Bauen

Der Siegerbeitrag überzeugte das Preisgericht mit einem schlanken Entwurf in Stahlbetonbauweise. (Foto: Ingenieurgruppe Bauen)

15.07.2011

Vielfältige innovative Ansätze

Ideenwettbewerb: Entwurf einer Straßenbrücke nach ganzheitlichen Wertungskriterien

Die Gewinner des mit insgesamt 35 000 Euro dotierten Ideenwettbewerbs „Entwurf einer Straßenbrücke nach ganzheitlichen Wertungskriterien“ sind vor Kurzem ausgezeichnet worden. Der 1. Preis mit 17 500 Euro ging an die Karlsruher Ingenieurgruppe Bauen. Mit dem 2. Preis und 11 500 Euro zeichnete das Preisgericht die SSF Ingenieure AG (München) aus. Den 3. Preis und 6000 Euro Preisgeld gewann das Ingenieurbüro Grassl GmbH (München).
Die prämierten Brücken „stehen für ein Denken, das über Statik, Verkehrsbelastung oder Fahrbahnbreiten hinausreicht. Das in einer Gesamtschau alle Beziehungen einer Brücke zu ihrer Umwelt einbezieht“, sagte der Amtschef des Umweltministeriums, Michael Höhenberger, im Rahmen der Preisverleihung.
Der Ideenwettbewerb wurde von der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau mit Unterstützung der Obersten Baubehörde (OBB) ausgelobt. Der Wettbewerb wurde wissenschaftlich begleitet vom Lehrstuhl für Massivbau der Technischen Universität München (TUM), mit finanzieller Unterstützung durch das bayerische Umweltministerium. Die LGA Landesgewerbeanstalt Bayern unterstützte den Wettbewerb mit einem 5000-Euro-Anteil am Preisgeld.
Ziel des offenen Wettbewerbes war es unter anderem, Anregungen für die zukünftige Entwicklung der Planungsgrundsätze im Brückenbau zu geben und ganzheitliche Wertungskriterien bei der Beurteilung von Planungsvarianten mit einzubeziehen. Der Vorsitzende des Preisgerichts, Oliver Fischer, erklärte den die Bewertungskriterien. Jeweils bis zu 25 Prozent der Gesamtpunktezahl waren in den vier Kategorien ökologische, ökonomische, sozialkulturelle und technische Qualität zu holen. Bei den eingereichten Wettbewerbsbeiträgen waren alle Werkstoffe, von Holz, über Beton und Stahl vorhanden.

Billig ist volkswirtschaftlich oft nicht günstigste Variante


Der Wettbewerb wurde durch ein Forschungsprojekt des bayerischen Umweltministeriums begleitet. Ferner sind Mitglieder des Auslobers in einer Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) zur Nachhaltigkeitsbewertung der Straßeninfrastruktur tätig.
Der Auslober setzt mit seinem Engagement zum Thema ganzheitliche (nachhaltige) Planung ein Zeichen für den verantwortungsvollen Umgang mit finanziellen und ökologischen Ressourcen. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau sieht aber auch die Politik in der Verantwortung, diesen Prozess mit Vergaberegelungen zu unterstützen, welche eine qualitätsorientierte Ausschreibung ermöglichen. Es hat sich gezeigt, dass die „billigste“ Herstellung im Endeffekt nicht die volkswirtschaftlich günstigste Variante darstellt.
Der Siegerbeitrag der Ingenieurgruppe Bauen überzeugte die Jury mit einem schlanken Brückenentwurf in Spannbetonbauweise und besticht durch seine transparente Wirkung im Vorlandbereich und die Betonung der Flussquerung durch einen ästhetischen, wohlproportionierten Bogen. Das semiintegrale lagerlose Tragwerk zeichnet sich insbesondere auch in der technischen Qualität durch gute und durchdachte konstruktive Lösungen sowie durch seine Wartungs- und Instandhaltungsfreundlichkeit aus.
In der Jury-Begründung heißt es unter anderem, dass es dem Beitrag in hervorragender Weise gelingt, den mit der Auslobung verbundenen ganzheitlichen Ansatz einer Entwurfsaufgabe plausibel aufzuzeigen. So könne der Entwurf einer schlanken Spannbetonkonstruktion sowohl bei den ökologischen als auch den ökonomischen Kriterien überzeugen. Mit einem ästhetisch gelungenen Bogen werde die Flussquerung betont und mit schlanken Stützen eine transparente Wirkung im Vorlandbereich erreicht.
Die als semi-integrales Tragwerk konzipierte Brückenkonstruktion zeichnet sich laut Preisgericht besonders durch wohldurchdachte konstruktive Lösungen mit minimiertem Wartungs- und Instandhaltungsaufwand aus und besticht außerdem durch eine Detailausarbeitung auf einem hohen technischen Niveau. Die innovativen Ansätze des Wettbewerbsbeitrags würden von schlanken Fertigteilstützen über die Minimierung der Verschiebewege bei den Übergangskonstruktionen und Kappen aus hochfestem Beton bis hin zur Verwendung von recycelten Materialien reichen.

