Kommunales

Der Masterplan für das Areal im Westen der Landeshauptstadt stammt vom Architekturbüro Herzog & de Meuron aus der Schweiz, das unter anderem die Hamburger Elbphilharmonie und die Fußballarena in Fröttmaning entworfen hat. Bauen soll die Anlage die Firma Büschl aus München. (Foto: Herzog & de Meuron)

04.10.2019

Bei hundert Metern ist bald nicht mehr Schluss

Bekommt München 15 Jahre nach dem Stopp durch eine Bürgerinitiative nun doch zwei neue Wolkenkratzer?

Gegründet vom früheren Münchner Oberbürgermeister Georg Kronawitter (SPD), schaffte es eine Bürgerinitiative 2004, weiteren Hochhäusern in der Landeshauptstadt einen Riegel vorzuschieben – bis jetzt, so scheint es. Denn die Firma Büschl ist fest entschlossen, den Bau von zwei 155 Meter hohen Wolkenkratzern durchzuziehen.

Es gibt kaum ein Ranking, in dem München nicht zur deutschen Spitze zählt – egal ob Wirtschaftskraft, Lebensqualität oder Fußball. In einer Kategorie jedoch schafft es die Landeshauptstadt nicht mal unter die Top 20 und muss sich mit einem Platz hinter Frankfurt, Bonn, Köln und Bremerhaven begnügen. Und geht es nach vielen Münchnern, dann soll sich daran auch nichts ändern.

Die Rede ist von der Liste der höchsten Hochhäuser in Deutschland, die 259 Meter in Frankfurt, 162 Meter in Bonn und 148 Meter in Köln in den Himmel ragen. Sogar ein Hotel in Bremerhaven liegt noch knapp vor dem 146 Meter hohen Uptown München, dem Spitzenreiter in der Landeshauptstadt, der 2004 unweit des Olympiaparks eröffnet wurde – und damals massive Kritik auf sich zog.

Regelung war rein juristisch nur ein Jahr bindend


Dieser „Vierkantbolzen“, wie Münchens inzwischen verstorbener Alt-Oberbürgermeister Georg Kronawitter (SPD) das Gebäude spöttisch nannte, war seinerzeit einer der Hauptauslöser für ein Bürgerbegehren der „Initiative für München“, die weitere Hochhäuser verhindern wollte. Ende 2004 stimmte eine knappe Mehrheit für eine Obergrenze von 100 Metern bei Neubauten in der Stadt. Die Regelung war juristisch zwar nur ein Jahr bindend, jedoch haben sich Investoren seither nicht getraut, diese magische Marke zu überschreiten – bis jetzt.

Denn nun hat die ortsansässige Büschl-Gruppe einen Masterplan für das 87 000 Quadratmeter große Gelände rund um die Paketposthalle im Stadtteil Neuhausen vorgestellt, der unter anderem zwei Hochhäuser vorsieht – jeweils 155 Meter hoch. München steht vor einer Neuauflage des Hochhaus-streits. Der Masterplan für das Areal im Westen der Stadt stammt vom Architekturbüro Herzog & de Meuron aus der Schweiz, das unter anderem die Elbphilharmonie und die Fußballarena in Fröttmaning entworfen hat. Demnach soll die in den 1960er-Jahren erbaute und denkmalgeschützte Paketposthalle saniert, nach allen Seiten geöffnet und für Kunst-, Kultur- und Sportveranstaltungen zur Verfügung gestellt werden. Der 124 Meter lange Bau mit seinem geschwungenen Dach war lange Zeit die größte freitragende Halle der Welt aus Betonfertigteilen – mit einer Spannweite von 150 Metern.

