Bauen

Der Erlweinspeicher, heute das Maritim Hotel Dresden. (Foto: Hettler)

20.04.2012

Vom Erlweinspeicher zum Militärhistorischen Museum

Dresden ist voller architektonischer Highlights

Die Architektur in Dresden hat eine reichhaltige Geschichte durch alle Epochen vom Mittelalter bis ins Heute. Viel von der historischen Bausubstanz Dresdens ging jedoch durch die Luftangriffe 1945 und auch noch in der Zeit nach 1945 verloren, jedoch sind auch zahlreiche typische Bauwerke der verschiedenen Epochen der Architekturgeschichte noch erhalten oder wurden wieder aufgebaut.
Das unumstritten schönste barocke Bauwerk Dresdens ist der Zwinger, dessen Kronentor mit der vergoldeten Haube zu einem der Wahrzeichen der Stadt geworden ist. Die Semperoper, im Krieg zerstört und zwischen 1977 und 1985 wiederaufgebaut, zählt heute wieder zu den bekanntesten Opernhäusern der Welt. Einer der bedeutendsten Anziehungspunkte Dresdens ist aber die Frauenkirche, die am 30. Oktober 2005, nach elf Jahren des Wiederaufbaus, feierlich geweiht wurde.
Aber auch an der Gestaltung der Zukunft wird in Dresden fleißig und hart gearbeitet. So nahm 2001 Volkswagen in der Gläsernen Manufaktur die weltweit modernste Automobilfabrikation in Betrieb. Zu nennen ist aber auch der im Oktober 2011 eröffnete Erweiterungsneubau des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr (MHMBW), ein Daniel Libeskind-Bau.
Pünktlich zum 800-jährigen Stadtjubiläum wurde am 15. Mai 2006 im Erlweinspeicher das Maritim Hotel mit 328 Zimmern und Suiten der Vier-Sterne-Superior Kategorie eröffnet. Lange war das unter Denkmalschutz stehende Gebäude brach gelegen. Das Gebäude war ein großes Lagerhaus in der Nähe des historischen Stadtkerns direkt am Ufer der Elbe. Es gehört zu den architektonischen Sehenswürdigkeiten Dresdens und steht in direkter Blickbeziehung zu Semperoper, Zwinger und Brühlscher Terrasse. Als Relikt der industriellen Ära ist der jetzt zwischen Sächsischem Landtag und Kongresszentrum gelegene Speicher das älteste Gebäude des Ensembles Neue Terrasse.
1913/14 wurde das große Speichergebäude im alten Packhofviertel erbaut, da es der Dresdner Industrie an Lagerkapazitäten für Tabak, Wolle, Gewürze und Stoffe fehlte. Weder Staat noch Industrie konnten das erforderliche Kapital dafür aufbringen und so wurde der Bau von der Stadt finanziert und vom damaligen Dresdner Stadtbaurat Hans Erlwein errichtet. Erlwein, geboren in Bayerisch Gmain bei Bad Reichenhall, war Architekt und plante dieses Speichergebäude unter Berücksichtigung der traditionellen Dresdner Stadtsilhouette. Später ging es als so genannter Erlweinspeicher in die Geschichte Dresdens ein. Unter Erlweins Bauleitung entstanden zwischen den Jahren 1904 und 1914 zahlreiche Gebäude, die das neuzeitliche Stadtbild Dresdens wesentlich mitprägten.
 1945 blieb auch dieser als Eisenbeton-Skelettbau errichtete Speicher, der bei einer Breite von 36 Metern, einer Länge von 76 Metern und einer Höhe von knapp 40 Metern, eine Nutzfläche von 19 800 Quadratmetern hatte, nicht vom Krieg verschont. Bombenangriffe und Brand veränderten es so, dass es zu Verformungen der Bauglieder kam. Das nahe gelegene Futtermagazin und der Zollspeicher wurden dagegen völlig zerstört. Im Februar 1948 begann man mit Instandsetzungsarbeiten des Erlweinspeichers, die sich jedoch nur auf die unteren Geschosse beschränkten. Der Speicher wurde seitdem nicht mehr genutzt und lag brach. Der monumentale Bau war dem Verfall ausgesetzt und bot den Dresdnern lange Zeit einen trostlosen Anblick.
Seit dem Jahr 2000 gab es Planungen für den Umbau des Erlweinspeichers in ein Hotel. Der Baubeginn verzögerte sich durch das Hochwasser 2002. Im November 2004 begannen die Umbauarbeiten unter Einhaltung der denkmalgeschützten Baustruktur. In nur 18 Monaten Bauzeit wurde das Gebäude komplett von innen entkernt. Über einen Dachdurchbruch nahm man einen großen Einschnitt in dem gesamten oberen Gebäude vor. Durch diesen Kunstgriff entstand das Herz des neuen Maritim Hotels, das großzügige, mit Tageslicht durchflutete Atrium.
Gleich neben dem Erlweinspeicher liegt das terrassenförmig angelegte Internationale Congress Center Dresden (ICD), unterirdisch mit dem Maritim verbunden. Es besticht durch seine außergewöhnliche Architektur, zählt zu den modernsten Kongresszentren Europas und gilt als markanter Bestandteil der Dresdner Stadtkulisse auf der Altstadtseite.

