Bauen

Blick in die Ausstellung über die Nürnberger Prozesse. (Foto: Stadt Nürnberg)

08.07.2011

Vom Provisorium zur Dauerausstellung

Das Memorium Nürnberger Prozesse

Ende 2010 konnte nach rund eineinhalbjähriger Umbauzeit und einer halbjährigen Ein richtungsphase das Memorium Nürnberger Prozesse mit zahlreichen internationalen Ehrengästen eröffnet werden. Auf einer Fläche von rund 750 Quadratmetern entstand im Dachgeschoss des Ostbaus des Justizgebäudes in Nürnberg ein Infor- mations- und Dokumentationsort, der über Vorgeschichte, Verlauf und Nachwirkungen der Nürnberger Prozesse informiert.
Neben den in Nürnberg abgehaltenen Reichsparteitagen der NSDAP sind es die Nürnberger Prozesse gegen führende Vertreter des NS-Regimes, für die die Stadt Nürnberg weltweit bekannt ist. Die Prozesse fanden vom 20. November 1945 bis zum 1. Oktober 1946 in dem eigens für diesen Zweck umgebauten Schwurgerichtssaal (Sitzungssaal 600) im Ostbau des Nürnberger Justizgebäudes statt.
Vor dem internationalen Militärtribunal mussten sich die Hauptkriegsverbrecher des NS-Regimes verantworten. Zwölf Folgeprozesse vor US-Militärgerichten schlossen sich an. Auch nach Abschluss dieser Prozesse verblieb das Gebäude in amerikanischer Hand. Erst am 30. Juni 1961 wurde der Schwurgerichtssaal offiziell an die bayerischen Justizbehörden übergeben. Er wurde in seine ursprüngliche Form rückgebaut und ist seitdem wieder eine Stätte deutscher Rechtsprechung, zugleich aber auch ein Ort historischen Weltgeschehens.
Im Mai 2000 führten die museen der stadt nürnberg gemeinsam mit den bayerischen Justizbehörden erstmals an den Wochenenden öffentliche Führungen in dem historischen Sitzungssaal durch. Diese erfreuten sich Jahr für Jahr wachsender Besucherzahlen, zuletzt wurden im Jahr 2008 über 20 000 Besucher gezählt. Bei zahlreichen Veranstaltungen, insbesondere zum 60. Jahrestag des Prozessbeginns wurde deutlich, wie sehr der Saal 600 als Stätte der Rechtsprechung über unermessliches Unrecht international bekannt ist. Der als Provisorium eingerichtete Führungsbetrieb stieß nach wenigen Jahren an seine Grenzen. Das steigende Besucheraufkommen führte zu der Erkenntnis, dass die Verpflichtung zu einer angemessenen historischen Aufklärung ernst genommen werden müsse.

Das Dachgeschoss
des Ostbaus war geeignet


Im Oktober 2005 stellte das Kuratorium des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände das Projekt „Memorium Nürnberger Prozesse“ erstmals der Öffentlichkeit vor. Das große, bisher ungenutzte Dachgeschoss im Ostbau des Justizgebäudes war geeignet, die Informations- und Dauerausstellung aufzunehmen. Dabei blieb der große Holzdachstuhl in seiner gesamten Höhe erhalten, er musste lediglich durch den Einbau von wenigen Stahlträgern statisch ertüchtigt werden. Zusätzlich konnten Räume im Nordflügel, die vorher von der Justiz genutzt wurden, für die Ausstellung herangezogen werden.
Mit dem Ausbau des Dachgeschosses stehen dem Memorium Nürnberger Prozesse rund 750 Quadratmeter zur Verfügung. Der größte Teil wird als Ausstellungsfläche genutzt, während die übrigen Flächen von Toiletten, Technik und Büroräumen eingenommen werden. Der Schwurgerichtssaal selbst hat keine bauliche Veränderung erfahren. Lediglich an der Stelle, an der sich damals eine zusätzlich errichtete Zuschauertribüne in das Dachgeschoss schob, wurden verglaste Wandöffnungen eingebaut. Sie erlauben auch während laufender Verhandlungen einen Blick in den Saal 600. Falls der Einblick während einer Verhandlung von einem Richter verwehrt werden sollte, können die Scheiben auf Knopfdruck blind gemacht werden.
Um einen reibungslosen Zugang zu gewähren, wurde das Treppenhaus um ein Stockwerk verlängert. Ein neuer Fahrstuhl ermöglicht den Besuchern einen barrierefreien Zutritt zu den Museumsräumen im Dachgeschoss und zum Saal 600 im zweiten Obergeschoss. Der Eingangsraum im Erdgeschoss hält neben dem Kassen- und Informationsbereich auch sanitäre Anlagen und Schließfächer bereit. Von außen sorgt eine breite neue Rampe für den barrierefreien Zugang. Das Memorium selbst ist vom übrigen Justizbetrieb getrennt zugänglich, da es über einen eigenen Eingang und Treppenraum verfügt.
Zur Durchführung der notwendigen Baumaßnahmen wurde der Ostbau des Justizgebäudes im Dezember 2008 vollständig geräumt, unmittelbar danach erfolgten erste Abrissarbeiten. Die dort ansässigen Mitarbeiter der Justiz hatten für die Zeit des Umbaus Ausweichbüros bezogen.
Der offizielle Spatenstich für das Memorium erfolgte am 13. März 2009. Die Fertigstellung der Bauarbeiten mit der symbolischen Schlüsselübergabe erfolgte am 11. Mai 2010. Danach waren die Räume frei für die Einrichtung der Ausstellung. Die Eröffnung des Memorium erfolgte am 21. November 2010.
Der Entwurf und die Koordination der Bauarbeiten lag in den Händen des Staatlichen Bauamts Erlangen-Nürnberg, in enger Kooperation mit dem Oberlandesgericht und der Stadt Nürnberg. Für die Ausführungsplanung und Bauleitung war das Architekturbüro Haushoch GmbH, Nürnberg, eingeschaltet.
Die Gesamtkosten für den Ausbau des Dachgeschosses belaufen sich auf rund 4,2 Millionen Euro. Die Kosten teilen sich der Bund und der Freistaat Bayern, finanziert aus Mitteln des Kulturfonds und der Bayerischen Landesstiftung. Für die Erstellung der Dauerausstellung hat die Stadt Nürnberg 700 000 Euro zur Verfügung gestellt. Sie trägt auch die laufenden Betriebskosten. (BSZ)

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