Kommunales

Wenn die Pflichtaufgaben die Städte überfordern, gehen freiwillige Leistungen, beispielsweise Schwimmbäder, baden. (Foto: DDP)

23.07.2010

Da sein für alle wird immer teurer

Beim Bayerischen Städtetag in Straubing singen die Kommunen das hohe Lied der öffentlichen Daseinsfürsorge

Jeder Vorwurf, und sei er noch so berechtigt und mit Leidenschaft vorgetragen, nutzt sich mit der Zeit ab, das hat man auch beim bayerischen Städtetag erkannt. „Wir wollen das Klagen nicht zum Ritual erheben“, entschuldigte sich der Vorsitzende, der Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger (CSU). Auf der Verbandsversammlung in Straubing standen vor allem zwei Themen im Mittelpunkt – Gewerbesteuer und Daseinsfürsorge – und zu beiden hat der Verbandschef wie fast schon regelmäßig in den letzten Monaten, wenig Erfreuliches zu sagen.
Der Grundtenor klang wie auch schon in den letzten beiden Jahren: Den Städten geht es finanziell immer schlechter – mehr Aufgaben, weniger Einnahmen –, und alle schauen weitgehend tatenlos zu. Darüber hinaus drängen private Anbieter immer stärker in den Markt der kommunalen Eigenbetriebe und machen den Stadtwerken Konkurrenz. Und auch hier reagiert der Staat überwiegend mit Desinteresse. Zur Ehrenrettung wenigstens der Bundeskanzlerin muss man sagen, dass Angela Merkel zur gleichen Zeit in Berlin bei ihrer letzten Konferenz vor der Sommerpause von unmittelbar bevorstehenden „massiven Verteilungskämpfen zwischen Bund, Ländern und Kommunen“ sprach – freilich ganz in ihrer Art weitgehend emotionslos.
Hans Schaidinger und sein Stellvertreter, Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, bemühen allerdings auch kein wehleidiges Tremolo, nüchtern, ja teilweise sogar mit einer Portion Zynismus analysierten sie die Lage. „Das Thema ist ja auch nicht sexy“, variiert Schaidinger einen inzwischen berühmten Ausspruch des Berliner Bürgermeisters Klaus Wowereit. Den Vorschlag aus dem Bundesfinanzministerium, auf die Gewerbesteuer zugunsten eines Anteils an der Körperschaftssteuer zu verzichten, kommentiert der nebenberufliche Kabarettist Ude mit den Worten: „Das ist Enteignung aus Mitleid.“ Man müsse immer mächtig aufpassen, wenn einem jemand etwas Gutes tun wolle, der selbst Not leidet.
Neben dem immer wieder in den Vordergrund drängenden Thema Gewerbesteuer widmeten sich die Bürgermeister in Straubing vor allem der Daseinsfürsorge. „Da sein für alle“ lautete denn auch das offizielle Motto der Tagung. „Die kommunale Daseinsfürsorge – Müllabfuhr, Straßenreinigung, Altenheime, Sozialwohnungen, Schwimmbäder – ist bei vielen Bürgern so selbstverständlich, dass ihnen gar nicht mehr bewusst ist, dass im Rathaus über diese Leistungen entschieden wird und die Bürger bei Kommunalwahlen darauf Einfluss nehmen können“, sagte Christian Ude.
Der letzte Tag der Veranstaltung in Straubing sollte ganz dem Auftritt des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) gewidmet sein. Doch als der Regent Einzug hielt in die Joseph-Fraunhofer-Halle, da begegnete ihm zunächst fast schon provozierendes Desinteresse. Fast alle Anwesenden blieben sitzen, ein einzelnen Claqueur ließ sein Bestreben nach zwei vergeblichen Anläufen fallen – vielleicht war die matte Stimmung aber auch den schwülheißen Temperaturen geschuldet.
Vor der Saaltür hatten sich auch zwei Vertreter von Verdi positioniert, um ihre Ideen zur Kassen-Sanierung auf Flyern beizusteuern. Man fordere eine Rückkehr zur Vermögenssteuer und eine höhere Einkommenssteuer, so die niederbayerische Bezirksgeschäftsführerin Linda Schneider. „Schluss mit Sparen.“
Da sah Horst Seehofer freilich anders, eindringlich mahnte er an, auch die Ausgaben in den Kommunen zu überdenken, da war ihm zumindest beifälliges Nicken im Auditorium sicher. Zu einer Ausweitung der Gewerbesteuer war ihm keine Zustimmung zu entlocken, doch zumindest eine Bestandsgarantie gab er ab: „Die bayerische Staatsregierung wird eine Reform der Kommunalfinanzen gegen den Willen der kommunalen Familie im Bundesrat nicht mittragen.“ Für diesen Satz erhielt er dann endlich auch Applaus. (André Paul)

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