Kommunales

So festlich gerät eine OB-Wahl nicht: Mit der „Landshuter Hochzeit“, dem größten Mittelalter-Fest Europas, erlangt die niederbayerische Metropole alle vier Jahre überregionale Bedeutung. (Foto: DAPD)

01.10.2010

Das neue Bürgertum macht sich bemerkbar

In Landshut steht die Macht der CSU auf der Kippe: Erstmals könnte ein Grüner Oberbürgermeister einer bayerischen Metropole werden

Fünf Gegenkandidaten wollen bei der Oberbürgermeisterwahl am 10. Oktober in Landshut dafür sorgen, dass der 62-jährige Amtsinhaber Hans Rampf (CSU) sein Amt verliert. Als schärfster Rivale des im Jahre 2004 erstmals gewählten OB gelten jedoch nicht, wie man im eher konservativen Niederbayern vermuten sollte, die Herausforderer von SPD oder Freien Wählern, sondern der Vertreter der Grünen, Thomas Keyßner. Der 54-jährige Jurist und stellvertretende Leiter des Zentrums Bayern Familie und Soziales, derzeit bereits 2. Bürgermeister, gilt als Realo in seiner Partei.
Im Vorfeld der Wahl gab es freilich Ärger in der Stadt. Die Landshuter Zeitung beauftragte das der Union nahe stehende Institut für Demoskopie in Allensbach (dort werden auch regelmäßig Umfragen vor Bundestagswahlen durchgeführt) mit einer repräsentativen Befragung. Ergebnis: Hans Rampf würde im ersten Wahlgang 45 Prozent erreichen, Keyßner dagegen nur 14 Prozent, Sozialdemokrat Gewies käme auf 3, der Liberale Christoph Zeitler und der Freie Wähler Robert Mader auf jeweils 2 Prozent – eigentlich ein glasklares Ergebnis, doch die übrigen Befragten hatten sich eben noch nicht entschieden, womit zumindest für einen zweiten Wahlgang noch alles offen ist. Trotzdem zeigte sich Keyßner angefressen, mokierte sich, das als konservativ geltende Lokalblatt wolle mit dieser Umfrage „vor der heißen Wahlkampfphase Politik machen“.
Dessen ungeachtet ist das Umfrageergebnis desaströs für die Sozialdemokraten. Es zeigt, dass die SPD selbst im urbanen Teil Ostbayerns inzwischen weit davon entfernt ist, politisch noch die zweite Geige zu spielen. Das hat viel mit dem Wandel der Einwohnerschaft Landshuts zu tun. Neben der alteingesessenen Bevölkerung wohnen in der niederbayerischen Metropole immer mehr Menschen, die in Berufssparten von Technologie und Wissenschaft tätig sind. Sie verdienen gut, verfolgen einen moderneren Lebensstil und legen viel Wert auf ökologische Aspekte. Bei der Wahl zum Stadtrat vor zwei Jahren – in Landshut sind die beiden Abstimmungen zeitverschoben – holten die Grünen 17 Prozent und wurden die zweitstärkste Fraktion.
Amtsinhaber Hans Rampf hat für die Popularität seines wichtigsten Herausforderers eine Erklärung: Keyßner sei in der niederbayerischen Regierungshauptstadt inzwischen „eine feste Größe“ und als 2. Bürgermeister von seiner Partei „schrittweise aufgebaut“ worden. Zudem hätten sich die Grünen in den letzten Jahren „enorm entwickelt“, erkennt der CSU-Mann an. Dennoch geht Rampf mit viel Optimismus in die Wahl. „Bei den letzten Kommunalwahlen waren es insgesamt nur vier Kandidaten. Dieses Mal sind es sechs. Das erfordert Konzentration.“ Er hofft auf einen Sieg bereits im ersten Wahlgang.
Hans Rampf kann jedoch darauf vertrauen, dass man ihn ausschließlich als Person sieht und sein CSU-Parteibuch ihm zumindest nicht zum Nachteil gereichen wird. Denn eigentlich wollte seine eigene Partei den Unternehmer und Franchisebetreiber von neun McDonald’s-Filialen gar nicht. Vor sechs Jahren verlor Rampf nämlich die parteiinterne Nominierung gegen Ludwig Zellner. Er selbst wollte anschließend aufgeben – nicht aber die Vereinigung Bürger für Landshut (BfL), die in einer deutschlandweit beispiellosen Aktion mehrere Tausend Stimmen dafür sammelte, dass Hans Rampf doch kandidiert. Rampf ließ sich umstimmen, ging für die BfL ins Rennen und setzte sich mit einer knappen Mehrheit von 50,9 Prozent durch. „Gerade dieser starke Wunsch nach einem Hans Rampf als Oberbürgermeister gibt mir Kredit“, glaubt er heute. „Und ich bin davon überzeugt, in meiner Amtszeit nichts falsch gemacht zu haben!“ Trotzdem: Heuer tritt er für die CSU an.
Als Erfolge der vergangenen sechs Jahre nennt er eine konsequente Sparpolitik. Es sei einerseits gelungen, einen Haushalt ohne Neuverschuldung zu verabschieden und trotzdem die Verbindlichkeiten der einst hoch verschuldeten Kommune um 10 Prozent abzubauen. Als weiteren Verdienst schreibt sich Hans Rampf eine „Strukturveränderung in der Verwaltung der Stadt“ auf die Fahnen. Hierarchien seien abgebaut, Referate umstrukturiert und verteilt, vieles sei schlanker geworden, insgesamt könne man nun nicht nur effizienter arbeiten, sondern habe auch eine Million Euro eingespart. „Aktiv waren wir auch bei der Kinderbetreuung. Die Zahl der Krippenplätze wurde vervierfacht.“ Die Gewerbesteuer sei gesenkt worden, was zu insgesamt 1000 neuen Arbeitsplätzen geführt habe. Als Ziel nennt der CSU-Mann auch, die Stadtwerke sowie das Klinikum weiter in städtischer Hand zu behalten und keine Privatisierung zuzulassen.
Doch Gegenkandidat Keyßner widerspricht vehement: „Es bringt nichts, nun plötzlich nichts mehr zu investieren. Neue Schulden sollen gemacht werden, wenn die Investitionen Einsparungspotenzial haben“, so der Grüne und meint damit zum Beispiel eine energetische Sanierung der maroden Landshuter Schulgebäude. Für „wenig sinnvoll“ hält Keyßner dagegen die Pläne des OB beim Bau einer Westtangente in Landshut oder zum Bau eines Aufzugs für die Burg: „Hier entstehen Folgekosten im Unterhalt, die es zu vermeiden gilt.“ Und auch die Stadtwerke sind ein Kritikpunkt von Keyßner: „Hier wird nicht auf erneuerbare Energien gesetzt, was in der heutigen Zeit einfach nicht wirtschaftlich ist.“ Zudem müsse der öffentliche Nahverkehr gestärkt werden.
(Melanie Bäumel)

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