Beruf & Karriere

Oft ist nicht die Verspätung das Problem, sondern die unzureichende Kommunikation. (Foto: dpa)

26.10.2018

Zwischen Informationsfluss und -überflutung

Wenn Mitarbeiter nicht zur richtigen Zeit über notwendige Daten verfügen, sind die Folgen oft fatal

Schlagworte wie „Big Data“ machen die Runde, das Thema Datenschutz ist allgegenwärtig. Während es mancherorts einen gefährlichen Überfluss an Transparenz gibt, stockt an vielen Stellen der Informationsfluss zu Lasten von Kunden und Beschäftigten.

Ein ganz normaler Morgen im Oktober am Münchner Hauptbahnhof: An einem der Bahnsteige stehen Wartende dicht gedrängt, der seit längerem angekündigte ICE lässt sich nicht blicken. Auch zehn Minuten nach der geplanten Abfahrtszeit informiert weder eine Mitteilung auf den Displays noch eine Ansage über den Stand der Dinge. Eine Gruppe von Zugbegleitern, die offensichtlich ebenfalls auf den eintreffenden ICE wartet, reagiert auf Nachfrage sichtlich genervt: „Uns sagt man ja nichts.“ In Zeiten ständiger Verfügbarkeit durch Smartphones und Tablets würde man davon ausgehen, dass entsprechende Informationen in Echtzeit für die Beteiligten verfügbar gemacht und solch peinliche Situation vermieden werden könnten. Denn nicht eine Verspätung an sich ist meist das Problem, sondern die unzureichende Kommunikation über Ausmaß und Ursache. Dabei ist die viel - manchmal sicher zu Unrecht – gescholtene Bahn nicht allein: Das Gefühl, nicht richtig informiert zu sein, gehört für Beschäftigte in zahllosen Unternehmen und Verwaltungen zum Alltag. Daran ändern auch gut klingende Projekte zum Wissensmanagement häufig wenig.

Wie kann es sein, dass technologisch zwar alle Türen offenstehen, um Wissen extrem schnell, gezielt und gut strukturiert den jeweils Beteiligten nahezubringen, dies jedoch oft scheitert oder ungenutzt bleibt? Vordergründig sind die Ursachen rasch benannt. Mit dem Schlagwort der „Informationsüberflutung“ beispielsweise lassen sich derlei Phänomene zeitgemäß erklären und als unabwendbar abtun. Wer es sich nicht ganz so einfach machen möchte und an gangbaren Auswegen interessiert ist, wird bei den neueren Erkenntnissen zur organisationsinternen Kommunikation fündig. Ulrike Buchholz und Susanne Knorre, beide als Professorinnen in den Fachbereichen Unternehmenskommunikation und Kommunikationsmanagement tätig, sehen das Thema als wichtige Grundlage, um der immer stärker geforderten Flexibilität von Organisationen gerecht werden zu können – und damit vor allem auch als Führungsaufgabe: „Die Mitarbeitenden müssen sich für das Finden von Lösungen rasch vernetzen und gemeinsam Szenarien entwerfen sowie schnell und unter Umständen improvisiert handeln können. Dazu ist es wichtig zu wissen, wo im Unternehmen welches Know-how zu finden ist und auch, welche grundsätzlichen Handlungsprinzipien gelten, an denen sich Entscheidungen und Maßnahmen orientieren sollen.“

Die Agenda so klar und konsequent wie möglich gestalten

Wer kennt nicht die prall gefüllten Intranets, die kaum genutzt werden, und die Memos, die niemand zur Kenntnis nimmt? Der konstruktive und gezielte Umgang mit Wissen und Informationen ist sicherlich Hol- und Bringschuld gleichermaßen. Zuallererst geht es darum, zu priorisieren und die Agenda so klar und konsequent wie möglich zu gestalten. Konkret: Wenn in einer Organisation „top-down“ ernsthaft der Fokus darauf gelegt wird, dass das Wohl jedes einzelnen Kunden an erster Stelle steht, sollte eine Situation wie das eingangs geschilderte Bahn-Erlebnis gar nicht vorkommen. Oder es sollte zumindest Anlass für die direkt beteiligten Mitarbeiter sein, dem „bottom-up“ nachzugehen und möglichst Verbesserungen zu bewirken. Wo das Thema Kundenorientierung dagegen Futter für Marketing und Leitbild-Schablonen bleibt, wird sich – was naheliegt – auch nichts und niemand wirklich dorthin bewegen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt dürfte die Motivation sein, die durch einen stringenten Informationsfluss gefördert oder, durch das Gegenteil davon, auch zunichte gemacht werden kann. „Wissen ist Macht“ ist ein geflügeltes Wort und erklärt manchmal, weshalb Informationen im Verborgenen bleiben oder erst verspätet dort ankommen, wo sie genutzt werden könnten. Warum sollte man den Kollegen der anderen Abteilung, die man nicht besonders schätzt, alles über das neue Projekt erzählen? Lieber erst mal abwarten, ob man die wertvollen Erkenntnisse aus dem letzten Meeting nicht „exklusiv“ für die eigenen Zwecke nutzen kann. Wo solche Spielchen von den Führungskräften gedeckt und vielleicht sogar mit praktiziert werden, hat die beste interne Info-Plattform keine Chance. Wer dies verhindern möchte, muss handeln – und zwar überzeugend von oben. Eine Kultur der offenen Information und des Wissensaustauschs lässt sich nicht verordnen. Sie entsteht, wenn immer wieder die entscheidenden Fragen gestellt und beantwortet werden, und zwar auf jeder Hierarchie-Ebene: Wer braucht gerade was und was nicht? Auf welchem Kanal sind die erforderlichen Daten und Fakten am besten zugänglich? Und, nicht zuletzt, wie werden diese ohne Scheuklappen verstanden und interpretiert? Das kann es im Zweifel sein, was kluge Organisationen von weniger klugen unterscheidet. (Frank Beck)

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