Bauen

Cai-Nicolas Ziegler, CEO von immowelt. (Foto: immowelt)

30.09.2020

Viel Neubau führt wegen hoher Baukosten nicht automatisch zu bezahlbarem Wohnraum

Immowelt Analyse der Neubauquote und der Mietentwicklung der letzten zehn Jahre

Immer mehr Neubau scheint die Antwort auf den angespannten Mietmarkt in Städten zu sein. Doch eine hohe Bauquote allein führt nicht automatisch zu günstigen Mieten: In München und Frankfurt wird anteilig am meisten gebaut, gleichzeitig werden die höchsten Preise bei Neuvermietungen verlangt. Das zeigt eine aktuelle Analyse von immowelt, die das Verhältnis von Neubauzahlen und Mietpreisen der letzten zehn Jahre untersucht. Dazu wurden Angebotsmieten und Bauquoten (fertiggestellte Wohnungen je 1000 Einwohner) in den 14 größten deutschen Städten betrachtet.

Höchste Bauquote in Frankfurt

In Frankfurt wurde in den letzten zehn Jahren so viel gebaut, wie in keiner anderen Stadt des Vergleichs: 48 neue Wohnungen pro 1000 Einwohner entstanden dort. Mit dem Europaviertel wurde sogar ein neuer Stadtteil angelegt, um der wachsenden Bevölkerung Wohnraum zu bieten. Trotz des so geschaffenen Wohnraums zahlen Mieter mit 13,90 Euro in der Finanzmetropole den zweithöchsten Preis für einen Quadratmeter – 48 Prozent mehr als noch 2009 (9,40 Euro). Denn statt bezahlbarer Mietwohnungen entstehen meist hochpreisige Eigentumswohnungen. Neuer Wohnraum führt also nicht automatisch zu einer Entlastung des Mietmarkts.

Mit dem Förderprogramm „Frankfurt Fairmieten“ will die Stadt nun Arbeitnehmern mit mittlerem Einkommen, die keine Sozialwohnung bekommen, das Wohnen im Stadtgebiet ermöglichen. Mit einem „Fairmieten-Schein“ zahlen die Berechtigten im Frankfurter Programm bis zu 35 Prozent unter der Marktmiete beziehungsweise mit dem Förderweg 2 bis zu maximal 10,50 Euro pro Quadratmeter.

„Neubau allein wird den Anstieg der Mieten in Großstädten nicht automatisch bremsen. Denn der Baupreisindex ist in den letzten Jahren um 28 Prozent gestiegen, und die hohen Baukosten machen den Verkauf für Bauherren oftmals lukrativer als die Vermietung“, sagt Cai-Nicolas Ziegler, CEO von immowelt. „Städte und Kommunen müssen lohnende Anreize schaffen, damit auch bezahlbarer Wohnraum entsteht. Zum Beispiel in Form von attraktiven Förderungen für sozialen Wohnungsbau. Nur so kann eine funktionierende Stadtgesellschaft, die ja von der Vielfalt ihrer Einwohner lebt, erhalten werden.“

München: Hohe Mieten und viel Neubau

Auch in München bringt der Neubau-Boom keine preisliche Entlastung für Mieter: 18,20 Euro kostet der Quadratmeter derzeit – das sind 64 Prozent mehr als noch 2009 und der höchste Wert der Untersuchung. Dabei wird auch in der bayerischen Hauptstadt kräftig gebaut: Je 1.000 Einwohner wurden im letzten Jahrzehnt 47 neue Wohnungen fertiggestellt. Um erschwingliche Mieten zu schaffen, beschloss der Stadtrat 2016 das Programm „Wohnen in München IV“ und setzt auf die Strategie des Konzeptionellen Mietwohnungsbau (KMB): Bauherren mit dem überzeugendsten Konzept erhalten den Grundstückszuschlag. Aber erst seit 2019 hat der KMB auch einen sozialen Aspekt: Mindestens 60 Prozent der Wohnungen müssen an wirtschaftlich schwache Bürger vergeben werden, da München keine allgemeine Mietobergrenze festlegen darf. Mit Erstvermietungspreisen bis höchstens 13,50 Euro je Quadratmeter, darf die Miete dort zudem erst nach frühestens fünf Jahren und nur maximal auf die ortsübliche Vergleichsmiete angehoben werden.

Höchster prozentualer Mietanstieg und moderate Bauquote in Berlin

In Berlin sorgt die Mietpreisentwicklung seit Jahren für hitzige Debatten: Von 5,90 Euro im Jahr 2009 auf 11,90 Euro pro Quadratmeter stiegen die Preise. Das entspricht 102 Prozent mehr und macht die Hauptstadt zum Spitzenreiter der Analyse in Sachen Mietpreisanstieg. Mit einer mittleren Bauquote von 25 Wohnungen je 1.000 Einwohner liegt Berlin bei den Neubauten allerdings im Mittelfeld der untersuchten Städte. Starken Einfluss hat neben aufwendig sanierten Altbauten vor allem die Gentrifizierung zentraler Bezirke. Um die Mietpreisentwicklung einzudämmen, wählte der Senat die restriktive und höchst umstrittene Maßnahme des Mietendeckels – der die teuren Neubauten allerdings nicht einschließt.

Hamburg: Trotz Kampf um bezahlbaren Wohnraum steigen die Preise

Hamburg kämpft seit einigen Jahren entschlossen für bezahlbaren Wohnraum. Ein selbstgestecktes Ziel des Hamburger Senats ist, dass jährlich 3000 Wohnungen mit geringer Miete entstehen sollen. So wird versucht das Verhältnis zwischen neu gebauten Sozialwohnungen und frei finanzierten Neubauwohnungen auszugleichen. Mit einer Bauquote von 36 Wohnungen pro 1000 Einwohner seit 2009 belegt Hamburg den dritthöchsten Rang in Sachen Neubau. Die Mieten stiegen in diesem Zeitraum zwar um 42 Prozent an, sind aber mit 11,80 Euro für eine Stadt mit der Größe und Wirtschaftskraft Hamburgs noch relativ moderat.

Leipzig und Essen: Wenig Neubauten und günstige Mieten

Die niedrigsten Bauaktivitäten in der Untersuchung gibt es in Leipzig und Essen. In beiden Städten ist viel Bestand vorhanden, vor allem in Leipzig häufig in Form von attraktiv sanierten Altbauten. Gleichzeitig weist Leipzig 2019 die niedrigsten Quadratmeterpreise (6,80 Euro) auf, bei einer Bauquote von 18 Wohnungen je 1.000 Einwohner. Nachdem in den 1990er Jahren die Einwohnerzahlen dort stark sanken, steigen sie stetig wieder an. Ähnliche Preise zahlten Mieter in Essen. 7 Euro kostete der Quadratmeter 2019 und das bei nur 14 neuen Wohnungen pro 1.000 Einwohner. Damit hat die Ruhrstadt den geringsten Neubauanteil im Vergleich. Allerdings nehmen die Einwohnerzahlen dort erst seit ein paar Jahren wieder leicht zu. Bis Anfang der 2010er-Jahre erlebte Essen einen Bevölkerungsrückgang. (BSZ)

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