Landesamt für Denkmalpflege ist skeptisch


Rund um das Bauwerk sollen sich sieben Wohnblöcke gruppieren. Und direkt an die Halle anschließend sind die zwei XXL-Hochhäuser geplant, in deren unteren Etagen Büros, darüber Hotels und in den oberen Bereichen Wohnungen vorgesehen sind. „Die außergewöhnliche Architektur der Paketposthalle hat das Potenzial, das pulsierende Zentrum eines neuen Stadtteils zu werden“, sagt Architekt Pierre de Meuron. Und Investor Ralf Büschl – wohl wissend, welche Diskussionen sein Vorhaben in der Stadt auslöst – schwärmt: „Ich bin stolz auf mein München, wenn wir diesen mutigen Weg gemeinsam gehen. Das ist moderne, zukunftsweisende Stadtplanung, mit der wir an dieser zentralen Stelle viele Herausforderungen des urbanen Lebens lösen.“

Ganz anders klingt das bei Karl Hofmann, dem Vorsitzenden der Initiative Münchner Architektur und Kultur (AKU). Er gehörte schon 2004 beim Hochhaus-Bürgerbegehren zu den Mitstreitern von Alt-Oberbürgermeister Kronawitter und sagt über die Büschl-Pläne mit den zwei 155-Meter-Riesen: „Die vorgestellten beiden Hochhäuser in Nachbarschaft zur alten Paketposthalle stellen eine nicht vertretbare Verschandelung des Stadtbilds dar.“ In einer Pressemitteilung der AKU heißt es weiter: „Sollte sich die Problematik weiter zuspitzen, wird ein weiteres Bürgerbegehren gerne in Erwägung gezogen.“

Was Hofmann besonders erbost ist die Tatsache, dass die Pläne für die Paketposthalle bereits öffentlich gemacht wurden, noch ehe die Ergebnisse einer Hochhaus-Studie vorlagen. Diese soll im Auftrag der Stadt untersuchen, wo es in München geeignete Standorte für Hochhäuser gibt und wie diese architektonisch anspruchsvoll und im Einklang mit dem Stadtbild gebaut werden können.

An die Hochhaus-Studie erinnerte auch Mathias Pfeil, selbst Architekt und Chef des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, als die Pläne für die Paketposthalle in der Stadtgestaltungskommission diskutiert wurden. Sollte dort „der größte Eingriff in die Stadtsilhouette seit 1945“ erfolgen, ohne die Ergebnisse der Untersuchung abzuwarten, dann stelle sich die „Frage der Sinnhaftigkeit“ solch einer Studie, so Pfeil. Er sieht die Pläne für die zwei Hochhäuser kritisch, da deren Höhe „elementare Bedenken aus denkmalpflegerischer Sicht“ hervorrufen. Sein Landesamt sei nicht grundsätzlich gegen Hochhausbauten in München, betonte Pfeil, „nur sollten diese aus der städtebaulichen Situation und nicht aus der Verfügbarkeit von Grundstücken her begründet sein“.

Bezirksausschuss ist wohlwollend


Vereinzelte Kritik an den Plänen der Büschl-Gruppe gab es auch vonseiten der Bürger bei einer ersten Informationsveranstaltung – jedoch überwogen dort positive Wortmeldungen. Auch der zuständige Bezirksausschuss hat das Vorhaben grundsätzlich begrüßt und die geplanten „Hochpunkte“ als „an dieser Stelle schlüssig und in Lage und Formgebung im Zusammenspiel mit der Halle überzeugend“ bezeichnet.

Derweil sind laut einer Umfrage des Regionalinstituts für Marktforschung 59 Prozent der Münchner für eine 100-Meter-Höchstgrenze bei Neubauten innerhalb des Mittleren Rings – einerseits. Andererseits lag dieser Wert ein Jahr zuvor noch bei 68 Prozent. „Während der gesamten Planungs- und Genehmigungszeit wird ein enger und intensiver Bürgerdialog stattfinden“, verspricht das Architekturbüro Herzog & de Meuron in einer Pressemitteilung. Im Herbst soll das Bebauungsplanverfahren starten; der Baubeginn ist für 2024 nach dem Auszug der Post vorgesehen. Dieser Termin wird freilich nur zu halten sein, wenn Investor und Architekten den Stadtrat – und die Bürger – von ihren Plänen überzeugen können. (Patrik Stäbler)

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