Bauen

10.02.2012

Zugewinn an Rechtssicherheit

Energiewende: Änderung im Bauplanungsrecht im Bereich des Repowering von Windenergieanlagen

Die Windenergiegewinnung an Land in Deutschland leistet derzeit den größten Beitrag zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und wird auch zukünftig einen wesentlichen Anteil beitragen. Dabei ist man in der Regel bestrebt, die Windenergieanlagen auf wenige Standorte, so genannte Windparks, zu konzentrieren. Zum einen soll die Energieausbeute an windstarken Standorten erheblich vervielfältigt und effizienter gestaltet werden.
Zum anderen soll eine Beruhigung und Entlastung des Landschaftsbilds sowie eine Immissionsreduktion und damit verbunden einen Beitrag zur Verringerung der Beeinträchtigung betroffener Bürger erreicht werden. Daher kommt dem so genannten Repowering von Windenergieanlagen – also der Ersetzung kleinerer und älterer Anlagen durch zumeist wenige, jedoch leistungsstärkere und modernere Anlagen – immer größere Bedeutung zu.

In den meisten Fällen wirtschaftlich kaum sinnvoll


Die bloße technische Aufrüstung bestehender Anlagen ist aufgrund zahlreicher technischer Parameter in den meisten Fällen wirtschaftlich wenig sinnvoll. Regelmäßig kommt es bei Repoweringmaßnahmen zur Ausweisung neuer Flächen für die Windenergiegewinnung und zunächst zu einem Parallelbetrieb von älteren und neuen Anlagen an verschiedenen Standorten, um keine Lücke in der dezentralen Energiegewinnung entstehen zu lassen.
In Folge werden dann aber üblicherweise die vorhandenen älteren Windenergieanlagen rückgebaut und nur noch die neuen Anlagen betrieben. In rechtlicher Hinsicht bestanden bisher erhebliche Unsicherheiten in der kommunalen Praxis, wie der beschriebene Prozess des Repowering bauplanungsrechtlich umgesetzt werden kann. Durch das Gesetzespaket zur „Energiewende“ hat der Gesetzgeber nunmehr mit dem neuen § 249 des Baugesetzbuchs (BauGB) im Bauplanungsrecht eine klarstellende Regelung geschaffen.

Räumlicher Wildwuchs
wäre zu befürchten gewesen


1. Problemdarstellung:
Die Steuerung der Standorte von Windparks erfolgt durch die gezielte Ausweisung von Flächen für Windenergieanlagen in Raumordnungs- und Flächennutzungsplänen. Diese Ausweisung bewirkt gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, dass Windenergievorhaben ungeachtet deren bauplanungsrechtlicher Privilegierung durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB an anderen als den ausgewiesenen Standorten nicht genehmigungsfähig sind (so genannter Planungsvorbehalt). Dieser Planungsvorbehalt greift nach dem Bundesverwaltungsgericht nur dann, wenn hierfür zum einen „substantiell Raum geschaffen“ und zum anderen ein „gesamträumliches Planungskonzept“ kommunal erarbeitet wurde.
Vornehmlich Investoren haben in der Vergangenheit die Ausweisung neuer Standorte für Windparks zum Anlass genommen, das bisherige „gesamträumliche Planungskonzept“ in Frage zu stellen, mit der Begründung, die bisherige Flächenausweisung sei nicht ausreichend gewesen. Folgte man dieser Argumentation, hatte dies zur Konsequenz, dass der Planungsvorbehalt Windenergievorhaben außerhalb der ausgewiesenen Konzentrationsflächen nicht entgegen gehalten werden konnte. Damit bestand für Kommunen die akute Gefahr, dass durch Repoweringmaßnahmen einzelne Windenergieanlagen oder auch Windparks an Standorten genehmigt werden mussten, die dem kommunalen Planungswillen entgegen standen. Es wäre dann ein räumlicher „Wildwuchs“ von Windenergieanlagen zu befürchten gewesen. Die eigentliche Motivation des Repowerings wäre ad absurdum geführt worden.
2. Gesetzliche Klarstellung: Fortwirkung des Planungsvorbehaltes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB:
Nunmehr stellt die Neuregelung des § 249 Abs. 1 BauGB klar, dass aus der Darstellung zusätzlicher Flächen für die Nutzung von Windenergie nicht folgt, dass bereits vorhandene Darstellungen nicht weiterhin zur Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB führen. Es wird also faktisch gesetzlich fingiert, dass durch die Ausweisung neuer Flächen das bisherige „gesamträumliche Planungskonzept“ nicht in Frage gestellt werden kann.
Darüber hinaus wurde über die Neuregelung des § 249 Abs. 2 BauGB auch die Möglichkeit geschaffen, die Errichtung neuer Windenergieanlagen vom Rückbau alter Anlagen an anderen Standorten abhängig zu machen. Eine solche Festsetzung kann sowohl in Bebauungsplänen als auch in Flächennutzungsplänen vorgenommen werden. Dabei sollen auch Fristen geregelt werden, innerhalb derer die Altanlagen zurück gebaut werden müssen. Diese Kompensation für die neue Flächenausweisung durch Rückbau älterer Windenergieanlagen kann sich auch auf Standorte außerhalb des Plan- oder sogar des Gemeindegebiets beziehen.
3. Fazit:
Die Klarstellung zur bauplanungsrechtlichen Absicherung für das Repowering von Windenergieanlagen durch die Neuregelung des § 249 BauGB und damit der Zugewinn an Rechtssicherheit für die kommunale Praxis ist grundsätzlich zu begrüßen. Denn die Ersetzung technisch überholter Anlagen durch moderne und leistungsstärkere Windenergieanlagen und damit verbunden ein zeitlich begrenzter Parallelbetrieb älterer und neuerer Anlagen wird auch zukünftig große Bedeutung zukommen, soll der Anteil der Stromerzeugung an Land durch Windenergie weiter ausgebaut werden.

Begrenzte Zahl
von Eignungsflächen


Denn trotz Verringerung der Anlagenzahl kommt es in der Regel zu Leistungszuwächsen von bis zu einem Drittel im Vergleich zu den Vorgängeranlagen. Die Konzentration der Windenergieanlagen auf so genannte Windparks ist dabei nicht zuletzt auch aufgrund der begrenzten Anzahl von Eignungsflächen unumgänglich. Gleichwohl bleibt abzuwarten, ob sich aufgrund der sprachlich wenig gelungenen Regelung und der Stellung des § 249 innerhalb des BauGB Streitigkeiten bei der Auslegung ergeben werden.
(Felix Siebler/Daniel Pflügler)
(Beide Autoren sind Rechtsanwälte bei der Siebeth Partnerschaft, München)

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