Beruf & Karriere

Nachwuchskräfte haben oft eine andere Vorstellung von Führung – das birgt Konflikte. (Foto: dpa/David Ebener)

07.06.2019

Junge Chefs führen lehren

Wenn Nachwuchskräfte leitende Aufgaben übernehmen, werden entscheidende Qualifikationen oft vernachlässigt

Aufgrund des demografischen Wandels rücken verstärkt Nachwuchskräfte in Führungspositionen auf. Inhaltliches und fachliches Know-how gelten oft als wichtigste Voraussetzung. Dabei stellen die veränderte Rolle und die damit einhergehenden Herausforderungen nicht selten die größeren Hürden dar.

Über das Thema Führung wird seit Langem und häufig auf unterschiedlichsten Veranstaltungen von Branchen- und Fachverbänden referiert. Eine unüberschaubare Anzahl von Ratgebern und Fachartikeln, Seminaren und anderen Weiterbildungsangeboten überschwemmt förmlich den Markt. Angesichts dessen könnte man glauben, der Führungsnachwuchs sei bestens versorgt. Die betriebliche Praxis, vor allem im öffentlichen Dienst und im Mittelstand, zeigt ein anderes Bild. Wo traditionell hierarchisch geprägte Gefüge die Regel sind, geht man weiterhin davon aus, von oben nach unten und direktiv per Anweisung steuern zu können. Jungen Führungskräften wird diese Haltung häufig informell ans Herz gelegt – und sie werden nicht selten damit allein gelassen. Allerdings sehen die Erwartungen der Mitarbeitenden heute anders aus als vor 50 Jahren. Die zunehmende Komplexität der Aufgaben erfordert partizipativere Formen der Zusammenarbeit. Und nicht zuletzt sind es oftmals die Nachwuchskräfte selbst, die eine andere Vorstellung von Führung haben, als Vorgaben „nach unten“ durchzudrücken.

Die Folge können Konflikte sein, von denen die Betroffenen schnell überfordert werden oder die sie zu spät überhaupt als solche erkennen. Dabei geht es nicht in erster Linie um den offenen Dissens mit Vorgesetzten oder Kolleginnen. Vor allem die inneren Konflikte und Entscheidungs-Paradoxien sind es, die gerade unerfahrenen Kräften zu schaffen machen. Dazu kommen verdeckte Konflikte in Teams, die äußerst belastend wirken können. Experten wie Rolf Arnold, Professor an der TU Kaiserslautern und seit Jahrzehnten lehrend und forschend in der Berufs- und Erwachsenenpädagogik tätig, sehen die Konfliktbewältigung als zentralen Punkt in der Führungsrolle: „Führung ist strukturell ein konflikthaftes Handeln. Führungskräfte müssen deshalb den gestaltenden Umgang mit diesen Konflikten lernen und das Ausweichen beziehungsweise Harmonisieren hinter sich lassen“, so Arnold in einer seiner Studienveröffentlichungen. Oft mangelt es hierfür allerdings nicht nur an der Haltung und den methodischen Grundlagen, sondern vor allem auch an geregelten Austauschmöglichkeiten, um das eigene Handeln zusammen mit anderen reflektieren zu können.

Regelmäßige Reflexion  besser als gute Ratschläge

Der sogenannte direktive Führungsstil ist in dem typischen Leitbild des „Meisters“ verankert. Aufgrund der Fachexpertise nimmt dieser eine übergeordnete Position ein und hängt in der Bewertung der Führungsfähigkeiten weitgehend von der Akzeptanz der fachlichen Überlegenheit ab. Diese gilt es deshalb unbedingt zu sichern. Wenn junge Führungskräfte, die eher einem kooperativen oder transformierenden Stil folgen wollen, auf solche Chefs „alter Schule“ treffen, sind Missverständnisse und Machtspielchen erst einmal vorprogrammiert – vor allem, wenn Jüngere hierarchisch auch noch über der oder dem Älteren stehen. Ein weiterer „Klassiker“ ist der Aufstieg aus dem Team oder der Abteilung in die Führungsebene. Für die Mitarbeitenden, die bislang gleichrangige Kolleginnen und Kollegen waren, können sich durch solche Umstände plötzlich hierarchische Gräben auftun, die es zu überbrücken gilt. Wer die entstehenden Konflikte zu ignorieren versucht, fährt bildlich mit hoher Wahrscheinlichkeit in den genannten Graben oder gegen die soziale Wand. Ebenso wenig zielführend ist es, einfach mit der neu gewonnenen Macht Druck auszuüben und Konflikte dadurch aus dem Weg räumen zu wollen.

Bei all diesen Überlegungen sollte man nicht vergessen, dass Mitarbeitende in aller Regel durchaus geführt werden wollen. Nur gehen die Erwartungshaltungen an die richtige Führung erfahrungsgemäß mehr oder weniger weit auseinander. Manche brauchen ein hohes Maß an Selbstverantwortlichkeit und eine sprichwörtliche „lange Leine“, andere möglichst eng gesteckte Vorgaben, die sie abarbeiten können. Solch unterschiedlichen Erwartungen lässt sich kaum mit einer „Entweder-oder“-Haltung in der Führung gerecht werden. Zuallererst ist stattdessen die Führung der eigenen Person gefragt, die den persönlichen Zielen wie den Vorgaben der eigenen Organisation als rotem Faden folgen muss. Die Konflikte, die sich dadurch vielleicht mit den eigenen Erwartungen wie auch mit den Vorstellungen der Mitarbeitenden und Vorgesetzten ergeben, sollten realistisch erkannt und als solche zugelassen werden. Erst dann wird eine konstruktive Bewertung und Lösung möglich, für die zu gegebener Zeit auch der Austausch mit Dritten hilfreich sein kann. Denn dadurch wird es leichter oder gar erst möglich, das eigene Handeln im Kontext zu betrachten, Muster zu erkennen und – bei Bedarf – zu verändern. (Frank Beck)

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