Spektakuläres Vordach


Die sanfte Biegung der Elbe zwischen Johannstadt und Ostra wurde architektonisch auf das langgestreckte Gebäude übertragen und so zur künstlerischen Inspiration. Architektur und Landschaftsraum korrespondieren hier in einer einzigartigen Weise. Die moderne Architektur bildet durch die transparenten und gläsernen Elemente eine stilvolle Ergänzung zu den schweren, barocken Prachtbauten der Stadt. Schon von weitem fällt das spektakulär weit herausragende Vordach auf, getragen von mehreren schlanken, schräg gestellten Stahlsäulen. Auf der Schräge ragen unterschiedlich hohe, gläserne Kuben aus der weiten Fläche, die betont asymmetrisch erscheinen und besonders bei nächtlicher Illumination beeindrucken.
Von der Altstadtseite kommend, breitet sich quer zum Gebäude eine weite, großzügige Freitreppe aus. Das hoch liegende Eingangsfoyer bietet einen tollen Panoramablick auf die Elblandschaft. Sämtliche Geschoss- beziehungsweise Dachplatten sowie die Terrasse sollen schwebend und leicht erscheinen, daher wurden alle Fassaden durchsichtig, gläsern ausgebildet. Es entsteht ein gelungener Kontrast zu dem sonst ganz in modernem Grau gehaltenem Erscheinungsbild, das eine gewisse Kühle und Schlichtheit ausstrahlt. Der dominierende Materialeinsatz aus Stahl, Glas und Beton unterstreicht die Dynamik der geschwungenen Linien des Gebäudes. Es soll durch die aufsteigende Schräge im Inneren ebenfalls als geneigte Ebene wahrgenommen werden. Gegenläufig zum Fluss fällt sacht die breite Flanierrampe ab.
Ein architektonisches Highlight ist ebenfalls das Militärhistorische Museum der Bundeswehr. Der keilförmige, asymmetrische Neubau durchdringt den massiven, klassisch gegliederten Altbau. Eine transparente Fassade aus Metalllamellen überlagert den historischen Baukörper. Der Neubau stellt einen Einschnitt, eine Störung in das Gebäude dar und verändert nicht nur die äußere Gestalt, sondern auch das innere Raumgefüge grundlegend. Seine Räume folgen ihrer Funktion und stehen in klarem Kontrast zu dem starren, horizontal ausgerichteten Säulenraster des Altbaus. Immer wieder durchbricht der Neubau den Altbau und eröffnet dem Besucher auf allen Ebenen überraschende, räumliche Verschränkungen und Ausblicke. Mit insgesamt 20 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche ist das MHMBW das größte Museum in Deutschland.
30 Meter hoch und damit acht Meter mehr als die säulenverzierte Triumphbogenfront des Mittelflügels, eröffnet der Neubau aus der Spitze des Keils einen spektakulären und neuen Blick auf Dresden. Die Spitze des Keils verweist auf die Stelle an der in der Nacht vom 13. Februar 1945 die ersten Bomben der Alliierten Luftangriffe einschlugen. Der Besucher wird auf die schwierige Geschichte der Stadt verwiesen und sieht gleichzeitig mit neuer Perspektive auf ein sich stetig entwickelndes Dresden.
Unter den Kriegswirren heftigst zu leiden hatte die Frauenkirche. Zwar nicht von Bomben getroffen, stürzte sie am 15. Februar 1945 infolge eines Brandes, der den Sandstein und damit die Statik mürbe gemacht hatte, in sich zusammen. Mit ihrer 12 300 Tonnen schweren Kuppel gilt die Frauenkirche, erbaut vom Ratszimmermeister George Bähr, als bedeutendster Steinkuppelbau nördlich der Alpen. Heute stellt die Kirche wegen des Wiederaufbaus eine Mischung aus Alt und Neu dar. (Friedrich H. Hettler) (Blick vom 7. Stock in das lichtdurchflutete Atrium des Hotels. Erlweins "Haus-Wappen". Dieses Zeichnen brachte der Stadtbaumeister an jedem seiner Bauwerke an. Das ICD zählt zu den modernsten Kongresszentren Europas - Fotos: Hettler)

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