Kommunales

Vor seinem Auftritt bei den Landräten besuchte Seehofer die Firma Bosch in Immenstadt. (Foto: Andreas Kaenders)

18.05.2012

Der Macher aus München

Beim Bayerischen Landkreistag in Sonthofen gibt Ministerpräsident Seehofer mal wieder viele Versprechen ab

Horst Seehofer werde bei seiner Verbandsversammlung in Sonthofen freundlich empfangen, hatte der Präsident der Bayerischen Landkreistags, Jakob Kreidl, vorab versprochen – anders als beim Bayerischen Gemeindetag, dessen Chef Uwe Brandl mehrere verbale Breitseiten abgefeuert hatte, so dass der Ministerpräsident die Veranstaltung vor der Zeit verlies und sich auch anschließend ziemlich verschnupft zeigte.
Vielleicht hätte Kreidl darüber aber auch seinen Kollegen, den gastgebenden Oberallgäuer Landrat Gebhard Kaiser (CSU) instruieren sollen. Denn der nutzte seine Begrüßungsansprache – eigentlich eher ein Forum des Eigenlobs für die Vorteile der jeweiligen Kommune – um mit der vermeintlichen „Regulierungswut“ der Landesregierung in München abzurechnen. „Bei der Entbürokratisierung sind wir noch nicht weit gekommen“, wetterte Kaiser, der zu den dienstältesten Landräten in Bayern gehört. „Alles will die Staatsregierung selbst klären, dabei gibt es in den Landratsämtern genügend Fachkompetenz.“ Aber offenbar hielten da einige in den Ministerien und Bezirksregierungen an ihren Besitzständen fest. Seehofer saß daneben und hatte sein berühmtes maliziöses Lächeln aufgesetzt. „Geben Sie mehr Verantwortung nach unten ab, dann läuft es auch in Bayern“, schloss Kaiser sein Statement.


Subtile Sticheleien


Etwas moderater im Ton aber nicht weniger entrüstet trat dann Verbandschef Kreidl auf, den besonders die „unendliche Geschichte“ beim Breitbandausbau wurmte. Auch in Bezug auf die längst versprochene und noch immer nicht umgesetzte Zusammenführung der ambulanten und stationären Hilfe zur Pflege bei den Landkreisen und kreisfreien Städten redete Kreidl Klartext. „Wir hatten doch ein Shakehands darüber. Auf wen soll man sich denn verlassen können, wenn nicht auf die Staatsregierung?“
Eingeschnappt sein ob der klaren Worte konnte der Regierungschef in seiner anschließenden Replik freilich nicht, schließlich hatte er gerade am Beispiel des CDU-Politikers Norbert Röttgen demonstriert, wie er es selbst versteht, einen anderen verbal zusammenzufalten. Seine Masche in solchen Fällen ist die subtile Stichelei: „Ein Gesunder hat viele Wünsche, ein Kranker nur einen. Angesichts der vielen Wünsche der Landkreise sehe ich, dass es ihnen gut geht.“ Gleich danach folgte aber der Honig für die Anwesenden: „Von solchen Veranstaltungen nehme ich mehr mit an Erfahrung über das praktische politische Leben als von einem Aufenthalt in der Staatskanzlei“, tat Seehofer kund – sein Kanzleichef Thomas Kreuzer saß derweil in der ersten Reihe und erfuhr so, was man von ihm und seinen Mitarbeitern hält.
Überhaupt genoss es Seehofer mal wieder, sich als Macher zu profilieren. Schon vor seinem Auftritt in Sonthofen hatte er im Rahmen einer Landkreisrundreise durchs Oberallgäu die Robert Bosch GmbH, Werk Blaichach, Werkteil Immenstadt, besucht. Der weitere Teil war dann von großen Versprechungen geprägt. Zum Ärger beim Breitbandausbau versicherte er beispielsweise: „In der nächsten Kabinettssitzung werde ich meinen Wirtschaftsminister Martin Zeil anweisen, dass er sich jetzt persönlich darum kümmert.“
Und auch den befriedeten Streit um den kommunalen Finanzausgleich entfachte der Ministerpräsident neu: „Wir tun zu wenig für die strukturschwachen Kommunen und schonen die strukturstarken zu viel.“ Wer will, kann das gern als neue Attacke auf die Landeshauptstadt verstehen, obwohl Seehofer selbst seinen Finanzminister Markus Söder mit dessen „Lex München“ zurückgepfiffen hatte. Eine „einvernehmliche Lösung“ zum Finanzausgleich werde es noch vor der Sommerpause geben. Ebenso sicherte der CSU-Politiker zu, die Umstellung auf Digitalfunk für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste – auch jene ist längst überfällig – noch dieser Tage im Kabinett zu behandeln. Außerdem gab er die Zusage, in absehbarer Zeit keine neuen Strukturreformen im Bildungsbereich auf den Weg zu bringen. Dass der geplante Schuldenabbau selbstverständlich nicht zulasten der Investitionen in den Kommunen geschehen werde, verstand sich dann fast schon von selbst.
„Menschlich kann man über seine Art ja geteilter Meinung sein, auch wie er die Leute öffentlich abwatscht“, meinte anschließend ein Landrat. „Aber in der Sache reißt er schon was raus. Das hätten Beckstein und Huber so nicht hinbekommen.“ (André Paul)

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