Ein ausgewogenes Gesamtkonzept


Der mit dem 2. Preis ausgezeichnete Beitrag sieht einen Verbundplattenbalken mit luftdicht verschweißten Hohlkästen aus WT-Stahl vor, der lediglich über Uferpfeilern des Flussfelds eine leichte Voutung aufweist. Vorgefertigte Stahllängsträger und Betonfertigteile als Querträger bilden einen Trägerrost, auf den Fertigteil-Deckenelemente aufgelegt und dann zur Fahrbahnplatte ausbetoniert werden.
Basierend auf dem statischen Konzept eines Durchlaufträgers, erfolgt seine Lagerung konventionell auf insgesamt sieben Pfeilerpaaren pro Fahrrichtung, die als Rundstützen aus Beton ausgebildet sind, so die Begründung der Jury. Neben dem Einsatz von wetterfestem Baustahl, der offenen Rinne für die Längsentwässerung und einer Fingerübergangskonstruktion mit Klemmrinne und großem Quergefälle als Neuerungen, zeichne sich der Beitrag vor allem durch die Entwicklung eines Baukastensystems aus, dessen Realisierung keine oder nur minimale Risiken für die lokale Umwelt erwarten lasse.
Vorgefertigte Stahllängsträger und Betonfertigteile als Querträger bilden einen Trägerrost, auf den Fertigteil-Deckenelemente aufgelegt und dann zur Fahrbahnplatte ausbetoniert werden, so das Preisgericht. Die Vorzüge dieser bewusst schlicht anmutenden Lösung liegen für die Jury dementsprechend in einer guten ökologischen und ökonomischen Qualität (kurze Bauzeit, geringe Flächeninanspruchnahme für die Erschließung der Baustelle, geringe Herstellkosten, einfache Demontage mit Recyclingmöglichkeit).
Der 3. Preis für das Ingenieurbüro Grassl GmbH nutzt durch die Konstruktion des Überbaus als Stahlverbundträger über dem Flussfeld und als Spannbeton-Plattenbalken im Vorlandbereich der Isar die Vorteile beider Bau-weisen.
Laut Preisgericht überzeugt die Wettbewerbsarbeit mit einem ausgewogenen Gesamtkonzept. Die Arbeit erreiche bei den Bewertungskriterien ökonomische und ökologische Qualität gute Werte. Bezüglich der Gestaltung und der Einbindung in die Landschaft werde der Entwurf der örtlichen Situation gerecht. Die Betonung des Flussfelds durch ein Sprengwerk verleihe dem Bauwerk eine gewisse Spannung.
Die Jury lobte generell die Bandbreite der Beiträge. Diese würden „sowohl hinsichtlich der verwendeten Werkstoffe als auch im Hinblick auf das statische System der Tragwerke eine sehr große Bandbreite“ abdecken, erklärte Fischer. „Die ausgearbeiteten Lösungen und aufgezeigten vielfältigen innovativen Ansätze zeigen, dass sich die Teilnehmer intensiv mit dem ganzheitlichen Ansatz auseinandergesetzt haben.“
Der Ideenwettbewerb lieferte allen Beteiligten wertvolle Anregungen und neue Erkenntnisse. Diese sollen unter anderem in die aktuelle Entwicklung eines ganzheitlichen Bewertungsverfahrens für Ingenieurbauwerke der Verkehrsinfrastruktur einfließen, das auch bei Realisierungswettbewerben eingesetzt werden könne, so der Juryvorsitzende weiter.
Die eingereichten Wettbewerbsbeiträge wurden auf Basis einer speziell für diesen Zweck entwickelten Bewertungsmatrix nach folgenden vier Hauptkriterien bewertet:
– Ökonomische Qualität;
– Ökologische Qualität;
– Soziokulturelle Qualität sowie
– Konstruktive Qualität.
Dabei wurde ausdrücklich der gesamte Lebenszyklus des Bauwerks betrachtet und auch externe ökonomische und ökologische Effekte berücksichtigt, wie zum Beispiel volkswirtschaftliche Kosten oder Emissionen durch baubedingte Verkehrsbehinderungen. (Friedrich H. Hettler)

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