Beruf & Karriere

Darf der Vorgesetzte nach der Corona-Impfung fragen? Anwälte und Gewerkschaften sind unterschiedlicher Meinung. (Foto: dpa/Jens Büttner)

15.01.2021

Impfzwang: Arbeitgeber müssen sich zurückhalten

Was Vorgesetzte in Corona-Zeiten anordnen dürfen – vor allem Gesundheitsberufe sind betroffen

Gegen das Coronavirus impfen lassen oder nicht? Das ist bislang immer Entscheidung des Einzelnen. Können am Arbeitsplatz Ausnahmeregeln gelten? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Können Firmen von ihren Beschäftigten eine Corona-Impfung verlangen?

Grundsätzlich nicht. „Die Impfung bedeutet einen starken Eingriff in die grundrechtlich geschützte Position des Arbeitnehmers. So etwas ginge nur auf der Basis einer gesetzlichen Pflicht“, erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Der Gesetzgeber habe sich bei der Coronaschutzimpfung bewusst gegen eine solche Pflicht entschieden. Nur wenn sich das in Zukunft ändern sollte und sich der Gesetzgeber für eine Impfpflicht entscheidet, würde sich auch die Bewertung der Verpflichtung im Arbeitsverhältnis ändern, erklärt der Fachanwalt.

Drohen Konsequenzen, wenn man keine Impfung hat?
Da es keine Impfpflicht gibt, könne der Arbeitgeber keine Maßnahmen gegen diejenigen ergreifen, die nicht geimpft sind oder es nicht vorhaben. Das erklärt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einem Beitrag zum Thema. Der Arbeitgeber bleibe arbeitsvertraglich zur Beschäftigung verpflichtet, unabhängig davon, ob ein Beschäftigter geimpft ist oder nicht.

Wie sieht es für Beschäftigte in Gesundheitsberufen aus – etwa Pflegepersonal oder Ärztinnen und Ärzte?
Aufgrund der besonderen Gefährdungssituation in diesen Berufsgruppen habe der Arbeitgeber hier grundsätzlich weitreichendere Befugnisse, erklärt Bredereck. Aber: „Für einen Zwang zur Impfung reichen auch diese ohne gesetzliche Regelung nicht.“ Es kann dem Arbeitsrechtler zufolge allerdings sein, dass der Arbeitnehmer ohne Impfung nicht beschäftigt werden darf und damit auch seinen Anspruch auf Arbeitsvergütung verliert. Ihm könnte dann außerdem eine personenbedingte Kündigung drohen, soweit er ohne Impfung für die Ausübung seines Berufs nicht geeignet ist. „Das muss man dann analog zum Kraftfahrer, der seinen Führerschein verliert, betrachten.“

Müssen Beschäftigte ihrem Arbeitgeber mitteilen, ob sie gegen das Coronavirus geimpft sind?

Angestellte müssen das nicht proaktiv tun, erklärt Bredereck. Anders kann es aussehen, wenn der Vorgesetzte fragt. Da er auch für die Gesundheit der übrigen Angestellten zu sorgen hat und die Frage insoweit maßgeblich ist, dürfte eine entsprechende Frage des Unternehmens zulässig sein, so die Einschätzung des Fachanwalts. Damit müsste diese auch wahrheitsgemäß beantwortet werden. Der DGB sieht das etwas strenger. Dort heißt es, dass Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber keine Auskunft zu der Frage schulden. Impfen sei Privatsache der Beschäftigten – ausgenommen die gesetzlich geregelte Masernimpfplicht, die etwa für Beschäftigte in Kitas gilt.

Kann der Arbeitgeber Zugang zu bestimmten Bereichen verweigern, wenn Angestellte nicht geimpft sind? Zum Beispiel zur Kantine?

Das sei immer Einzelfallentscheidung, erklärt Bredereck. Das Unternehmen benötige ein konkretes Interesse daran, dass ein Angestellter keinen Zutritt bekommt. „Wenn die allgemeinen Maßnahmen – etwa Abstandsregelung, Maskenpflicht, Homeoffice – ausreichend sind, sehe ich das nicht“, so der Fachanwalt. Der DGB verweist hier auf Paragraf 612a im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Demnach verbiete insbesondere die Benachteiligung von Beschäftigten, die ihren Anspruch auf Schutzimpfung freiwillig nicht wahrnehmen wollen, eine solche Zutrittsregelung. Laut Bredereck könnte es Ausnahmen geben, wenn es um den Zutritt zu Orten mit „speziellem Gefahrenpotenzial“ geht, zum Beispiel zur Kantine. Das Unternehmen dürfe aber auch hier den Zutritt nicht willkürlich verweigern, sondern nur, wenn dies gesetzlich vorgegeben oder im Rahmen des betrieblichen Gefahrenmanagements vorgesehen ist.

Darf das Unternehmen Anreize für Geimpfte schaffen – etwa in Form eines Impfbonus?
Das dürfte laut Fachanwalt Bredereck zulässig sein. „Der Arbeitgeber hat ein nachvollziehbares Interesse an der Impfung, der Arbeitnehmer gibt eine grundrechtlich geschützte Position auf. Warum soll es dafür nicht eine Gegenleistung geben?“ Der Fachanwalt sieht hier aber künftig noch viel Konfliktpotenzial.
(dpa)

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