenanstieg von Süden her auf den letzten drei Kilometern bis Steinbach am Wald mit über 110 Metern war geprägt durch einen desolaten Fahrbahnzustand, Steigungen bis zu 7,3 Prozent, enge Kurven, fehlende Überholsicht, eine unübersichtliche Kreisstraßeneinmündung und eine fast „chronische“ Feuchtigkeit in den dunklen Tälern mit den bis an den Fahrbahnrand stehenden Fichtenwäldern. Im Winter konnte die Fahrbahn kaum abtrocknen. Die daraus entstehende Eis- und Schneeglätte war Ursache für zahlreiche Unfälle. Dies sowie Kolonnenbildungen und eine geringe Reisegeschwindigkeit führten dazu, dass die Forderungen nach einem leistungsgerechten Ausbau immer drängender wurden.
Mit dem Ausbau dieses besonders heiklen, 3,3 Kilometer langen Abschnitts der Bundesstraße 85 zwischen Förtschendorf und Steinbach am Wald nach heutigen Standards, soll eine deutliche Erhöhung der Verkehrssicherheit und eine spürbare Verbesserung der Verkehrsqualität in diesem autobahnfernen Raum erreicht werden. Die Tatsachen, dass eine grundsätzlich neue Trassierung im engen Tal des Steinbachs nicht möglich ist und dass die Steigungsverhältnisse nicht verringert, sondern lediglich verstetigt werden können, gaben letztlich den Ausschlag für den Bau eines Zusatzfahrstreifens.
Der Fahrtrichtungswechsel wird in der Mitte des Ausbauabschnitts vorgenommen. Dort ist auch die Einmündung der Kreisstraße KC 18. Der Zusatzfahrtstreifen wird jeweils vor der Einmündung eingezogen. Die neue Fahrbahnbreite beträgt 12,0 Meter, die Fahrstreifen sind 3,50 Meter, 3,25 Meter und 3,50 Meter breit. Um den Eingriff in den anstehenden Boden zu minimieren, wurde die bergseitige Mulde nur 1,5 Meter und das Bankett nur 1,0 Meter breit ausgeführt. Der bisher viel zu schwache Oberbau wurde nach Bauklasse II bemessen. Die Gesamtdicke beträgt 80 Zentimeter.
Auf der talabgewandten Seite, zum Einschnitt hin, wurde durchgehend ein öffentlicher Feld- und Waldweg angelegt, der die Erschließung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen gewährleistet, dem langsam fahrenden Verkehr eine Alternative zur Bundesstraße bietet und vor allem für Fußgänger und Fahrradfahrer ein weiterer Lückenschluss zur Erschließung des Frankenwalds ist.
Der Naturschutz zwang zu keinen außergewöhnlichen Maßnahmen. Direkte oder indirekte Beeinträchtigungen angrenzender Natura 2000-Gebiete wurden ausgeschlossen, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung führte zu keinen weiteren Auflagen.

Keine Klagen gegen das Planfeststellungsverfahren


Nach dem haushaltsrechtlichen Entwurf im Jahr 2006 folgten ein Planfeststellungsverfahren (ohne Klagen) und die Ausschreibung.
Um die Maßnahme leichter finanzieren zu können, wurde sie in zwei Bauabschnitte geteilt. Die Bauarbeiten begannen mit einem offiziellen Spatenstich am 1. April 2011. Am 24. Mai 2014 wurde die neue 3-streifige Bundesstraße 85 für den Verkehr freigegeben. Bis dahin wurden zwölf Hektar Wald gerodet, 710 000 Tonnen Fels und Boden bewegt sowie 40 000 Quadratmeter Straße gebaut.
Als Baugrund standen neben leicht lösbaren Böden unterschiedlichster Zusammensetzung Festgesteine wie Quarzite, Grauwacke und vor allem Tonschiefer an. Schiefer in allen Lagen, klüftig, abwechselnd nach vorne oder nach hinten geneigt führten fast täglich zu neuen Herausforderungen. Teilweise musste der Fels mit Lockerungssprengungen gelöst werden. Zur Sicherung der brüchigen Felswände wurde 30 000 Quadratmeter Stahlnetz aufgebracht und mit 7000 Felsnägeln befestigt. Zwei Stellen wurden zusätzlich mit einer Spritzbetonschale gesichert. Felssicherungsmaßnahmen in diesem Umfang sind sogar in den Alpen eine Rarität.
Die Freude in der Bevölkerung, die Zustimmung der örtlichen Politik über Parteigrenzen hinweg, die Bereitschaft der Grundstückseigentümer die benötigten Flächen ohne Klageverfahren abzugeben und die positive Resonanz in den öffentlichen Medien hat gezeigt, dass diese Investition in Höhe von zwölf Millionen Euro wichtig und richtig war. (Jürgen Woll) (Montage der Netzsicherung; insgesamt mussten zwölf Hektar Wald gerodet werden - Fotos: Staatliches Bauamt Bamberg)

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