Beruf & Karriere

Frauen in Führungspositionen sind in Deutschland auch im Jahr 2019 noch immer eine Seltenheit. (Foto: dpa/Tobias Kleinschmidt)

08.03.2019

Alte Denkweisen auf den Prüfstand stellen

Der internationale Frauentag soll darauf aufmerksam machen, dass Frauen sich im Job oft benachteiligt fühlen und weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen

Er jährt sich in diesem Jahr zum 108. Mal – der Internationale Frauentag am 8. März. Seither hat er an Bedeutung zugenommen, denn in Deutschland sind längst nicht alle Barrieren beseitigt: Frauen fühlen sich im Job oft benachteiligt, verdienen immer noch weniger als ihre männlichen Kollegen. Und von Altersarmut sind vor allem Frauen bedroht, die sich um die Erziehung der Kinder gekümmert haben. Kein Wunder, dass zum Frauentag immer mehr über alternative und flexible Arbeitsplatzmodelle diskutiert wird.

„Unternehmer, die in ihrer strategischen Planung die Bedürfnisse von Müttern stärker berücksichtigen, können punkten. Im Handwerksbereich ist bereits eine Vielzahl derart familienorientierter Betriebe zu finden“, weiß Petra Timm, Sprecherin beim Personaldienstleister Randstad. Sowohl dem Unternehmen als auch den Mitarbeitern eröffnen sich gleichermaßen große Chancen, wenn die Arbeitsbedingungen an die Erfordernisse der Beschäftigten angepasst werden.

Diese Flexibilität fällt Unternehmern heute leichter denn je, denn fachlich müssen sich Frauen schon lange nicht mehr hinter ihren männlichen Kollegen verstecken. In einem Berufszweig mit starkem Männerüberschuss können weibliche Beschäftigte mit Kompetenz und Fachwissen überzeugen. Dadurch gelingen Berufsstart oder Wiedereinstieg – auch in einem typischen Männerberuf.

Das Datum des Internationalen Frauentags hat eine lange Tradition und geht auf die Frauenbewegung im 19. Jahrhundert zurück. Berlin hat den Tag 2019 als erstes Bundesland zum gesetzlichen Feiertag erklärt. Er wird aber auf der ganzen Welt gefeiert. „Am Frauentag haben Beschäftigte in 26 Ländern arbeitsfrei“, weiß Timm. Beispielsweise in Russland: Dort ist er einer der wichtigsten Termine im Jahr. In einer Mischung aus Valentins- und Muttertag werden in Russland heute nicht nur Ehefrauen und Mütter, sondern auch Arbeitskolleginnen mit Pralinen, Parfüm und Schmuck bedacht.

Wie in Madagaskar und Nepal ist in China der 8. März ein Feiertag nur für Frauen. In chinesischen Staatsbetrieben bekommen sie häufig den halben Tag frei, manchmal verteilen die Unternehmen auch kleine Aufmerksamkeiten.

Und während der Frauentag in Deutschland und Polen mit roten Nelken verbunden wird, verteilen Italiener am 8. März meist gelbe Mimosen an Frauen. Diese gelten seit den Widerstandskämpfen während der Herrschaft der Faschisten als Zeichen für die Befreiung der Frauen von männlicher Unterdrückung.

70 Jahre Gleichberechtigungsgesetz

Vor genau 70 Jahren kam auch der Gleichberechtigungsartikel ins Grundgesetz. Der Kampf um den Artikel 3 war lang und aufreibend, die praktische Umsetzung dauert bis heute an. Denn nach einer aktuellen Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF) ist Deutschland in puncto Gleichberechtigung um zwei Ränge auf Platz 14 abgerutscht. Vor zwölf Jahren stand die Bundesrepublik noch auf dem fünften Platz.

Grund für diese Entwicklung: „Die Automatisierung wirkt sich besonders stark auf Bereiche aus, die traditionell von Frauen besetzt sind. Außerdem sind weibliche Beschäftigte in den MINT-Berufen nach wie vor unterrepräsentiert“, weiß Timm. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Hinzu kommt, dass hierzulande der Anteil der Frauen in der Forschung bei lediglich 16 Prozent liegt. Dabei haben Untersuchungen großer Wirtschaftsberatungen längst bestätigt, dass sich ein höherer Frauenanteil in Unternehmen positiv bemerkbar macht. Petra Timm: „Je vielfältiger ein Betrieb aufgestellt ist, desto ideenreicher und kreativer ist er, was wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen kann.“ Insgesamt sind in Deutschland laut WEF 78 Prozent der sogenannten Geschlechterkluft geschlossen – weltweit sind es 68 Prozent.

Immerhin hat die deutsche Wirtschaft mehr weibliche Chefs bekommen. 61 Frauen arbeiten mittlerweile in den Vorständen der 160 größten börsennotierten Unternehmen. Das sind elf mehr als 2017, hat eine aktuelle Auswertung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsfirma Ernst & Young ergeben. Trotz der steigenden Zahlen sind Frauen in Führungsetagen immer noch eine Seltenheit. Daher ist der Internationale Frauentag für Arbeitgeber ein guter Zeitpunkt, um den eigenen Umgang mit weiblichen Angestellten in puncto Aufstiegschancen auf den Prüfstand zu stellen.

Denn Unternehmen kommen in Zukunft nicht mehr am Potenzial der weiblichen Beschäftigten vorbei. „Junge Frauen sind gut qualifiziert, leistungsstark und karriereorientiert“, weiß Timm. „Sie stellen über die Hälfte der Hochschulabsolventen und damit die Mehrheit des potenziellen Fach- und Führungskräftenachwuchses.“ Arbeitgeber, die dies erkennen und sich auf die speziellen Bedürfnisse von Frauen einstellen, haben gute Chancen, dem wachsenden Fachkräftemangel zu begegnen. Dazu gehören etwa flexible Arbeitsbedingungen und die Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Timm: „Gute Rahmenbedingungen verbessern sowohl das Image des Unternehmens als auch die Motivation der Mitarbeiter nachhaltig, denn sie können gezielter auf unterschiedliches Arbeitsaufkommen reagieren und Projekte deutlich besser planen.“ Gleichzeitig führen moderne Arbeitsplatzmodelle zu einer messbaren Produktivitätssteigerung. (txn)

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